Diskussionsthema zum Artikel: Analyse: Wie es dem FCK gelingen kann endlich Spiele zu gewinnen
Analyse: Wie es dem FCK gelingen kann endlich Spiele zu gewinnen
Wenig Varianz, wenig Variabilität, viel Drama und noch mehr Kampf. Das Duell der Roten Teufel gegen den FC Ingolstadt war taktisch betrachtet ein eindimensionales Spiel.
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In einer kampfgeprägten Drittligapartie trennen sich der 1.FC Kaiserslautern und der FC Ingolstadt 04 Unentschieden. Die Gastgeber waren dem ersten Punktspielsieg in dieser Saison näher als in den Spielen zuvor; schlussendlich war es einer von unzähligen langen Bällen, der dem FCK in Überzahl den Sieg kostete. Überschattet wurde die Partie von der schweren Verletzung von Rechtsverteidiger Dominik Schad und dem unsportlichem Gebahren der Gästeverantwortlichen Thomas Oral und Michael Henke. Eine (nicht nur) fußball-taktische Einordnung.
Menschliches, allzu Menschliches
Sinnbildlich für das Spiel an diesem windigen Mittwochabend auf dem Betzenberg waren die Szenen, die sich nach Spielschluss auf dem Platz zwischen den Verantwortlichen beider Vereine abspielten. Michael Henke, Sportdirektor des FC Ingolstadt 04 und 2005 für ein kurzes und erfolgloses Intermezzo Cheftrainer der Roten Teufel, tritt FCK-Cheftrainer Jeff Saibene absichtsvoll in die Waden, was den sonst so besonnen Luxemburger aus der Haut fahren ließ. Ein kampfgeprägtes Spiel ohne die ganz feine Klinge findet mit dieser Aktion einen unrühmlich dramaturgischen Höhepunkt.
Die Fairplay-Geste des Abends, nämlich der Verzicht durch Stefan Kutschke auf einen fälschlicherweise Ingolstadt zugesprochenen Eckball in der Nachspielzeit, quittiert Trainer Thomas Oral vor den Fernsehkameras öffentlich mit Unverständnis für seinen Kapitän und beweist dadurch weder Größe noch Verständnis für die menschlich nachvollziehbare Schockreaktion aller Spieler nach der schweren Verletzung von Dominik Schad. Die überzogene Kritik am Schiedsrichter, der insgesamt zweimal grob danebenlag, dadurch aber wieder ungewollt für Gerechtigkeit sorgte, war am Ende dann die Kirsche auf der Torte der Polemik.
Formationen klonen
Auf dem Papier startete der FCK mit einer taktischen 4-1-4-1 Formation, der FC Ingolstadt 04 begann mit zwei defensiven Mittelfeldspielern in einem 4-2-3-1. Die ersten 15 Minuten waren bereits sinnbildlich für den weiteren Spielverlauf. Beide Mannschaften überbrückten das Mittelfeld schnell mit langen Bällen der Innenverteidiger in Richtung der Stoßstürmer Pouriè und Kutschke, während die beweglichen Mittelfeldspieler beider Mannschaften wahlweise in die Halbräume hinter der Abwehr durchstarteten, um auf Kopfballverlängerungen zu hoffen, oder nach Klärung durch die Verteidigung auf die Balleroberung des „zweiten Balls“ spekulierten. Somit entwickelte sich die Formation bei Ballbesitz des FCK mehr zu einem 4-1-5 mit variablen offensiven Mittelfeldspielern und hochstehenden Außenverteidigern. Besonders Dominik Schad interpretierte seine Rolle auf der Rechtsverteidigerposition sehr offensiv und setzte den Gegner bei zweiten Bällen stark unter Druck.
Während in den vorangegangenen Saisonspielen das Spiel der Roten Teufel in der Eröffnung häufig auf die Außenverteidiger zugeschnitten war, die flach in den Spielaufbau eingebunden wurden und auf Höhe der Mittellinie immer wieder schnell unter Druck gesetzt werden konnten, war eine deutliche Änderung der Taktik durch Jeff Saibene ablesbar: Ballverluste im Aufbau fanden nicht statt, da der Aufbau grundsätzlich aus langen Schlägen der Innenverteidiger auf die Offensivkette bestand. So verlagerte er mögliche Ballverluste in die Hälfte des Gegners, die mit aktivem Gegenpressing des beweglichen und aggressiven Mittelfelds der Lautrer sofort wieder unter Druck gesetzt wurden.
Wirklich gefährlich wurde Ingolstadt in dieser Phase nur einmal: Nach einer Ecke von Ex-Lautrer Marcel Gaus kommt Thomas Keller vor dem sich vom Ball weg orientierenden Avdo Spahic mit dem Kopf an den Ball. Klarer Torwartfehler, der von Schiedsrichter Asmir Osmanagic fälschlicherweise als Stürmerfoul interpretiert wurde. Glück für den FCK. Zwei Minuten später ging die Taktik der Pfälzer dann auf: Kevin Kraus schlägt einen feinen Ball hinter die Abwehr, Hanslik behauptet diesen mit etwas Glück und viel Durchsetzungsvermögen und legt ihn am ansonsten bärenstark aufspielenden Torhüter Fabijan Buntic vorbei in die Mitte zu Marvin Pouriè, der mit der Hacke sehenswert vollendet.
Während Ingolstadt zu Spielbeginn noch bemüht war den Spielaufbau über das defensive Mittelfeld-Duo Gaus und Keller aus der Tiefe heraus zu gestalten, „spiegelten“ die Schanzer mit zunehmendem Spielverlauf immer deutlicher die Taktik des FCK. Somit entwickelte sich ein Spiel, das hauptsächlich von den fußballerischen Qualitäten der Innenverteidiger, Gegenpressing in der gegnerischen Hälfte und Standardsituationen geprägt wurde. Beide Teams verzichteten auf ein offensives Pressing bei generischem Ballbesitz und attackierten den Ball erst im 2. Spielfelddrittel. Insgesamt gelang dieser Spielansatz dem 1.FC Kaiserslautern über die gesamte Spielzeit besser als den Gästen.
Die fehlende Variable
Zu Beginn der zweiten Hälfte kam Ingolstadt besser in die Partie. Während der FCK in der ersten Hälfte noch sehr effektiv mannorientiert verteidigte und die Schanzer durch geringe Abstände und große Einsatzfreude erfolgreich unter Druck setzte, ergaben sich zwischen der 45. und 60. Minute einige aussichtsreiche Abschlusssituationen der Gäste, wiederum nach Standards und langen Bällen. Gerade als Lautern wieder mehr Zugriff auf Ball und Gegner entwickeln konnte und sich zwischen der 60. und 65. Minute vier aussichtsreiche Chancen durch Kraus, Redondo, Pourié und einen Fernschuss von Marlon Ritter erspielten, erfuhr das Spiel einen Bruch: Caniggia Elva sah nach einer Tätlichkeit gegen Marlon Ritter die Rote Karte. Der FCK, nun in Überzahl, konnte aus der numerischen Überlegenheit allerdings keinen Vorteil entwickeln, da die Mannschaft weiterhin an der bestehenden taktischen Variante der langen Bälle festhielt, auf die sich der FC Ingolstadt auch in Unterzahl immer besser einstellen konnte. Situative Überzahlsituationen konnte oder wollte der FCK im Spielaufbau also nicht herstellen, was gegen einen angezählten Gegner in dieser Spielphase ein erfolgsversprechendes Prinzip hätte sein können. Die Variabilität sich auf die veränderten Rahmenbedingungen besser einzustellen, hat diese neu zusammengestellte Mannschaft offenbar noch nicht im Portfolio.
Und so folgte in der 76. Minute der Ausgleich in Unterzahl: Kutschke verlängert am Strafraumrand einen langen Ball im Kopfballduell mit Kraus und ermöglicht dem einlaufenden Filip Bilbija sein erstes Saisontor. Nachdem der FCK sich noch einmal gegen den Punktverlust aufbäumte und zu zwei weiteren Chancen durch Schad und Redondo kommt, verletzt sich der Rechtsverteidiger der Roten Teufel in einem unglücklichen Zusammenprall mit dem eingewechselten Rico Preißinger schwer und wird mit auf dem Feld gelegter Infusion auf einer Trage vom Spielfeld getragen. So wird eine weitere Fußnote der Partie, nämlich die Aberkennung Marvin Pouriés regulären Treffers in der 8. Minute der Nachspielzeit nach einem langen Ball zur Nebensache. Zumal Ingolstadt zu Beginn der Partie ein reguläres Tor aberkannt wurde, wirkte es grundsätzlich wie ausgleichende Gerechtigkeit.
Wenn der FCK die kommenden Partien in der 3. Liga erfolgreicher gestalten möchte, sollte die Mannschaft alsbald lernen, Führungen erfolgreich über die Zeit zu bringen. Ein kontrollierter Spielaufbau sollte vor allem bei Überzahl und Führung für eine Mannschaft mit hoher individueller Qualität und Aufstiegsambitionen ,noch dazu im eigenen Stadion, zum Portfolio gehören. Am Samstag hat der 1. FC Kaiserslautern Gelegenheit dazu, der SV Meppen wird mit seiner schnellen, eher flach angelegten Spielanlage die Mannschaft vor neue Herausforderungen stellen. Und ein wichtiger Bestandteil der Abwehrkette wird fehlen: Gute Besserung Dominik Schad.
Spieltagsbilder: 1. FC Kaiserslautern - FC Ingolstadt 04 (1:1; 6. Spieltag)
Quelle: Treffpunkt Betze