ZitatAlles anzeigenDer Sport beschert Athleten besondere Augenblicke. Freude und Leid liegen dabei immer sehr nah beisammen. Für die Menschen in den Trikots und Anzügen, für ihre Fans und Familien. Vor allem aber auch für die, die wirklich in der ersten Reihe sitzen und stehen, die Sport-Fotografen und -Journalisten. Für die Pfalz bleibt der 18. Mai diesen Jahres noch lange in Erinnerung, als der 1. FC Kaiserslautern dem Abstiegsteufel von der Schippe sprang.
Nah - und doch fern. Vergangen, aber nicht vergessen. Der 18. Mai 2008. Der Tag, an dem eine Mannschaft den 1. FC Kaiserslautern vor Abstieg und Untergang rettet.
Deutscher Meister 1951, Deutscher Meister 1953, Deutscher Meister 1991, Deutscher Meister 1998. Große Tage. Festtage. Der 18. Mai - das ist die sportliche Wiederauferstehung, die Wiedergeburt des Mythos Betzenberg. Die Pfalz leidet mit, die Pfalz lebt mit, die Pfalz feiert mit.
14.46 Uhr: Halbzeit. 0:0 zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem 1. FC Köln. Der FCK ist abgestiegen. Noch 45 Minuten! Galgenfrist ...
15.01 Uhr: Der Ball rollt. Die Anspannung wächst. Hektik keimt. Dramatik pur. Chancen. Aber keine Tore.
15.18 Uhr: Tiefe Furchen zeichnen die Stirn von Stefan Kuntz. Der Vorstandsvorsitzende weiß, dass ein Abstieg den FCK ins Uferlose stürzen lassen würde. Angst. Trauer. Leise Hoffnung. Letzte Hoffnung ...
15.20 Uhr: Es nieselt.
15.23 Uhr: Es regnet.
15.24 Uhr: Fritz-Walter-Wetter!
15.26 Uhr: Josh Simpson - 1:0.
15.31 Uhr: Marcel Ziemer - 2:0.
15.37 Uhr: Marcel Ziemer - 3:0.
15.46 Uhr: Abpfiff. Geschafft!
Anpfiff zum Freudenfest. Im Stadion, in der Stadt, in der Pfalz. Das Spiel - mehr als nur ein Fußballspiel. Der Sieg - mehr als ein 3:0. Ein Verein, der sich fast selbst zerstörte, scheint aus Trümmern auferstanden.
„Als es dann zu regnen begann, da wusste ich, der Fritz, der hat da oben mitgeholfen", sagt Stefan Kuntz später ruhig und doch mit ganz viel Pathos. Nach dem Abpfiff hat er den Gefühlen freien Lauf gelassen. Gejubelt, geweint. Freudentränen, Tränen der Erleichterung. Der Klassenerhalt - die Geburtsstunde des neuen FCK.
Als Kuntz am 8. April zurück zum Betzenberg kommt, liegt der Verein am Boden. Zerstritten, kopflos, herzlos. Abgeschlagen mit einer scheinbar toten Mannschaft auf einem Abstiegsplatz der Zweiten Liga. Abgeschrieben. „Ihr könnt in sieben Wochen zu Helden werden", schreibt Kuntz den Profis ins Stammbuch.
18. Mai, 16.30 Uhr: „Jetzt sind wir Helden!" Stefan Lexa, der Mann mit der Nummer 8, sagt es ruhig und stolz. An seinem letzten Arbeitstag als „Roter Teufel" hat er Großes geleistet, die Leidenschaft vorgelebt, die Kuntz mit seiner Herzblut-Kampagne ausgelöst hat. Kuntz und Sasic - ein teuflisch gutes Gespann. „Mit Stefan kam Optimismus in den Verein. Er war wie ein Licht im tiefen Dunkel", sagt Milan Sasic ergriffen: „Ich bin dankbar, in einem solch großen Verein arbeiten zu dürfen!"
In den Stadion-Katakomben scharen sich die Journalisten um die Helden. Milan Sasic strahlt - freudetrunken. Er bedankt sich bei Stefan Lexa. Der bedankt sich bei einem Trainer, der ihn aus der Verbannung holte.
Journalist und Trainer, in den Tagen, als dem Klub der Exitus droht, eine Art von Schicksalsgemeinschaft, begegnen sich. Ein langer Händedruck. „Glückwunsch!" Manchmal sagt eine Geste mehr als 1000 Worte. Der Blick kreuzt sich mit dem des Stefan Kuntz. 1995 haben wir uns hier verabschiedet, als die Nummer 11 zu Besiktas Istanbul ging. Kuntz löst sich aus einer Menschentraube. Eine Umarmung. „Danke. Glückwunsch! Großartig, was Du hier geleistet hast! Das ist Dein Sieg!"
„Wir feiern das schlechteste Jahr unserer 108-jährigen Geschichte wie die Deutsche Meisterschaft", sagt Stefan Kuntz knapp 24 Stunden später. 18. Mai - ein Tag für die Chronik, die Chronik der großen Gefühle!
Quelle : Die Rheinpfalz