Diskussionsthema zum Artikel: Von Totgeglaubten und lahmen Enten
Von Totgeglaubten und lahmen Enten
Friedhelm Funkel überraschte am Samstagabend mit seiner Aufstellung und überrumpelte damit den 1. FC Magdeburg. Am Ende hieß es 4:1, denn ohne Gegentor geht es natürlich nicht.
Ein Trainer, der einen Verein am Ende der Saison verlässt, wird im Volksmund als lahme Ente (lame duck) bezeichnet. Lahmen Enten wird oft mangelndes Engagement und Durchsetzungsvermögen sowie Lethargie nachgesagt. Wofür sollte man sich auch anstrengen?
Unter Funkel ist kein Stammplatz sicher
Friedhelm Funkel ist die wahrscheinlich unlahmste Ente aller Zeiten. Denn ohne den Druck, eine Mannschaft durch die nächste Saison leiten zu müssen, kann er Dinge veranlassen, die sich ein Dimitrios Grammozis nicht getraut hätte. Wo die lahme Ente der Bayern problemlos einen Joshua Kimmich auf die rechte Verteidigerposition stellen kann, beruft Friedhelm Funkel Ben Zolinski nicht nur wieder in den Kader, sondern in die Startelf. Als rechter Schienenspieler ersetzte er im Heimspiel gegen Magdeburg keinen Geringeren als Kapitän Jean Zimmer höchstpersönlich. Ein Wagnis, das sich auszahlen sollte. Denn nach seiner langen Abstinenz, die er im Sky-Interview nur weglächeln konnte, und seinem guten Spiel gegen Kiel glänzte er gegen den FCM erneut auf einer Position, für die er eigentlich nicht verpflichtet worden war.
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So geht es derzeit vielen Spielern des 1. FC Kaiserslautern. In einer Woche spielt man als Stürmer plötzlich Linksverteidiger oder geht in der Oberliga auf Torejagd, obwohl man aus der Bundesliga in die Pfalz gewechselt ist. Friedhelm Funkel krempelte das im Winter so durcheinander gewirbelte Mannschaftsgefüge noch einmal mehr um. In den letzten Spielen der Saison sind Stammplätze so unsicher wie die Gegner von Bayer 04 Leverkusen in der Nachspielzeit. Und Funkels Mannschaft zog Magdeburg am Samstagabend den Zahn wie ein "Kieferchirurg auf Kokain".
Daniel Hanslik: Wie der Phönix aus der Asche
Einer der Nutznießer dieser Situation ist Aufstiegsheld Daniel Hanslik. Der Daniel Hanslik, dessen Tore den FCK in der Horrorsaison 20/21 in der Liga hielten und der Daniel Hanslik, der den FCK in der Relegation gegen Dresden auf die Siegerstraße brachte. Nun ist er zurück und belohnte sich mit drei Toren aus den letzten zwei Spielen. Nach dem Spiel sagte Hanslik im Sky-Interview, dass er unter Dirk Schuster immer nur zum Verwalten eingewechselt worden sei und mit Funkel nun wieder jemand an der Seitenlinie stehe, der seine Trainingsleistungen belohne. Wäre es nicht eine abgedroschene Phrase, könnte man meinen, dass nur Funkel solche Geschichten schreibt.
Doch kommen wir einmal zum Spiel. Der FCK wieder mit einer Dreier- bzw. Fünferkette, und mit Jean Zimmer und Marlon Ritter auf der Bank. Damit wollten das Roten Teufel dem Ballbesitzspiel der Magdeburger unterbinden. Denn die haben, obwohl sie vor zwei Jahren gemeinsam mit dem FCK aufgestiegen sind, den meisten Ballbesitz in Liga zwei. Respekt dafür gibt es von fast allen Seiten, außer von der Taktik des FCK. Denn die Roten Teufel entzogen sich jeglichem Pressing durch lange (aber klug gespielte) Bälle in die Spitze. Oder sie bauten meist über Almamy Touré auf, für den in der Fünferkette ein Platz frei geworden war - auch wenn dieser als Abwehrspieler manchmal Unsicherheiten zeigte. Im Aufbau sucht er in der zweiten Liga seinesgleichen. Das frühe Gegentor zwang Magdeburg dann in die Offensive und der FCK konnte sich aufs Kontern konzentrieren. Wohlgemerkt: aufs Kontern, nicht aufs Verwalten wie gegen Wiesbaden. Zwei nahezu perfekt ausgespielte Konter stellten das Spiel dann noch vor der 60. Minute auf 3:0. Diese Konter waren perfekt, weil sie zu Toren führten, aber eben nur fast, weil sie am Ende nur dank individueller Klasse (Kenny Prince Redondo) und etwas Glück (Tymoteusz Puchacz) den Weg ins Tor fanden.
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Letzterer, nämlich der polnische Nationalspieler, hatte zum Zeitpunkt der 3:0-Führung tatsächlich sehr viel Glück, überhaupt noch auf dem Platz stehen zu dürfen. Denn er sah, und damit beginnen die Wermutstropfen dieser Partie, nach einem dunkelgelben Ellenbogenstoß gegen Herbert Bockhorn eben nur die gelbe und nicht die rote Karte. Eine weitere schmerzhafte gelbe Karte holte sich Filip Kaloc ab, der das Spiel gegen die Hertha in Berlin verpassen wird. Schmerzlich deshalb, weil Kaloc derzeit der einzige Wintertransfer mit Stammspielerqualität ist. Während Frank Ronstadt, Afeez Aremu, Dickson Abiama und Ba-Muaka Simakala darum kämpfen, überhaupt in den Kader zu kommen, spielt Filip Stojilkovic in der Oberliga. Und das nicht einmal besonders erfolgreich. Die panisch geholten Spieler sollten den Kader im Winter in der Breite verstärken und für mehr Konkurrenzkampf sorgen. Doch in der Crunch-Time sind es der bereits abgeschriebene Zolinski sowie die Aufstiegshelden Redondo und Hanslik, die beim FCK das Ruder herumreißen.
In der Hölle Betzenberg leben Totgeglaubte am längsten
Natürlich schaffte es die Mannschaft wieder nicht, ihrem Torhüter und den Fans einen Sieg mit weißer Weste zu schenken. In der 79. Minute setzte sich der Magdeburger Abwehrspieler Daniel Heber gegen die gesamte Innenverteidigung durch und köpfte ein. Erstaunlich, denn die Magdeburger sind im Schnitt so groß wie die Pfälzer E-Jugend. Das war dann aber auch der letzte Wermutstropfen, denn der FCK vermied es, das Spiel noch einmal spannend werden zu lassen. Auf das 1:3 folgte die schnelle Antwort durch Jan Elvedi nach Vorarbeit von Boris Tomiak und Almamy Touré. Eine brillante Kombination der drei Innenverteidiger.
Der FCK hat nun die besten Karten im Abstiegskampf und sogar noch die Chance, den 1. FC Nürnberg in Bedrängnis zu bringen. Wieso also nicht die rosarote Brille aufsetzen und die beschriebenen Wermutstropfen ignorieren? Weil der Klassenerhalt noch nicht hundertprozentig sicher ist und die sprichwörtliche Ente nun mal erst am Ende kackt. Und zwar egal, wie lahm sie ist.
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