Diskussionsthema zum Artikel: Wann hat der FCK zuletzt soviel Spaß gemacht?
Wann hat der FCK zuletzt soviel Spaß gemacht?
Mit dem bisherigen Saisonverlauf darf man hochzufrieden sein. Gleichzeitig ist die Erwartungshaltung mancher FCK-Anhänger ziemlich überzogen. Ein Zwischenfazit nach neun Spieltagen.
„Jawohl, nehme ich!“, so oder so ähnlich hätte wahrscheinlich jeder Lautrer vor der Saison reagiert, wenn ihm der Fußballgott angeboten hätte, dass der FCK nach neun Spielen mit 14 Zählern auf Rang sieben liegt. Genau das ist aktuell der Stand der Dinge - und viele Fans sind damit hochzufrieden. Andere wiederum sehen insbesondere die vier Unentschieden in Serie als verpasste Chance, um ganz oben anzugreifen.
So überflüssig Länderspielpausen auch sein mögen, für den 1. FC Kaiserslautern kommt diese Unterbrechung nicht ungelegen, denn kein deutscher Proficlub hatte in diesem Jahr eine kürzere Sommerpause. Erst am 24. Mai sicherten sich die Roten Teufel beim Relegationsrückspiel in Dresden den Aufstieg - rund sieben Wochen später eröffneten die Lautrer die neue Zweitliga-Saison gegen Hannover 96. Der 2:1 Auftaktsieg gegen die Niedersachsen war letztlich ein Vorgeschmack auf das, was sich seitdem beinahe an jedem Spieltag wiederholen sollte: Wenig Ballbesitz, dafür eine extrem hohe Laufbereitschaft, tolle Moral, torreiche Spiele und Spannung bis zur letzten Minute. Mit anderen Worten: Der FCK steht derzeit für pures Entertainment und macht einfach nur Spaß! Soviel Spaß wie seit mindestens elf Spielzeiten nicht mehr.
Trotz 14 Punkten: Der FCK zahlt regelmäßig Lehrgeld
In der zweiten Liga werden Fehler zumeist direkt bestraft. In den ersten neun Spieltagen mussten die Roten Teufel bereits mehrfach Lehrgeld zahlen. Zuletzt geschah dies unter anderem in den Spielen gegen Darmstadt und Heidenheim, als individuelle Fehler seiner Vorderleute Torwart Andreas Luthe zu Fouls zwangen und die anschließend mit einem Foulelfmeter beziehungsweise einem Platzverweis geahndet wurden. Oder als Schusters Mannschaft in beiden Heimspielen gegen Magdeburg und Darmstadt einen zwei-Tore-Rückstand zwar spektakulär in eine Führung drehte, beide Spiele trotzdem nicht gewann. Zudem kassierten die Pfälzer die meisten Gegentreffer ausgerechnet nach Standardsituationen – in der dritten Liga war dies noch eine große Stärke der Hintermannschaft. Alleine Kiels Fabian Reese traf nach zwei Eckbällen innerhalb von sechs Minuten zweimal mitten ins Lautrer Herz. Doch trotz all dieser Nackenschläge punktete der FCK mit Ausnahme des Spiels gegen Paderborn in jeder Partie. Wie ist das eigentlich möglich?
Teamgeist, Effizienz und Glück
Während sich neu zusammengestellte Mannschaften wie Arminia Bielefeld und Greuther Fürth - trotz eines starken Kaders - immer noch extrem schwer tun, starteten die Lautrer erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit mit einem eingespielten Team. Das zahlt sich nun aus. Die Mannschaft von Trainer Dirk Schuster steht sehr tief und überlässt dem gegnerischen Team zwar den Ball, lässt jedoch aus dem Spiel heraus kaum Torchancen zu. Die Laufbereitschaft, der Kampfgeist und die taktische Disziplin des Teams sind einfach nur herausragend. Mit Jean Zimmer, Terrence Boyd, Mike Wunderlich und Marlon Ritter stehen absolute 'Mentalitätsmonster' in den Reihen des pfälzischen Traditionsvereins. Zudem nutzt der FCK seine Möglichkeiten und Torraumszenen sehr konsequent. Mit den drittwenigsten Torchancen die zweitmeisten Tore der Liga zu erzielen, darf getrost als "brutal effizient" bezeichnet werden. Und dass die Mannschaft das Matchglück auch auf ihre Seite ziehen kann, zeigte die Auswärtspartie in Fürth. Dass die Lautrer zur Pause nicht schon hoffnungslos in Rückstand lagen, war neben einem überragenden Andreas Luthe auch einem sichtlich verunsicherten Gegner zu verdanken. Auch Magdeburg und Darmstadt hatten mehrere Möglichkeiten, 'den Deckel drauf zu machen' - sprich das Spiel vorzeitig für sich zu entscheiden. Beide nutzten diese aber zum Glück nicht.
FCK: Das C steht für Comeback
Auswärts mit einem Mann weniger auf dem Feld einem 1:2 Rückstand hinterherlaufen? Auf dem heimischen Betzenberg mit 0:2 hinten liegen? Bei solchen Spielständen durfte man in den vergangen Jahren getrost das Stadion verlassen und die Heimreise antreten. Auch wenn es „Lautrer geben niemals auf“ aus der Kurve schallte, bewiesen die Männer in Rot zumeist das Gegenteil und ergaben sich ihrem Schicksal.
Vor ziemlich genau einem Jahr haben sich die Dinge geändert. Am 11. September 2021 reiste der SV Waldhof Mannheim erstmals als Favorit ins Fritz-Walter-Stadion. Bereits nach 41 Minuten standen die Lautrer nur noch zu neunt auf dem Platz. Doch dem SVW gelang es in den verbliebenen rund 50 Minuten trotz der Überzahl nicht, das pfälzische Bollwerk im 4-4-0 System zu bezwingen. Statt den Erzrivalen zu demütigen, ließen die 'Barackler' damit unfreiwillig den neuen beziehungsweise tradionellen Betze-Kampfgeist aus der Flasche. Seitdem werden wieder regelmäßig Spiele gedreht. In den sechs Saisonspielen, in denen die Roten Teufel bisher in Rückstand lagen, verließen sie den Platz nur ein einziges Mal als Verlierer.
Es gibt nur einen Terrence Boyd
Nicht nur dank seiner fünf Treffer und zwei Vorlagen ist Mittelstürmer Terrence Boyd für Coach Dirk Schuster absolut unersetzbar. Als Zielspieler ist der US-Amerikaner für das Konterspiel der prinzipiell sehr tief stehenden Lautrer die zentrale Figur. Der 31-Jährige reibt sich in Zweikämpfen auf, sichert und verteilt Bälle. Sollte der Publikumsliebling jedoch einmal länger ausfallen, ist keinerlei Ersatz in Sicht. Lex Tyger Lobinger und Muhammed Kiprit haben als alternative Mittelstürmer ihre Zweitligatauglichkeit bislang kaum nachweisen können. Die Torgefährlichkeit Boyds geht ohnehin jedem Einzelnen im Team ab. Ähnlich unersetzbar sind auch Topvorbereiter Marlon Ritter und Torhüter Andreas Luthe. Bis zu Philipp Klements Verpflichtung gehörte auch Mike Wunderlich in diese Kategorie. Das ist eindeutig zuviel Abhängigkeit von wenigen Schlüsselspielern. Zudem ist das Innenverteidiger-Duo Kevin Kraus und Boris Tomiak von solidem Zweitliganiveau noch weit entfernt. Mit anderen Worten: Trotz des starken Saisonauftakts wurde in den bisherigen neun Partien deutlich, dass der FCK spielerisch und von der Kaderbreite her nicht in die obere Tabellenhälfte gehört.
Hengen hält Wort
Sportchef Thomas Hengen hatte bereits in der Sommerpause formuliert, den Lautrer Kader erst nach dem Saisonstart der Bundesliga und der dadurch einsetzenden Personalrochaden zu komplettieren. Und er hielt Wort. Auf der Zielgeraden der Transferperiode wurde mit Aaron Opoku ein dribbelstarker Außenstürmer vom Hamburger Sportverein verpflichtet. Innenverteidiger Robin Bormuth kam mit jeder Menge Bundes- und Zweitligaerfahrung aus Paderborn. Abgeschlossen wurden die Transferaktivitäten mit dem Wechsel des offensiven Mittelfeldspielers Philipp Klement vom VfB Stuttgart. Einen Spielertypus wie Opoku, der eins-gegen-eins Situationen am gegnerischen Strafraum zu seiner Kernkompetenz zählt, gab es bisher nicht. Bormuth könnte mittelfristig einen Stammplatz in der Innenverteidigung ergattern und Klement hat sich bereits - neben Ritter und Wunderlich - als dritter Kreativspieler etabliert. Insgesamt haben die drei Transfers nicht nur die Kaderbreite deutlich verbessert, sondern auch die individuelle Qualität in allen drei Mannschaftsteilen erhöht. Einzig Terrence Boyd bleibt weiterhin absolut unersetzbar - einen längerer Ausfall könnte Dirk Schuster kaum kompensieren. In der Winterpause sollte wenn möglich unbedingt ein Back-Up-Spieler verpflichtet werden.
Erwartungshaltung: Irgendetwas aus den letzten Jahren gelernt?
Während die sportlich Verantwortlichen trotz aller Euphorie und dem insgesamt gelungenen Saisonstart Demut predigen und permanent vor der Stärke der zweiten Liga warnen, lässt sich bei einigen Beiträgen in den sozialen Medien und Foren einfach nur den Kopf schütteln. "Nach drei Unentschieden in Folge müssten drei Punkte in Heidenheim selbstverständlich sein; das torlose Remis in Sandhausen sei eine Blamage; vier Unentschieden in Folge hätten den Angriff auf die Tabellenspitze verhindert; der FCK muss schnellstmöglich zurück in die erste Liga" - Beispiele aus dem Alltag auf Facebook, Twitter und den zahlreichen FCK-Foren. Hinzu kommt, dass inzwischen einzelne Spieler während eines laufenden Spiels nach nur einem Fehler oder Fehlpass angefeindet oder als 'komplett unfähig' erklärt werden.
Einige FCK-Fans scheinen aus den letzten Jahren nichts gelernt zu haben. Vom derzeitigen Auftreten der Männer in Rot hat die gesamte Pfalz doch jahrelang geträumt. Was passiert denn erst, wenn diese Mannschaft mal zwei oder drei Spiele in Folge verliert? Wird dann wieder alles in Frage gestellt? Richtet sich dann bei Heimspielen wieder die Stimmung gegen das eigene Team?
Am kommenden Spieltag gastiert Mitaufsteiger Braunschweig am Betzenberg. Die Niedersachsen sind zwar nur Tabellensechzehnter, haben aber sieben ihrer insgesamt acht Punkte in den letzten drei Partien geholt. Die Formkurve der Eintracht zeigt aus Lautrer Sicht entsprechend zu einem schlechten Zeitpunkt weit nach oben. Anschließend geht es zum Tabellenführer Hamburger SV. In keiner dieser Partien „zählt nur ein Sieg“, wie einige Fans es vor ziemlich jedem Spiel einfordern. Als Aufsteiger in der 2. Liga bekommt man nichts geschenkt - weder gegen den Spitzenreiter noch gegen das Tabellenschlusslicht. Übrigens: Dynamo Dresden hatte in der vergangenen Saison nach dem 9. Spieltag lediglich einen Punkt weniger als der FCK heute. Gegenwärtig kämpfen die Dresdner mit 1860, Saarbrücken und Elversberg um die Spitzenplätze in Liga drei.
Das Team verdient jede Unterstützung – auch wenn es mal nicht läuft
Inklusive des Pokalspiels gegen den SC Freiburg hat die Lautrer Mannschaft seit der Rückkehr ins Fußball-Unterhaus in keinem einzigen der zehn absolvierten Pflichtspiele enttäuscht. Einen gut besuchten Betzenberg und eine Unterstützung wie beispielsweise bei den Auswärtsspielen in Heidenheim oder Fürth, als das Team 90 Minuten lang lautstark angefeuert wurde, haben sich die Roten Teufel absolut verdient. Erst recht dann, wenn die Ergebnisse und Leistungen einmal über mehrere Partien nicht stimmen sollten.
Quelle: Treffpunkt Betze