ZitatAlles anzeigenFCK tritt nach 1:1 beim abstiegsbedrohten TSV 1860 München auf der Stelle und bleibt Fünfter
MÜNCHEN. Das Bundesland Bayern war im zweiten Halbjahr 2014 kein gutes Pflaster für den Fußball-Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern. In vier Saisonspielen im Freistaat gab’s für die Roten Teufel nur ein Pünktchen. Und das erzwangen die Lauterer beim 1:1 (0:1) am Mittwochabend beim TSV 1860 München erst in der Schlussphase.
Die zwischen Enttäuschung und einem „Ist doch ganz in Ordnung für die junge Mannschaft, immerhin spielen die Jungs meistens schönen Fußball“ schwankende Stimmung auf der Rückfahrt bei den rund 1000 mit nach München gereisten FCK-Fans passte irgendwie zum Ergebnis. Unentschieden. Nicht gut, aber auch nicht völlig miserabel. Nicht ganz ernst gemeint, aber ohne bitteren Sarkasmus, eher lustig-selbstironisch, sangen sie vom „Europapokal, Europapokal, Europapokal“. Die Schlachtenbummler trällerten und tranken sich den äußerst mäßigen Zweitliga-Kick, den sie zuvor erlebt hatten, schön. Wohlwissend, dass Real Madrid und Eindhoven so schnell nicht wiederkehrende Episoden aus einer glorreichen Vergangenheit sind, die den Klub heutzutage eher belastet als beflügelt. Viele schöne Erinnerungen an früher haben die Lauterer des zu Ende gehenden Jahres 2014 mit dem Mittwochsgegner 1860 gemeinsam. Bei den Münchnern freilich ist das alles noch viel länger her als bei den Lauterern.
So konnte einen die Trauerkulisse von 13.800 Zuschauern in der Münchner Arena beim Duell der beiden Traditionsklubs ähnlich trist stimmen wie das Wetter an diesem nasskalten Mittwoch mit der vom Fernsehen verordneten Katastrophen-Anstoßzeit 17.30 Uhr. Tags zuvor sahen an selber Stelle 71.000 Zuschauer das 2:0 des Rekordmeisters FC Bayern in der Bundesliga gegen den SC Freiburg.
Es folgte das stimmungstechnische Kontrastprogramm eine Etage tiefer; Abstiegskandidat 1860 gegen den Zweitliga-Fünften. „Unsere Jungs haben’s versucht und gegen starke Löwen mit Mut zum Risiko nach vorne gespielt“, sagte FCK-Trainer Kosta Runjaic nach dem achten Remis im 18. Spiel, „am Ende war es ein reiner Willensakt.“ Markus Karl egalisierte fünf Minuten vor Schluss die Münchner Führung durch Yannick Stark (26.). Runjaic musste ohne Amin Younes (gesperrt) und die maladen Karim Matmour, Alexander Ring und Marcel Gaus auskommen. So setzte der 43-Jährige beim Einwechseln auf sehr junge Leute, darunter Debütant Manfred Osei Kwadwo aus dem eigenen Talentschuppen. „Wir hatten am Ende mit den Einwechslungen des 19-jährigen Manni, des 21-jährigen Philipp Hofmann und des 21-jährigen Sebastian Jacob die jüngste Mannschaft in dieser Saison aufgeboten“, betonte der Trainer. Mit Tempo, Technik und Offensivdrang belebte Osei Kwadwo das Spiel, holte die Ecke vor dem 1:1 heraus, die Kevin Stöger servierte und die Hofmann zur Vorarbeit nutzte.
Was Team und Fans nun von dem ersten Pünktchen im Bundesland Bayern halten sollten nach den Schlappen in Fürth, Nürnberg und Ingolstadt? Stöger redete getreu dem Vereinsduktus davon, „dass wir nicht vom Aufstieg sprechen, sondern von Spiel zu Spiel denken“. Der dreimal toll parierende Torwart Tobias Sippel fand es „ärgerlich“, trotz optischer Überlegenheit in Hälfte zwei ohne Sieg nach Hause gefahren zu sein.
Die Fans jedenfalls sangen unbeirrt weiter ihre Lieder, redeten von einem tollen ersten Halbjahr 2015 ihres FCK, der sicher noch als Zweiter aufsteigen werde. Viele der Anhänger haben die Tickets für die nächste Zugfahrt schon gekauft: Am 8. Februar geht’s nach Braunschweig. Zuvor wartet noch das letzte Heimspiel 2014 am Sonntag (13.30 Uhr) gegen Sandhausen.
Zur Sache: Bescherung für Manni
Trainer müssen sich auch auf Psychologie verstehen. Das tut Kosta Runjaic, der Übungsleiter des 1. FC Kaiserslautern. Er, der geübte Analytiker, ausgestattet mit einem fast fotografischen Gedächtnis, fähig, Unmengen von Daten und Statistiken abzuspeichern und blitzartig abzurufen, steht intern für ungeschminkte Analysen. Nach tollen Spielen und schönen Siegen ist er keiner, der in die Kurve rast, auf Zäune klettert oder sich in Jubelarien versteigt: Kosta Runjaic steht für Augenmaß und Bodenhaftung.
Nach dem eher mäßigen 1:1 seiner Jungs bei 1860 München wählte der Fußball-Lehrer in der Pressekonferenz am Mittwochabend den Schonwaschgang. Aufbauende Worte, Lob statt Tadel – mit dem Ziel, am Sonntag (13.30 Uhr) im letzten Heimspiel gegen Sandhausen noch einmal alles rauszuhauen. Und sich – und die Fangemeinde – mit drei Punkten zu beschenken.
Dass seine Mannschaft – ganz gegen ihre Gewohnheit – so wenige Chancen kreierte und erst spät Tordrang entwickelte, lastete der Coach dem Bollwerk an, das verunsicherte, höchst mittelmäßige „Löwen“ errichteten. „Wir haben freiwillig auf Spielanteile verzichtet“, beschrieb Markus von Ahlen das Einigeln trotz der 1:0-Führung. Der ewigen Ballkontrolle ohne zwingende Chancen in der Phase vor dem Rückstand wusste Lauterns Coach durchaus Positives abzugewinnen: „Wir haben sehr gut begonnen. Wir wollten geduldig sein und haben das bis zum Gegentor auch gut gemacht.“ Kurios nannte Runjaic die Entstehungsgeschichte des 0:1 – und ließ auch bei der Beurteilung von Thorsten Kinhöfer, dem Schiedsrichter-Schwergewicht, Milde walten. Denn dem Konter der „Sechziger“ war ein klares Foul des Raubeins Gary Kagelmacher an Kevin Stöger vorangegangen. Gelb und Freistoß an der 16-Meter-Kante hätte der Mann aus Herne verhängen müssen. Stattdessen gab’s das 0:1 durch Yannick Starks Lockenstreichlerkopfball.
Freuen durfte sich der FCK-Coach über weiteren Nachschub aus Gunther Metz’ Talentschuppen: Manfred Osei Kwadwo kam nach 78 Minuten für den weiter torlosen Ruben Jenssen. 15 Minuten dauerte der erste Zweitliga-Auftritt des 19-Jährigen. Kann gut sein, dass Kosta Runjaic Manni am Sonntag seine Betze-Premiere beschert.
Die Rheinpfalz - Pfälzische Volkszeitung