Beiträge von Matthias

    Diskussionsthema zum Artikel: Kein Rückstand kann uns stoppen


    Kein Rückstand kann uns stoppen

    Rückstand, schneller Ausgleich, Remis. Doch ein Sieg wäre auch mal wieder schön. Der Kommentar zum Heimspiel gegen Braunschweig, heute mit fußballphilosophischen Ansätzen.


    Über den deutschen Nationalspieler Günter Netzer schrieb einst der Literaturkritiker Karl-Heinz Bohrer, dass dessen Pässe den Geist der Utopie atmen würden. Die Pässe des 1. FC Kaiserslautern im Heimspiel gegen Eintracht Braunschweig erstickten hingegen in Dystopie. Denn mit dem Aufsteiger aus Niedersachsen war zum ersten Mal in dieser Zweitligasaison eine Mannschaft zu Gast, die den Roten Teufeln den Ball überließ. Und da der FCK damit nicht umgehen kann, gab es in feinster Netzer-Manier viele Pässe aus den Tiefen des Raumes, die leider jedoch meistens im Nichts des Raumes versandeten. Wenn bei einer solchen Regenpartie überhaupt noch von Sand gesprochen werden kann.

    Vom Regen in die Traufe


    Fünf Mal punkteten die Lautrer in dieser Saison bereits nach einem Rückstand. Ist es daher nicht ärgerlich, immer in Rückstand zu geraten? Geschäftsführer Thomas Hengen erklärte dazu im Sky-Interview schmunzelnd seinen Standpunkt: „Ja, aber dann wären wir ja eine Spitzenmannschaft.“ An diesem 10. Spieltag hat der FCK gezeigt, dass er definitiv keine Spitzenmannschaft ist, sich jedoch ernste Hoffnungen machen kann, eine Saison ohne das spürbare Abstiegsgespenst im Rücken zu spielen. Denn wenn eine Mannschaft nach sechs Rückständen noch mit Punkt(en) vom Platz gehen kann, gehört sie nicht in die Niederungen einer Zweitliga-Tabelle. Aber nun Spiel. Auf geht's.


    Auf dem Betzenberg, im Fritz-Walter-Stadion und bei Fritz-Walter-Wetter trafen sich im Aufsteigerduell zwei Mannschaften, die wenig Wert auf ballbesitzorientierten Fußball legen, zu einem romantischen Rendezvous. In der ersten Hälfte wusste niemand auf dem Platz recht genau, wie er den Ball am besten in die Füße des Gegners zu spielen hat - seien es lange Bälle auf Terrence Boyd, die von Jean Zimmer, Phillip Klement oder Marlon Ritter geschlagen wurden, oder Kurzpässe von Kenny Prince Redondo auf Hendrick Zuck und umgekehrt. Der FCK wie auch Eintracht Braunschweig waren bemüht, in Umschaltsituationen und Konter zu kommen. Um solche Szenen jedoch ausnutzen zu können, sollte wenn möglichst die gegnerische Mannschaft den Ball haben. Ein Trauerspiel für fußballerische Feingeister - und ein gewohnter Anblick, wenn man mit den Roten Teufeln durch vier Jahre Magenta Sport gegangen ist. Besonders Kapitän Jean Zimmer wirkte in Halbzeit eins was Ballannahmen und Pässe angeht, sehr unglücklich. Sein Einsatz in der Defensive gleicht das zwar über weite Strecken aus, doch besonders in der ersten Halbzeit spielten die Pfälzer fast ausschließlich über die linke Seite, die von Zuck und Redondo beackert wurde. Weltmeister Erik Durm und sein Frontmann Zimmer wurden dahingehend ignoriert.

    Fußballerischer Leckerbissen: Fehlanzeige


    Es folgten 45 Minuten Abwehrschlacht ohne Angriff. Wie sowas geht? Durch lange Bälle auf Terrence Boyd und Anthony Ujah, in der Hoffnung, dass einer der beiden einen Ball halten oder direkt weiterleiten kann. Selbst wenn sich eine der beiden Mannschaften in die Nähe des gegnerischen Sechzehners spielte, endete der Angriff meist in einem hohen Ball oder einer einer Ecke. Der bereits angesprochene Braunschweiger Stürmer Ujah köpfte in der ersten Hälfte übrigens einen sehenswerten Kopfball in den Winkel. Glücklicherweise wurde das Tor zurecht aberkannt. Wer so lange in der Luft stehen kann, muss eben einen Boris Tomiak als Leiter benutzt haben - und das ist Teufel sei Dank nicht zulässig.


    Nach der Halbzeit dann wieder der neu FCK 'Marke 22/23'. Zunächst ein Rückstand nach einer Standardsituation. In diesem Falle sorgte allerdings kein Eckball oder reingezirkelter Freistoß für das Gegentor. Ein Flachpass von der Mittellinie in den leeren Raum, der mit zwei leichten Ballkontakten zwischen Kevin Kraus und Boris Tomiak landete und letztendlich auch im Tor. Doch echte Lautrer Fans wissen: Rückstände auf dem Betzenberg sind in diesem Jahr nur temporär. Und so stellte Tomiak das Spiel eine Minute später wieder auf null, beziehungsweise auf 1:1 Unentschieden. Dass das Spiel dann auch 1:1 endete, lag an einem unglücklichen Terrence Boyd, einem glänzend parierenden Jasmin Fejzic und einem Gegner, der dem FCK in der letzten halben Stunde den Ball vollständig überließ.


    Ein Spiel ohne Rückstand wäre doch ganz schön


    Was also mitnehmen aus diesem fünften Unentschieden in Folge? Die Roten Teufel schaffen es zwar, besseren Teams zwei Punkte vorzuenthalten, kommen gegen schlechtere Mannschaften jedoch nicht in die Position, ein Spiel zu dominieren und ruhig nach Hause zu bringen. Zum ersten Mal in dieser Saison gelang es der Mannschaft von Cheftrainer Dirk Schuster, eine gegnerische Mannschaft im eigenen Sechzehner einzuschnüren. Doch ohne Erfolg. Spieler wie Redondo oder Hercher brauchen Platz, um ihre Stärken ausspielen zu können. Im besten Fall spielen sie dabei keine Bälle aus der 'Tiefe des Raumes', sondern starten ihre Sprints aus eben jener Tiefe. Wo Netzers Pässe Utopie atmeten, ist es beim FCK derzeit das Spektakel, die Konter, die wahnsinnigen Fans, die diesen Verein und seine Spielweise ausmachen. Nur zwei andere Zweitligisten in Europa haben einen höheren Zuschauerschnitt als die frisch aus Liga drei angereisten Lautrer.


    Und die haben seit fünf Spielen zwar nicht mehr gewonnen, aber auch seit sechs Spielen nicht mehr verloren. Von daher mag man zwar von zwei verlorenen Punkte gegen Braunschweig sprechen, doch insgesamt spielt der 1. FC Kaiserslautern eine fantastische Aufstiegssaison. Diese könnte nur noch besser laufen, wenn gegnerische Mannschaften aufhören würden, den Pfälzern den Ball zuzuspielen. Dank diesem ballbesitzfernen Fußball werden die Feingeister und Rasen-Philosophen mit dem FCK wahrscheinlich nicht mehr warm. Doch wenn man ehrlich ist, waren sie das noch nie. Wobei schon Jean-Paul Satre, der größte aller fußballerischen Feingeister, das heutige Spiel in seiner Kritik der dialektischen Vernunft überraschend gut beschrieb: "Beim Fußball kompliziert sich alles durch die Anwesenheit der gegnerischen Mannschaft." Wie wahr. Wie wahr.

    Betze Inside: Datenanalyse zu #FCKEBS


    Statistisch betrachtet haben die Roten Teufel im Heimspiel gegen Braunschweig eher zwei Punkte verloren als einen gewonnen. Der FCK dominierte die Gäste aus Niedersachsen weitgehend und ließ bis auf das Gegentor kaum Chancen zu. Hinzu kamen eigene hochkarätige Großchancen (v.a. durch Boyd) und zwei Abschlüsse, die auf der Linie geklärt wurden. Der xG-Plot (Abb. 2, 3) zeigt, dass die Lautrer über die gesamte Spieldauer hinweg deutlich mehr Chancen zu verzeichnen hatten und bereits zur Pause hätten führen müssen. Allerdings blieb eine große Schlussoffensive aus, sodass der Sieg nicht erzwungen werden konnte.




    Grafiken: Darstellung von Betze Inside (Instagram / Twitter)


    Quelle: Treffpunkt Betze

    Diskussionsthema zum Artikel: DANKE! Der FCK ist wieder da!


    DANKE! Der FCK ist wieder da!

    Der FCK dreht gegen Magdeburg einen 1:3 Rückstand und rettet damit ein schon verloren geglaubtes 6-Punkte-Spiel. Senf und ein riesengroßes Dankeschön dazu gibt es von unserem Redakteur Mitti.


    Hätte man vor genau einem Jahr gesagt, der 1. FC Kaiserslautern stünde in 365 Tagen zwei Punkte hinter dem Tabellenführer der zweiten Bundesliga, hätten die meisten ungläubig mit dem Kopf geschüttelt. Hätte man gesagt, dass es Thomas Hengen, Marco Antwerpen und letztlich auch Dirk Schuster gelingt, aus einer Drittliga-Mannschaft in akuter Abstiegsnot ein Team zu formen, das es - zumindest die Ergebnisse betreffend - mit den Etats des HSV, Hannover oder Nürnberg aufnehmen kann, ja - man hätte diejenigen für mehr als verrückt gehalten. In den ersten fünf Saisonspielen standen in der ersten Elf neun Spieler auf dem Platz, die bereits zum letztjährigen Drittligakader gehörten. Neun Spieler, denen vor einem Jahr der Aufstieg nicht zugetraut wurde, ringen nun Hannover, St. Pauli und den ehemaligen Bundesligisten Fürth nieder. Die Verwunderung darüber, was seit rund anderthalb Jahren auf dem Betzenberg geschieht, müsste eigentlich langsam an ihre Grenzen stoßen, doch die Mannschaft überrascht jedes Wochenende aufs Neue. Sie hätte sogar beinahe den Europa-League-Teilnehmer SC Freiburg aus dem DFB-Pokal geschossen. Und auch wenn sie es nicht schafft zu gewinnen, sie kämpft bis zum bitteren Ende und liefert - wie an diesem 6. Spieltag gegen Magdeburg - zumindest ein Spektakel.

    Das Sechs-Punkte-Spiel


    Der FCK hat den Nichtabstieg als Ziel weiterhin fest im Blick. Trotz der Erfolge der ersten sechs Spieltage muss sich der Verein stets nach unten orientieren. Und da davon ausgegangen werden kann, dass Fürth und Bielefeld nicht in die dritte Liga durchgereicht und die Abstiegsränge womöglich bald verlassen werden, müssen Vereine her, die die Roten Teufel hinter sich lassen können. Allen voran wären da die beiden Mitaufsteiger Braunschweig und Magdeburg. Womit ein jedes Spiel gegen diese beiden Gegner durchaus als ein 'Sechs-Punkte-Spiel' bezeichnet werden kann. Und zwar unabhängig davon, wie weit die Lautrer von den anderen beiden entfernt sind.


    Die Vorzeichen vor dem Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg standen also auf “wichtig” - jeder freute sich auf einen FCK, der in den letzten 45 Minuten gegen Fürth genau das gezeigt hat, was ihn schon immer ausgemacht hat. Viel Kampf, viel Ehrgeiz und eklig zu bespielen. Nur leider scheint es sich die aktuelle Mannschaft zur Aufgabe gemacht haben, erst in der zweiten Halbzeit aufzuwachen. Zwar gingen die Hausherren gegen den FCM mit einem Tor von Terrence Boyd in Führung, ließen sich anschließend jedoch in elf Minuten drei Tore einschenken. Kevin Kraus und Boris Tomiak zeigten in der ersten Halbzeit, dass sie nicht annähernd gut genug sind für diese Liga, sofern sie in einer Viererkette auflaufen. In der zweiten Halbzeit präsentierte sich die Mannschaft dann glücklicherweise wie zuletzt beim 3:1 Auswärtssieg bei der Spielvereinigung.

    Taktikfuchs Dirk Schuster


    Wie schon in der vergangenen Woche gegen Fürth schien Dirk Schuster die Mannschaft in der Halbzeitpause tief getroffen zu haben. In beiden Fällen mit einer positiven Bilanz. Gegen alle Vermutungen brachte der Cheftrainer den ehemaligen Paderborner Robin 'Franz' Bormuth nicht für Kevin Kraus, sondern für Kenny Prince Redondo. Der taktische Wechsel hin zu einer Dreierkette und die Umstellung von horizontalen Pässen hinter die Reihen der Magdeburger (1. Halbzeit) auf vertikale Bälle auf Terrence Boyd oder die drei Außenspieler Erik Durm, Jean Zimmer und Phillip Hercher taten ihr übriges. Wie gegen Fürth belohnte sich Hercher kurz nach der Halbzeit und glich zum 3:3 aus. Von der Dreier- beziehungsweise Fünferkette profitierte vor allem die rechte Abwehrseite, die mit Magdeburgs Ito in der ersten Halbzeit einige Probleme hatte. Dirk Schuster - dem man nachsagt, er würde nur selten die Formation wechseln - hat bewiesen, dass er die Mannschaft in der Kabine eben nicht nur zu Höchstleistungen antreiben, sondern auch einen taktischen Überlebensplan vermitteln kann.

    Der Betze erhebt sich


    Am Ende sorgte ein strittiges Eigentor vom Pechvogel Tomiak für das 4:4 Unentschieden. Es war allerdings eine Punkteteilung gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf - und dazu noch eine sehr spektakuläre. Die Roten Teufel stehen aktuell wie seit langem nicht mehr sehr geschlossen da. Die neuen Spieler Robin Bormuth und Phillip Klement konnten direkt überzeugen. Und wenn die Mannschaft mal nicht weiter kommt, steht die Westkurve und das ganze Stadion hinter ihr. Jean Zimmer, der für Grätschen gefeiert wurde wie für Tore, rettete die Partie mit einer unglaublichen Rettungstat auf der eigenen Torlinie. Beim Stand von 1:3 in der 30. Minute erhob sich das ganze Stadion bei einer Ecke. Egal wie tief diese Mannschaft fällt, sie fällt in die Arme der Fans. Und wenn der Wind günstig steht, die Halbzeitansprache von Schuster sitzt und alle zusammenhalten, kann dieses Team jeden Rückstand gegen jeden Gegner aufholen.


    Danke, dass ihr dem FCK etwas zurückgegeben habt, was er seit Jahren nicht hatte.


    Andreas, Julian, Avdo, Jonas, Boris, Kevin, Maximilian, Dominik, Lars, Philipp, Robin, Erik, Hikmet, Marlon, Jean, Philipp, Julian, René, Hendrick, Kenny, Mike, Anas, Muhammed, Terrence, Daniel, Lex Tyger, Ben, Matheo, Alexander, Marvin, Felix, Nicolas, Marius, Elias, Dirk, Thomas und Marco.

    Betze Inside: Datenanalyse zu #FCKFCM


    Auch die Statistiken belegen ein weitestgehend leistungsgerechtes Remis im Aufsteigerduell. Einzig bei den 'Expected Goals', die bei den Roten Teufeln durch den Foulelfmeter stark nach oben gezogen wurden, lag der FCK vorne - und das selbst beim 1:3 Rückstand, da der FC Magdeburg seine wenigen Chancen äußerst effizient zu nutzen wusste.


       


    Grafiken: Darstellung von Betze Inside (Instagram / Twitter)


    Quelle: Treffpunkt Betze

    Diskussionsthema zum Artikel: „So muss es im Kolosseum gewesen sein“


    „So muss es im Kolosseum gewesen sein“



    Brians Video über den FCK wurde 50.000 Mal geklickt. Im heutigen Dreierpack erzählt der US-Amerikaner, wie er zum Fan wurde und was der Betze mit Gladiatorenkämpfen zu tun hat.


    Brian Herrmann ist ein Amerikaner in Kaiserslautern. Und eigentlich nur einer von vielen. Denn durch die Air Force Base in Ramstein und den Stützpunkt in Kaiserslautern leben viele Amerikaner in der Region rund um den Betzenberg. In eben dieser Stadt unterrichtet Brian am Hohenstaufen Gymnasium. Für Sport hat er sich Zeit seines Lebens nicht wirklich interessiert. Er reist gerne und hält seine kleinen Abenteuer in Video-Tagebüchern auf Youtube fest. Dort erläutert er die Unterschiede der zwei Kulturen und filmt, was ihm vor die Linse kommt. In der Regel haben seine Videos nicht mehr als 300 bis 400 Aufrufe. Brians Internet-Karriere wäre vermutlich weiter so unspektakulär verlaufen, wäre der 1. FC Kaiserslautern nicht am 24. Mai aufgestiegen. Denn daraufhin drehte Brian, der sich ja nie für Sport interessierte, ein Video, welches mehr als das Hundertfache seiner üblichen Reichweite erreichte.

    "Die Luft wurde dicker"


    Treffpunkt Betze: Brian, am 19. Juni hast du das Video „Living In Germany Turned Me Into A Soccer Fan“ hochgeladen und bis heute hat es 50.000 Aufrufe. Wie fühlt sich das an, ein kleiner Teil der Aufstiegseuphorie gewesen zu sein?


    Brian Herrmann: Total verrückt, aber nicht zwingend verrückter als das, was Kaiserslautern jetzt schon seit über drei Monaten abzieht. Ich wollte mit meinem Video eigentlich nur zeigen, wie herzerwärmend und emotional die ganze Stadt mit ihrem Fußballverein mitfiebert. Und ich wollte zeigen, wie sie mich binnen weniger Stunden total vereinnahmt hat. Nach meinem ersten Spiel auf dem Betzenberg gegen Havelse – es war mein erster Stadionbesuch in Deutschland – hab ich mir auch nichts weiter gedacht. Ein Freund hatte mich mitgenommen und ich hab mich natürlich mit ihm gefreut, weil der FCK gewonnen hatte. Aber als „wir“ dann Woche für Woche gewannen, änderte sich etwas in der Stadt. Die Luft wurde dicker, die Spannung stieg und als es sich in der Nacht des Aufstiegs entlud, war ich zufälligerweise mittendrin.

    "Als würden wir in einen Kampf ziehen"


    Treffpunkt Betze: In deinem Video erwähnst du mehrfach, dass du nie wirklich Interesse an Sport hattest. Und das hat sich jetzt binnen einer Party-Nacht geändert?


    Brian Herrmann: Nicht binnen einer Nacht. Es lag mehr an meinem zweiten Stadionbesuch. Mein zweites Spiel auf dem Betzenberg war das erste Relegationsspiel gegen Dresden. In den USA habe ich schon einige Spiele der Philadelphia Union im Stadion gesehen, aber das war mehr wie ein Familienausflug. Man traf sich, lief über den Parkplatz zum Stadion. Wir aßen Hot-Dogs und Chips und gingen wieder nach Hause. Gegen Dresden war allein der Weg zum Stadion ein einschneidendes Ereignis. Ich will nicht übertreiben, aber das war, als würden wir alle gemeinsam in einen Kampf ziehen. Ein Meer aus rot gekleideten Fans, die durch rote Rauchschwaden ihren Betzenberg hochpilgerten. Das war epochal. So etwas gibt es in Amerika nicht. Im Stadion dann eine großartige Stimmung, obwohl das Spiel sehr arm an Ereignissen war. Alle hielten ihre roten Fahnen für die Choreo hoch - in diesem Moment dachte ich, so muss es im Kolosseum gewesen sein. Ich wusste seit meiner ersten Woche in Kaiserslautern, dass der FCK hier eine große Nummer ist, aber als ich in der vollen Westkurve stand, wusste ich erst wie groß.

    "Hab' mich vom FCK anstecken lassen"


    Treffpunkt Betze: Nach Dresden fahren war allerdings keine Option für dich?


    Brian Herrmann: Wir haben es tatsächlich in Erwägung gezogen, aber da ich am nächsten Tag arbeiten musste, wollte ich mir die sechs Stunden Fahrt ersparen. Stattdessen schauten wir es in einer Kneipe in der Innenstadt und obwohl ich ein paar Tage vorher im Stadion war, hatte ich nicht ansatzweise damit gerechnet, dass die Stadt im Falle eines Sieges die ganze Nacht brennen würde. Positiv gemeint natürlich. Am nächsten Tag wurde in der Schule jede Stunde durch die Lautsprecher das Betze-Lied angestimmt. Irgendwann wurden die Schülerinenn und Schüler sogar nach draußen gelassen, um Energie zu entladen. Ich habe mich anstecken lassen und war mittendrin. Hab' mich vom FCK anstecken lassen. Und obwohl ich demnächst nach Norddeutschland ziehe, denke ich nicht, dass ich den je wieder loswerde.


    Quelle: Treffpunkt Betze


    [Anm. d. R.: Der 'Dreierpack' erscheint ab sofort im Zwei-Wochen-Rhythmus, der nächste am 26. August.]



    Diskussionsthema zum Artikel: "Der FCK gehört in die Bundesliga": Das Leben als Exil-Pfälzer


    "Der FCK gehört in die Bundesliga": Das Leben als Exil-Pfälzer

    Im Exil lebende Lautrer haben es nicht immer so einfach. Trotzdem ist die bundesweite Wertschätzung für den FCK noch immer unheimlich groß. Davon erzählt diese Geschichte.


    Unser Autor Matthias lebt seit fast zehn Jahren nicht mehr in der Pfalz und hat den Niedergang des 1. FC Kaiserslautern in die dritte Liga nur aus der Ferne beobachten können. Im Exil hat er zudem gelernt, welche Rolle der FCK noch immer in anderen Fanlagern spielt. Eine persönliche Geschichte.


    Am 24. Mai 2022 saß ich mit zwei St. Paulianern in einer kleinen Zwei-Zimmerwohnung in Hamburg und verfolgte das Relegations-Rückspiel des 1. FC Kaiserslautern gegen Dynamo Dresden. Drei Menschen auf einer Couch und nur einer, nämlich ich, mit einem Puls von über 120. Den anderen beiden war es schlichtweg egal, ob sie in der kommenden Saison gegen die West- oder gegen die Ost-Deutschen ran müssen. Und sie ließen sich auch nicht von meinem Jubel zum 1:0 und später zum 2:0 anstecken. Sie erfreuten sich zwar an wütend randalierenden Dresdnern, aber wer tut das nicht. Als sich kurz nach dem Spiel sogar ein Nachbar aufgrund der zu hohen Lautstärke beschwerte, entgegnete der Gastgeber nur ganz trocken: „Oh Scheiße, am Ende denken die jetzt, ich wär Lautern-Fan.“

    Auszug aus der Pfalz

    Ich lebe seit dem Jahr 2013 nicht mehr in der Pfalz und habe in diesen fast zehn Jahren aus anderen Fanlagern noch kein einziges schlechtes Wort über meinen FCK gehört. Ganz im Gegenteil. Würde ich sprichwörtlich einen Euro bekommen, für jedes Mal, dass mir ein Anhänger aus Bielefeld, Dortmund oder Hamburg versichert, die Roten Teufel gehören in die Bundesliga - ich müsste nie wieder arbeiten.


    - „Auf den Betze bin ich immer gern gegangen. Geiles Stadion.“

    - „1998 war einfach geil, wie die Bayern geflennt haben.“

    - „Nein, selbst zweite Liga ist für euch zu wenig.“

    - Und der Klassiker schlechthin: „Der FCK gehört einfach in die Bundesliga.“


    Aktuell arbeite ich in einer Brauerei ganz in der Nähe des Volkspark-Stadions, in der Exil-Fanclubs einkehren, wann immer ihre Mannschaft gegen den Hamburger Sportverein spielt. Man kommt mit all den Menschen und Fans ins Gespräch, und Bekundungen ob der großen Verdienste des pfälzischen Traditionsvereins in den 90er Jahren hören nie auf. Sie gipfelten eines Tages gar in einem Besuch eines in Hamburg ansässigen Waldhof-Mannheim-Fanclubs. Auf ein Trikot zeigend sagte ich: „Ihr wisst schon, dass das hier eine Betze-Kneipe ist, oder?“ Worauf der etwas zu dicke Mann mit dem schütteren Haar lachte und mir in seinem breitesten Kurpfälzisch versicherte, dass wir so weit weg von zuhause doch alle Freunde wären. Der Waldhof-Mannheim-Fanclub hat unsere Brauerei letztlich nicht zerlegt, wie ich zuerst befürchtete. Doch das Highlight folgte noch: Drei der Mitglieder haben mir prognostiziert, der FCK würde demnächst wieder aufsteigen. Sie gönnen es uns zwar nicht, aber wir gehören schließlich in die Bundesliga. Mehr als Plastik-Vereine wie Wolfsburg, Hoffenheim oder Leipzig.

    Noch einmal zurück

    In den ersten Jahren meines Exils spielte der 1. FC Kaiserslautern im vorderen Drittel der zweiten Bundesliga und verpasste den Aufstieg vier Mal hintereinander haarscharf. Zu diesem Zeitpunkt nahm ich jedes „ihr gehört in die Bundesliga“ auf und gab es doppelt so laut zurück. Ja, wir gehören in die Bundesliga. Wir sind schließlich der Verein von Fritz Walter. Der Verein, der in der zweiten Liga im Europapokal spielte, aufstieg und direkt Meister wurde. Paul Breitner wollte nicht mehr auf den Betzenberg und uns die Punkte direkt per Post schicken. Wir sind der FCK, verdammt nochmal. Wieso verlieren wir dann ständig in Aue und Sandhausen?


    Ich wünschte, ich hätte damals schon gewusst, wie arrogant, lächerlich und überheblich sich das angehört haben muss. Aus den Niederlagen in Aue und Sandhausen wurden schnell Niederlagen in Großaspach und Münster, später dann Lübeck und Meppen. Der FCK hatte die Bühne des Profifußballs verlassen, auch wenn er formal noch dazugehörte. Und den Bekundungen, „ihr gehört doch in die Bundesliga“, folgte immer öfter ein „ihr spielt dritte Liga, oder? Vierte?“ Und anstatt meiner Brandrede über unseren Verein, musste ich die Menschen fortan berichtigen, dass es sich hierbei um 1860 München handelt. Wir, also die Jungs aus Lautern, sind zwar auch abgestiegen und insolvent, aber die Roten und sind nun mal nicht die Hellblauen.


    Welch ein Glück, dass ich in einer Stadt lebte und immer noch lebe, deren größter Verein aktuell denselben Weg zu gehen scheint wie mein geliebter FCK. Es ist nicht verwunderlich, dass es das Wort „Schadenfreude“ eben doch nur in der deutschen Sprache gibt. Wir 'schadenfreuen' uns eben viel zu gern. Vielleicht ist geteiltes Leid aber auch einfach nur halbes Leid.

    Dritte Liga Mittelmaß


    In den darauf folgenden Jahren folgten zwielichtige Investoren aus Luxemburg, Cornflakes zählende Sechser mit Hang zum Nudismus und eine hoffnungsvolle Trainer-Verpflichtung nach der anderen. All das geschah bis zu einem Zeitpunkt, an dem ein glatzköpfiger Motivator übernahm und mit Hilfe eines gewissen Thomas „Masterclass“ Hengen eine Mannschaft formte, die tatsächlich völlig überraschend in die zweite Liga aufgestiegen ist.


    Zurück zum 24. Mai: Die Wohnung der beiden St. Paulianer verlassend, blickte ich auf mein Handy und sah darauf 14 eingegangene Nachrichten. Auf dem Weg nach Hause bekam ich zudem vier Anrufe, die mir allesamt zum Aufstieg gratulierten. Mir! Wieso in aller Welt mir? Ja okay, die hatten wahrscheinlich nicht die Nummer von René Klingenburg, aber wieso gratuliert man mir stellvertretend für einen Verein, von dem viele meiner Freunde dachten, er wäre inzwischen in den Niederungen der Regionalliga angekommen. Weil der FCK eben doch immer noch groß ist.


    Auf diesem besagten Weg nach Hause begann er schließlich wieder. Der Größenwahn. Aber auch das Bewusstsein darüber: "Wir sind wieder da!". Ach was, wir waren nie weg, wir haben nur Anlauf genommen. Wir sind schließlich der Verein von Fritz Walter. Der Verein, der in der zweiten Liga im Europapokal spielte, aufstieg und direkt Meister wurde. Paul Breitner wollte nicht mehr auf den Betzenberg und uns die Punkte direkt per Post schicken. Wir sind der FCK, verdammt nochmal. Und wenn das der Preis für großartige Spiele gegen St. Pauli, den HSV oder Karlsruhe ist, dann verliere ich auch gerne mal in Sandhausen.


    Quelle: Treffpunkt Betze


    [Anm. d. Aut.: Am zweiten Oktober-Wochenende spielt der 1. FC Kaiserlautern in Hamburg gegen den HSV. Jeder Leser und jede Leserin, jeder Fan ist dann herzlich eingeladen, vor oder nach dem Spiel in der Landgang Brauerei – ganz in der Nähe des Volksparkstadions – vorbeizuschauen. Wer weiß, vielleicht ist der FCK dann schon auf dem Weg in die Bundesliga.]

    Diskussionsthema zum Artikel: Warum ich keinen Bock auf Relegation habe!


    Warum ich keinen Bock auf Relegation habe!

    Stand jetzt muss der FCK in der Relegation zwei Mal gegen Dresden spielen. Unser Redakteur Mitti erinnert sich mit einem weinenden Auge an das letzte Mal. Ein Kommentar der besonderen Art.


    Als der 1. FC Kaiserslautern das letzte Mal ein Relegationsspiel bestritt, feierte ich meinen Geburtstag. Dieser 27. Mai 2013 war trotz meiner Feier ein bedrückender Tag. Denn mir war bereits vorher klar, dass der FCK in diesem besagten Jahr nicht in die Bundesliga aufsteigen würde. Ich wusste es seit der fünften Minute, als beim Stand von 0:0 Mohamadou Idrissou im Kopfballduell an David Abraham abprallte, als wäre er ein E-Jugend-Spieler, der versucht eine Mercedes E-Klasse mit dem Gesicht aufzuhalten. David Abraham, Kevin Volland, Sejad Salihovic, Roberto Firminho. Das waren nur einige der Namen, gegen die die Roten Teufel in diesen beiden Finalspielen um den Aufstieg bestehen mussten. Ein ungleiches Duell also! Ein unfaires Duell? Nun ja, mit diesem einen Kopfballduell zwischen Idrissou und Abraham fing er jedenfalls an: Mein Hass auf die Relegation.

    Kleine Geschichtsstunde


    Vor dem Mai 2013 habe ich mich recht wenig mit der Relegation beschäftigt. Ja, ich hatte mitbekommen, dass einige Jahre zuvor der 1. FC Nürnberg Energie Cottbus - womöglich für immer - aus der Bundesliga prügelte. 5:0 lautete das Ergebnis, so hoch hat nie wieder ein Zweitligist die Relegation gewonnen. Aber wirklich beschäftigt habe ich mich mit dem 'Miniturnier' nie. So wusste ich damals nicht, dass das Konzept nicht neu war und dass es in den 80ern und sehr frühen 90ern schon einmal die Chance gab, in eine Relegation zu rutschen. Wie heute gewann auch damals in der Regel die höher klassierte Mannschaft. Aus zehn Relegationen gingen nur drei Zweitligisten siegreich hervor. Bayer 05 Uerdingen, der 1. FC Saarbrücken und spektakulär in einem Spiel drei – da noch kein Elfmeterschießen vorgesehen war – die Stuttgarter Kickers. Das höchste Ergebnis erzielten übrigens die Dortmunder, die in drei Spielen gegen Fortuna Köln elf Tore schossen. Dabei allein acht in Spiel drei.


    In der aktuellen Zeit sieht es für die Zweitligisten sogar noch düsterer aus. Nur drei Mal konnte der Drittplatzierte der zweiten Bundesliga aufsteigen. Zehn Mal durfte der Drittletzte der ersten Liga oben bleiben. Wieso ich diese Statistiken breit trete? Weil es in der allgemeinen Wahrnehmung Fußball-Deutschlands angesichts der Relegation so ist, dass die Mannschaft aus der unteren Liga meist chancenlos ist. Das stimmt auch, bis man die Relegationsduelle zwischen der zweiten und dritten Liga betrachtet. Denn auch hier gab es bisher 13 Duelle, bei denen sich jedoch neun Mal der Drittligist durchsetzen konnte. Neuneinhalb Mal, wenn man das unglaubliche Finish der Nürnberger vor zwei Jahren in Betracht zieht.

    Es sprach der Zweckpessimist


    In der Relegation hat der FCK also eigentlich gute Chancen, oder? „Es sei denn, es gibt ein frühes Gegentor wie gegen Wiesbaden und Dortmund“, sagt eine Stimme in meinem Kopf. „Dann Unruhe, gepaart mit fehlender Erfahrung. Und eine Niederlage im Hinspiel." Aber was, wenn es der ach so ruhmreiche pfälzische Traditionsverein gar nicht auf Platz drei schafft? Ja, das ist durchaus noch eine Möglichkeit. Eine weitere Niederlage im verfrühten Saisonfinale gegen Köln und zwei Siege der Münchner reichen, um dieses Szenario wahr werden zu lassen. „Dann dürfen die sich eben in Ostdeutschland prügeln." Dem FCK wiederum bliebe die Chance verwehrt, um in die zweite Liga aufzusteigen. Ein weiteres Jahr dritte Liga wäre uns weit vor meinem Geburtstag demnach gewiss.


    Saisons, die auf dem vierten Platz endeten, kennen Lautrer Anhänge zu Genüge. Hatten wir genug. Und die Tatsache, dass wir im nächsten Jahr obgleich unserer Verbandspokal-Schmach so oder so wieder im DFB-Pokal antreten können, wäre nur ein schwacher Trost. Der Zweckpessimist – und der ist verdammt groß – sieht eine Mannschaft, die wieder einmal zerbricht. Einen Kader, der wieder einmal einen Umbruch erlebt. Und eine Fangemeinde, die Ende Juli wieder total gehyped ist, egal was im Sommer passiert. Seit meinem Geburtstag 2013 wurde ich durchgehend enttäuscht. Wieso sollte es jetzt anders kommen? „Weil auf der anderen Seite eben nicht David Abraham, Kevin Volland und Roberto Firminho stehen“, sagt diesmal eine andere Stimme in meinem Kopf.

    Wie Villareal gegen die Bayern


    Sollte den Roten Teufeln der Einzug in die Relegation gelingen, wären sie nicht so chancenlos wie vor rund einem Jahrzehnt gegen Hoffenheim. Der FCK müsste es diesmal nicht mit späteren Pokalsiegern, Nationalspielern und Champions-League-Gewinnern aufnehmen. Dem FCK stünden Chris Löwe, Patrick Weihrauch und Tim Knipping gegenüber. Namen, vor denen man sich selbst unter den schlechtesten Umständen nicht fürchten müsste. Hinzu kommt, das die Dresdener seit dem 12. Dezember 2021 kein Zweitliga-Spiel mehr gewinnen konnten. Und letztlich sind sie nur dank einer relativ soliden Hinrunde und absolut unfähigen Kellermannschaften auf dem Relegationsplatz gelandet. Dem gegenüber steht ein 1. FC Kaiserslautern, der mit der besten Defensive der dritten Liga anreisen wird, begleitet von - in meinem Kopf - 20.000 Fans.


    Meine Prognose? Gegen Dresden würden wir zuhause gewinnen. In Dresden dürften die Lautrer nur nicht hoch verlieren. Unser wahres Endspiel haben wir allerdings in Köln. Und danach haben wir über zwei Wochen Zeit, um uns intensiv vorzubereiten. Marlon Ritter wird sich alle Dresden-Spiele in voller Länge reinziehen. Terrence Boyd wird mehr Mettbrötchen essen als je zuvor. Und Phillip Herrcher? Der muss eigentlich nichts machen, schließlich muss er nur gegen Chris Löwe ran, der immerhin schon einmal in der Relegation verlor.


    Quelle: Treffpunkt Betze

    Diskussionsthema zum Artikel: Wie geil ist diese Mannschaft


    Wie geil ist diese Mannschaft

    Die Ergebnisse der Konkurrenz scheinen dem FCK herzlichst egal zu sein. Nach dem Derbysieg gegen Saarbrücken findet selbst der größte Skeptiker (k)ein einziges Haar in der Suppe.


    Sich vor seine Mannschaft zu stellen, wenn es schlecht läuft, ist für viele Trainer und Spieler zur Gewohnheit geworden. Klar, man ist ein Team und will das nach außen hin demonstrieren. Sich jedoch hinter seine Mannschaft zu stellen, wenn es gut läuft, ist eine Tugend, die zunehmend in Vergessenheit gerät. Doch zwischen Selbstdarstellern, Einzelspieler-Preisträgern und Davie Selkes tummeln sich im deutschen Fußball immer wieder Spieler, die nach 5,5 erzielten Toren in drei Spielen auf die Aussage „Sie als Man of the Match…“ mit einem energischen „ne, ne, ne, ne“ reagieren. Terrence Boyd ist einer dieser Spieler. Einer, der sich hinter die Mannschaft stellt - einer, der bescheiden bleibt, obwohl es durchaus erlaubt wäre, zumindest etwas abzuheben. Und der Neuzugang aus Halle ist auch einer, der den Fans ständig das Gefühl gibt, Teil von dem zu sein, was da auf dem Platz passiert. Im Interview nach dem großartigen Derbysieg gegen den FC Saarbrücken galten all seine Worte den anderen: Den Mitspielern, dem Trainerteam, dem 12. Mann und der ganzen Westkurve. Stunden später twitterte er: „Mir fällt übrigens immer noch kein passendes Adjektiv ein, wie es sich anfühlt, vor 'ner vollen West zu treffen.“ Saarländer würden ja „schweinegeil“ sagen.


    Spieltagsbilder: 1. FC Kaiserslautern - 1. FC Saarbrücken (3:1)

    "Dann gewinnen wir eben zu zehnt"


    Für den zweckpessimistischen FCK-Fan standen die Vorzeichen vor der Partie gegen den FCS wie immer möglichst schlecht. Braunschweig eiert sich von Sieg zu Sieg, während die mit sechs Punkten Abzug bestraften Saarbrücker den Mund nicht hätten weiter aufreißen können. Man würde doch nicht die restlichen Spiele allesamt gewinnen? So viel Glück könnte und so viel Qualität würde der in der Bundesliga längst vermisste Traditionsclub doch nicht haben, dachten sich viele der Lautrer Anhänger:innen. Doch die Mannschaft von Trainer Marco Antwerpen samt des Königstranfers Terrence Boyd bewies allen, die je Kritik übten, dass sich diese Mannschaft von nichts mehr in der Welt aufhalten lässt. Nicht von roten Karten und schon gar nicht von Gegentoren. Und wenn es dann doch geschieht, dass die Roten Teufel aufgrund zahlenmäßiger Unterlegenheit in den eigenen 16er gedrückt werden, wird eben Matheo Raab zum Vorlagengeber mit einem Abschlag, den seit dem WM-Achtelfinale 2010 niemand mehr gesehen hat. Dazu ein Phillip Hercher in gewohnter Topform und ein Kenny Prince Redondo, der nach langer Zeit das Tor trifft.

    Terrence Boyd: Die amerikanische Sturmbestie


    Wer oder was soll diese Mannschaft eigentlich noch aufhalten, wenn sie sich so anstellt? Mit Blick auf das große Buch der Fußball-Floskeln kann die Antwort darauf nur lauten: "Lediglich sie selbst." Wobei selbst dafür die Vorstellungskraft nicht ausreicht. Sämtliche Zweifel, die nach schwachen Spielen - beispielsweise gegen 1860 München - aufkamen, wurden durch den Zyklopen im Sturm, der amerikanischen Sturmbestie, erfolgreich weggeweht. Der Befürchtung, dass die Systemumstellung von Daniel Hanslik auf Boyd die nötige Aggressivität und vor allem Spritzigkeit im Pressing nehmen könnte, steht heute ein fulminanter Knipser namens Terrence Boyd gegenüber. Diese Lobrede ist noch nicht vorbei. Denn, so lange wie dieser Verein schon keinen mehr hatte, muss der Begriff „Knipser" erläutert werden. Wikipedia sagt dazu: „Umgangssprachlicher Begriff, der einen besonders treffsicheren Stürmer bezeichnet."


    Timmy Thiele hat hin und wieder das Tor getroffen, und auch Marvin Pourié tut das für Würzburg immer noch. Doch seit Mohamadou Idrissou hatte der 1. FC Kaiserslautern keinen Stürmer mehr in seinen Reihen, der genetzt hat, wenn es wirklich wichtig war, wenn es unwichtig war und wenn es so schien, als könnten andere Spieler aus einer bestimmten Position niemals ein Tor erzielen. Vor Terrence Boyd war der FCK in der Lage aus jedem Spiel ein Unentschieden herauszuholen. Mit Terrence Boyd können Spiele zu zehnt gewonnen werden. Was dem besten Wintertransfer der Vereinsgeschichte übrigens die Krone aufsetzt, ist die Tatsache, dass Elias Huth, der auf dem Betze stets sympathisch aber immer glücklos wirkte, ein Team gefunden hat, in das er nicht nur reinpasst, sondern in dem er eine wichtige Rolle spielen kann. Halle und der FCK sorgten in der Vergangenheit regelmäßig für hitzige Duelle in Liga 3 und dem DFB-Pokal. Doch mit diesem wechselseitigen Transfer wurde einfach allen geholfen. Im Übrigen war es das mit den Duellen in Liga 3 für's erste.

    Der FCK steigt auf


    Am kommenden Wochenende darf sich Lauterns ärgster Konkurrent, die Eintracht aus Braunschweig, auf ein spielfreies Wochenende freuen - oder je nach Perspektive über ein spielfreies Wochenende ärgern. In Wiesbaden können die Roten Teufel ihren Vorsprung auf fünf psychologisch extrem wichtige Punkte ausbauen. Und wenn der Tabellenführer aus Magdeburg, in dessen Rückspiegel der FCK zumindest zu sehen ist, gegen Braunschweig abliefert, sind die Lautrer nicht nur so gut wie aufgestiegen. Am vorletzten Spieltag könnten sich die Pfälzer sogar eine peinliche Niederlage gegen Köln erlauben. Das Horror-Szenario eines letzten Spieltages, an dem man als FCK-Fan nur zusehen kann, wie eine Magentasport-Konferenz über die Zukunft des Vereins entscheidet, würde ausfallen. Und die Pfalz könnte sich auf eine Woche voller Feierlichkeiten und einen Sommer voller Vorfreude freuen.

    Wo bleibt das Haar in der Suppe?


    Die Leser:innen dieser Kommentare sind es durchaus gewohnt, dass an dieser Stelle auch Negativpunkte herausgearbeitet werden. Doch in der aktuellen Lage scheint sich kein einziger solcher Punkt finden zu lassen. Wäre da nicht die Anhängerschaft des 1. FC Saabrücken, die ihre Leuchtfackeln teilweise bis zur Mittellinie warf und damit sowohl die eigenen Spieler als auch das Schiedsrichter-Gespann und die Spieler des 1. FC Kaiserslautern in Gefahr brachten. Wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt, an dem das Spiel aus Saarbrücker Sicht noch völlig offen war. Eine solche Zurschaustellung 'gefährlicher Dummheit' muss von DFB dringend bestraft werden. Und damit sollten genug Haare in der von Maggi geschwängerten Lyoner-Suppe sein.

    Mehr Lobhudelei, mehr Taktik


    Um jedoch mit einer positiven Note zu enden, muss hier nochmals auf die taktische Aufstellung beziehungsweise das System eingegangen werden. Denn Marco Antwerpen gab dieser Mannschaft in seiner jetzt über einjährigen Amtszeit ein taktisches Rüstzeug mit auf den Platz, welches sie von anderen Trainern nicht bekam. Natürlich war es Glück im Unglück, dass Antwerpen nach dem Platzverweis von Kevin Kraus 15 Minuten Zeit hatte, seiner Mannschaft zu erklären, wie es weitergehen müsse. Doch allein die Tatsache, dass der roten Karte keine Auswechslung in der Halbzeitpause folgen musste, spricht für das System Antwerpens. Aus der Fünferkette, respektive Dreier-Innenverteidigung kann schnell und ohne Hinzutun von Spielern eine Viererkette gebildet werden. Die Offensivkräfte wiederum können die linke und die rechte Seite sowie die Sturmspitze praktisch besetzen, wie sie wollen. Dazu hat der FCK mit Hikmet Ciftci und Marlon Ritter zwei Box-to-Box-Spieler, die man einsetzen kann, wo man möchte. Variabilität kennt mit dieser Mannschaft keine Grenzen. Und die immer wieder vorkommenden Vorstöße von Boris Tomiak auf der rechten Flanke sind zu einem Spielzug geworden, mit dem bislang kein Drittligateam umgehen konnte und auf den in der Regel immer eine Torchance folgt.


    Zum Abschluss noch ein Aufstellungs-Funfact der Extraklasse. René Klingenburg hat es in dieser Saison in allen Mannschaftsteilen stehend in die Kicker-Elf des Tages geschafft. Abwehr, Mittelfeld, Sturm. Und jetzt genug Bauchgepinsel. Genießt das Osterfest. Es wird das letzte als Drittligist sein.


    Quelle: Treffpunkt Betze

    Diskussionsthema zum Artikel: Der Anfang vom Ende?


    Der Anfang vom Ende?

    Der FCK fährt die erste Niederlage seit Oktober ein und bestätigt die zuletzt schwachen Leistungen. Wieso starke Sechziger aber doch gut für den Betze sein können. Ein Kommentar.


    Am 25. Mai 1983 schoss Felix Magath im Europapokal der Landesmeister gegen Juventus Turin in der neunten Spielminute das 1:0. Das frühe Tor sollte das einzige an diesem Abend bleiben. Jahre später sagte Magath, dass ihm während seines Torjubels allerdings nur ein einziger Satz durch den Kopf ging: „Oh nein, das war zu früh.“ Frühe Tore sind Fluch und Segen zugleich. Sie leiten regelmäßig hohe Siege ein, wiegen einen in falscher Sicherheit oder kommen im Falle der Guardiola-Bayern einem Todesurteil gleich. Denn wer es in den Jahren 2013 bis 2016 wagte, gegen die Münchner ein frühes Tor zu erzielen, konnte sich schon mal auf ein lässiges 1:6 einstellen.

    Kampf nicht angenommen

    Am gestrigen Abend erzielte auch der 1. FC Kaiserslautern im Flutlichtduell gegen die Münchner Löwen ein frühes Tor. Nach einem Fehler von Stephan Salger (immerhin 132 Einsätze in Liga 2 und sogar fünf in der Bundesliga) netzte Mike Wunderlich nach nur 90 Sekunden zur überraschenden 1:0 Führung ein. Technisch keineswegs unanspruchsvoll. Mit weiteren Lorbeeren durfte sich der offensive Mittelfeldspieler und Routinier allerdings nicht schmücken. Einzig und allein eine Schwalbe, die ihm eine gelbe Karte einbrachte, stand am Ende neben dem Tor auf der Habenseite. Es war wohlgemerkt seine fünfte gelbe Karte, was die Schwalbe noch etwas bitterer erscheinen lässt als ohnehin schon. Dem frühen Gegentor folgten auf Seiten der Lautrer einige wilde Angriffe, aber - wie so oft in den vergangenen Wochen – nichts wirklich Zwingendes. Nach und nach kamen die Münchner so besser ins Spiel und schossen folgerichtig das 1:1 - wenn auch etwas glücklich, da der Schuss von Merveille Biankadi von seinem Mitspieler Marcel Bär unhaltbar abgefälscht wird. Unglücklich für Lautern, aber absehbar.


    In Halbzeit zwei wirkten die Münchner dann wie ausgewechselt. Und der Druck auf den FCK wuchs so weit, dass die Roten Teufel bis auf Befreiungsschläge und lange Pässe auf Muhammed Kiprit keine anderen Mittel mehr fanden, sich aus der eigenen Hälfte zu befreien. Zu Kiprits Verteidigung: Er ist kein Konterstürmer und wird wahrscheinlich auch keiner mehr werden, weswegen die meisten Angriffe der Lautrer an seiner fehlenden Schnelligkeit scheiterten. Und auf einen goldenen Moment von Marlon Ritter konnte der FCK auch nicht setzen. Zwar versuchte der 27-jährige es hin und wieder, doch in der 63. Minute wurde er nach immerhin starker Laufleistung ausgewechselt. Damit verließ die Lunge des FCK den Platz und die Pfälzer ließen sich infolgedessen noch weiter an den eigenen Sechzehner nageln. Das 2:1-Siegtor der Münchner ließ dann jedoch länger auf sich warten, als die Zuschauer im Grünwalder Stadion hätte annehmen können. Denn wenn der FCK in dieser Saison eine Sache besser kann als alle anderen, dann ist es das Verteidigen. In der 85. Minute dann der Moment des eingewechselten Kevin Goden - ironischerweise nach einem Freistoß und nicht aus dem Spiel heraus. Phillip Hercher, nach der Pause für Dominik Schad eingewechselt, war sich unsicher, ob er den Mann oder den Pfosten decken soll. Und drin war das Ding. Selbst in der dritten Liga hat man keine Zeit zum Zögern.

    Die erste Niederlage seit Oktober

    Ist die Niederlage nur ein kleiner Einbruch oder aber der Anfang vom Ende? Der 1. FC Kaiserslautern tut sich seit exakt vier Spielen etwas schwer und hat vor allem Probleme gegen Gegner, die in der Lage sind, den Druck auf das Lautrer Tor phasenweise zu erhöhen und den FCK damit zum Kontern verdammen. Gegen Verl ging dieses Szenario Dank eines grandiosen Sololaufs von Marlon Ritter noch gut, doch gegen 1860 München fehlte ein solcher Moment. Was dem FCK auch fehlt sind Spieler und eine generelle Konstanz. Schuld daran sind die vielen vor allem kleinen Ausfälle. Seien es Gelbsperren, plötzlich auftretende Krankheiten oder Corona. Die immer noch beste Abwehr der Liga spielt selten in der gleichen Besetzung, was ihre Leistung nur noch größer macht. Doch selbst diese Abwehr kann eben nicht jedes Spiel zu Null spielen und so reicht es mit einer solchen Leistung nicht zwangsläufig für ein Unentschieden - wie beispielsweise in den Spielen gegen Magdeburg und Mannheim.


    Den 1860ern wiederum kann man zu ihrer Leistung nur gratulieren. Nicht nur, dass sie den Zweitplatzierten der dritten Liga in die Schranken gewiesen haben, sie klopfen nach unerwarteten Niederlagen gegen Halle und Türkgücü München doch nochmal oben an. Für den FCK dürfte das allerdings nicht das Schlechteste sein - schließlich müssen die wieder besser spielenden Münchner noch gegen Mannheim und Saarbrücken ran.

    Ein Blick in die nähere Zukunft

    Als nächstes treffen die Roten Teufel auf den VfL Osnabrück. Und der Verein von der Bremer Brücke hat gegenwärtig genauso viel Lust auf ein spätes Aufstiegsrennen wie 1860 und Wiesbaden. Zudem sind die Niedersachsen seit acht Spielen ungeschlagen und nur drei Punkte hinter Platz zwei. Dieser wird – nachdem sich die Magdeburger schon früh uneinholbar abgesetzt haben – Stand jetzt von sieben Mannschaften ins Visier genommen, die sich zwar untereinander die Punkte nehmen, aber auch mehr Druck auf den FCK ausüben werden. Mehr, als die Pfälzer möglicherweise vertragen. Doch wenn der FCK in dieser Saison – zumindest seit dem 0:1 gegen Magdeburg – eines bewiesen hat - dann, dass er nach Niederlagen immer wieder Höchstform erreichen kann. So war es gegen besagte Magdeburger, gegen den TuS Mechtersheim und Würzburg. Und vielleicht auch jetzt nach der Niederlage gegen München, an deren Ende die frühe Führung nicht gereicht hat. In der Saison läuft es dagegen umgekehrt. Einem schlechten Start folgte eine unvergleichliche Aufholjagd. Und wer weiß. Die von Felix Magath trainierten Wolfburger waren in der Saison 08/09 bis zum 27. Spieltag kein einziges Mal auf Rang 1. Und wir alle wissen, wie das endete.


    Quelle: Treffpunkt Betze

    Diskussionsthema zum Artikel: 11 Verteidiger müsst ihr sein


    11 Verteidiger müsst ihr sein

    Der FCK gewinnt, gewinnt und gewinnt. Doch dass Kaiserslautern im neuen Jahr noch immer ohne Gegentor ist, überrascht sogar die größten Experten. Ein Kommentar.


    In der Winterpause schrieb ich die „sechs steilen Thesen zum Rückrundenbeginn". Diese Thesen schreibe ich seit rund zwei Jahren in regelmäßigen Abständen. Für gemeinhin haben sie weder einen literarischen noch einen journalistischen Wert. Manch einer tut sie als reinen Spaß und 11FREUNDE-ischen Klamauk ab. Doch nach nun drei Spielen im neuen Kalenderjahr 2022 hat der 1. FC Kaiserslautern weder ein Gegentor kassiert noch Punkte liegen lassen. Genau wie ich es voraus gesagt habe. Zu Buche stehen ein 4:0 gegen den direkten Konkurrenten Meppen, ein 2:0 gegen Viktoria Berlin und zuletzt der 1:0 Heimsieg gegen den Halleschen FC. Der Traum vom Aufstieg rückt näher, wenn auch noch nicht in greifbare Nähe. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Roten Teufel immer noch von zahlreichen Mitkonkurrenten gejagt werden. Und dank den davoneilenden Magdeburgern wird letzten Endes nur ein sicherer Aufstiegsplatz übrig bleiben. Ob den FCK gegen Ende der schlechte Saisonstart nochmal einholt, hängt also von den nächsten Wochen und den Ergebnissen gegen Zwickau, Magdeburg und Mannheim ab, die durch ihr Unentschieden in Meppen zur Freude aller pfälzischen Fußballfans auf Rang sechs abgerutscht sind.


    Spieltagsbilder: 1. FC Kaiserslautern - Hallescher FC (1:0)

    Gegentore? Fehlanzeige!

    Aber erst einmal genug der Zukunft. Werfen wir einen Blick auf den inzwischen achten Heimsieg dieser Saison. An dieser Stelle ließe sich die Geschichte vom "dreckigen Sieg" erzählen - man könnte auch das Pferd beschwören, welches immer nur so hoch springt, wie es letztendlich muss. Es wäre jedoch auch möglich, die Abwehrreihe der Pfälzer zu loben, die trotz neuer Ausfälle (Niehues, Redondo, Ritter) und trotz einer weiteren Woche voller Spieler-Rochaden mal wieder zu null gespielt hat. Und das obwohl Lauterns erster Verteidiger und Debutant Terrence Boyd die erste Halbzeit lang wie Falschgeld auf dem Platz herumgelaufen ist, wie er im Anschluss an die Partie gegen den Halleschen FC zugab.


    Nach einigen - auch verbal deutlich zu hörenden - Korrekturen durch FCK-Cheftrainer Marco Antwerpen und einem in der Halbzeitpause neu gestalteten Plan, gelang es dem Deutsch-Amerikaner dann die Rolle des sogenannten ersten Verteidigers besser umzusetzen. Zwar konnte sich Boyd nicht mit einem Tor belohnen, aber viele Tore zu erzielen ist in dieser Mannschaft ohnehin nicht das Maß aller Dinge. In dieser Mannschaft zählt es vielmehr draufzugehen, wo andere die Meter nicht mehr gehen wollen und zu pressen, wo immer es möglich ist. Das Mittelfeld der Hallenser musste sich so einige Male gleich gegen fünf anlaufende Lautrer gleichzeitig durchsetzen. Und das bis weit in Hälfte zwei.

    Die erzwungene Führung

    Wie schon beim 1:0 Führungstreffer im Heimspiel gegen Viktoria Berlin, bei dem es Marlon Ritter war, der sich mutig ins Gegenpressing warf und dessen Balleroberung letztlich zu einem Tor führte, war es gegen den HFC seine Vertreter Hikmet Ciftci, der mit einer beherzten Grätsche einen eigentlich schon verlorenen Ball zurückeroberte und diesen über Umwege zu Top-Scorer Phillip Hercher buxierte. Herchers Rückpass an die 16er-Kante und Wunderlichs Schuss, der den Ball um alle Verteidiger herum in die linke Torwartecke verfrachtet - das ist dann nur noch reine Erfahrung. Halle hatte zum Ende der Partie noch eine gute Einschussmöglichkeit, doch wäre Shcherbakovskis Ball nicht gegen die Latte geprallt, wäre Matheo Raab höchst wahrscheinlich zur Stelle gewesen. "Wenn du so verteidigst, gewinnst du auch so dreckige Spiele", sagte Torschütze Wunderlich. Am Ende konnte der FCK das 1:0 über die Zeit bringen und die exakt 1.000 Fans zufrieden stellen. "Solche Siege stärken unsere Mentalität", gab Daniel Hanslik zu Protokoll.

    Mannheim hat Schnatterer, Magdeburg hat Atik. Und der FCK?

    Besonders bemerkenswert an dieser Mannschaft ist die Tatsache, dass sie ohne einen einziges Star, ohne einen am Fließband treffenden Stürmer und ohne einen einzigen Spieler, der alle anderen überragt, auskommt. Für sich genommen hat der FCK einen grandiosen Torhüter, einen Innenverteidiger, den vor der Saison niemand auf der Rechnung hatte und einen Mittelfeldspieler, der alle Kritiker zum schweigen brachte. Zoomed man jedoch etwas weiter raus, lassen sich drei Mannschaftsteile erkennen, die in sich perfekt zusammenarbeiten und eine Einheit bilden, wie man sie seit den Tagen des Marco Kurz nicht mehr auf dem Betzenberg gesehen hat.


    Waldhof Mannheim hat Marc Schnatterer, der 1. FC Magdeburg hat Baris Atik. Und der 1. FC Kaiserslautern verfügt über eine Mannschaft, die in sämtlichen Besetzungen Woche für Woche abliefert. Und das in einer Liga, die körperlich hart, voller englischer Wochen und unberechenbaren Gegnern ist.


    Am Ende lässt sich der Heimsieg gegen Halle am besten mit den Worten von Neuzugang Terrence Boyd beschreiben. "Drei Punkte. Geil".


    Quelle: Treffpunkt Betze

    Diskussionsthema zum Artikel: Betze reloaded: Sechs steile Thesen zum Jahresauftakt


    Betze reloaded: Sechs steile Thesen zum Jahresauftakt

    Nicht schon wieder der FC Barcelona! Flo Dick feiert sein Comeback und Willi Orban ist auch noch da. Unsere sechs steilen Thesen nehmen der Rückrunde jede Span­nung. Also fast.


    Was erwartet uns eigentlich im neuen Jahr 2022? Bevor die Roten Teufel am Samstag das Neujahres-Springen der dritten Liga im Topspiel gegen den SV Meppen mit dem schönsten Telemark ausspielen, blicken wir für euch schon mal in die Glaskugel. So viel sei gesagt: 2021 war schon ganz düster, aber 2022 wird alles noch viel schlimmer. Hier kommen unsere sechs steilen Thesen als Rückrunden-Prognose zum Jahresauftakt.

    These 1: Der 1. FC Kaiserslautern kassiert in der Rückrunde nur vier Gegentore

    Was für eine Abwehrleistung. Nach 38 Spieltagen steht nicht nur der Aufstieg in die 2. Bundesliga fest - sondern auch, dass der Gegentor-Rekord der 3. Liga gebrochen wurde. 18 Gegentore in 38 Spielen. Das dürfte ein Rekord für die Ewigkeit sein. Hauptverantwortlich für diese Glanzleistung sind vor allem Matheo Raab und Abwehrchef Boris Tomiak, die sogar Lucas Rösers Viererpack gegen Türgücü München am letzten Spieltag in den Schatten stellen.


    These 2: Boris Tomiak wechselt im Sommer zum FC Barcelona

    Die guten Abwehrleistungen des 1. FC Kaiserslautern bleiben auch im Ausland nicht unbemerkt. Schon im März, nachdem der Betze etliche Defensivrekorde gebrochen hatte, überschlugen sich die Angebote. Alles begann mit einer "Eine Million Euro Offerte" von Fortuna Düsseldorf, die ihren verlorenen Sohn gerne so schnell wie möglich zurückholen wollte. Doch Thomas Hengen, selbst bei den Rekord-Ablösen des FCK ganz weit oben in der Liste, wollte mehr. Und er bekam mehr. Im Mai - nach über 15 Spielen ohne Gegentor - klopften die ersten Bundesliga-Vereine an. Allen voran die neureichen Augsburger. Stefan Reuter hierzu: „Wir haben für Pepi schlappe 17.5 Mille hingeblättert, dann ist Tomiak mindestens 20 wert“. Einen Tag später wurde Reuter für unzurechnungsfähig erklärt und Tomiak wechselte für sieben Millionen Euro zum FC Barcelona.


    These 3: Florian Dick wird Spieler des Monats

    Nach dem berauschenden 11:0 gegen Magdeburg am 12. Februar übernahm der FCK erstmals die Tabellenführung, musste dennoch die Verletzungen von Domi Schad, Jean Zimmer und Phillip Hercher verkraften. Die drei Außenbahnspieler fielen beim Feiern nach dem Spiel über Baris Atik und mussten mit dem Betze-Bus vom Mittelkreis abgeholt werden. Danach musste auf der rechten Seite eine Legende des deutschen Fußballs reaktiviert werden. Florian „Magic“ Dick. Ein Glück, dass der Abwehrspieler ohnehin nur aus Muskeln und Temperament besteht. Dick bekommt insgesamt zehn Einsätze und ein Abschiedsspiel gegen Türgücü München - und im Mai wird er sogar Spieler des Monats, knapp vorm Viererpack-Schützen Lucas Röser.


    These 4: Willi Orban beschert dem FCK einen Geldregen

    Im Pokal rausgeflogen, die Europa-League verpasst. Drei Trainer verschlissen. Die Saison 2021/22 lief nicht gut für RB Leipzig. Ein paar der Spieler - allen voran Willi Orban, wollten aber gerne in der Champions League spielen. Oder zumindest richtig viel Geld kassieren, weswegen der ungarische Abwehrhühne zum neureichen Club Newcastle United wechselte und dem FCK eine gehörige Summe einspielte. Denn bei einer Ablöse von 66 Millionen Pfund fließt einiges an Ausbildungsentschädigung in die Pfalz. Auch wenn es nicht ganz für den Rückkauf des Stadions reicht.


    These 5: Kein einziger Spieler des FCK schießt mehr als zehn Tore

    Daniel Hanslik kommt auf neun. Kenny Prince Redondo auf sieben. Mehr Tore sollte beim FCK in dieser Saison auch niemand schießen. Die Treffer in der Rückrunde verteilen sich auf viele Rücken. So trifft Marlon Ritter am Ende der Spielzeit sechs Mal das Tor. Felix Götze drei Mal. Jean Zimmer kommt auf vier Buden und René Klingenburg auf sechs. Selbst beim 11:0 gegen Magdeburg konnte sich kein einziger Schütze mehr als einmal auf dem Scorerboard verewigen. Der einzige Hattrick dieser Saison gelingt Lucas Röser, der beim 4:4 gegen Türkgücü München vier Mal für die Münchner trifft. Welches Trikot er an diesem Spieltag trug und ob er im Winter – wie 2021 – an die Münchner verliehen wurde, ist bis heute nicht geklärt.


    These 6: Felix Götze bleibt beim FCK

    Na was ist da denn los? Im Mai legt der FC Augsburg Felix Götze nahe, sich doch nach einem anderen Verein umzusehen. Nach den Verpflichtungen von N'Golo Kanté und Joshua Kimmich sei kein Bedarf für einen weiteren Mittelfeldspieler im breit mit Stars gespickten Kader der Augsburger für die Saison 22/23. Trotz der Möglichkeit mit dem HSV ein weiteres Jahr nicht in die Bundesliga aufzusteigen oder mit Hannover 96 den Neuanfang in Liga 3 zu starten, zieht es Götze erneut in seine neue Wahlheimat uff de Betzenberg. „Hannover, Hamburg? Alles nördlich von Frankfurt ist für mich Dänemark“, sagt der Mittelfeldspieler der Niedersächsischen Allgemeinen. Auch zu seinem Bruder nach Eindhoven zog es ihn nicht, denn wie jeder FCK-Fan weiß, raacht en echte Pälzer keen Hasch.


    Quelle: Treffpunkt Betze

    Diskussionsthema zum Artikel: Ein Taktik-Zeugnis für die Winterpause


    Ein Taktik-Zeugnis für die Winterpause

    Ein Sieg in Braunschweig wäre der krönende Abschluss einer starken Hinrunde gewesen. Unzufrieden muss der FCK dennoch nicht sein. Der Hunger auf mehr ist sichtlich erkennbar.


    In einem hart geführten und taktisch trotzdem sehr ansehnlichen Spiel trennen sich die Eintracht aus Braunschweig und der 1. FC Kaiserslautern beim Jahresabschluss 1:1 Unentschieden. Ein Spiel, das eigentlich torlos hätte ausgehen müssen. Der Blick auf die taktischen Anweisungen lohnt sich hierbei ganz besonders.

    Hoch spielen, flach gewinnen


    Die taktische Ausrichtung der Mannschaft von FCK-Cheftrainer Marco Antwerpen war von Beginn an klar zu erkennen. Frühes Anlaufen, gepaart mit schnellen Vorstößen nach Ballgewinn in der eigenen Hälfte. Dazu schnelle Konter nach Standard-Situationen der Braunschweiger und jede Menge Gegenpressing nach missglückten, aber durchaus einkalkulierten weiten Pässen. Soweit so offensiv. In der Defensive traten die Roten Teufel mit der gewohnten Dreier- bzw. Fünferkette an, die sich jedoch in diesem Spiel - ob geplant oder nicht - ein paar Mal selbst überraschte. So kippte Felix Götze regelmäßig ab, wodurch sich im Aufbauspiel eine Viererkette mit vier Innenverteidigern ergab. Jogis 2014er Weltmeister lassen grüßen. Zu Ende der ersten Halbzeit nahm in dieser Viererkette sogar Jean Zimmer die Rolle eines Rechtsverteidigers ein, was überraschenderweise dazu führte, dass sich Boris Tomiak plötzlich auf dem rechten Flügel wiederfand. Ein Tor entstand aus dieser Situation zwar nicht, verwirrte die Braunschweiger aber allemal.


    Beide Tore entstanden nach Fehlentscheidungen des Unparteiischen, der besonders in der ersten Hälfte der ersten Halbzeit eine sehr strenge Linie fuhr und den ein oder anderen Zweikampf vielleicht zu unrecht abpiff. So kam es zu Beginn der zweiten Halbzeit, als Jomaine Consbruch nach Abseitsposition von Pena Zauner zur Führung der Hausherren traf. Und nur sechs Minuten später nahm Kenny Prince Redondo einen Kontakt von Braunschweigs Phillip Strompf allzu dankend an. Ein Elfmeter aus der Kategorie: Kann man pfeifen, sollte man aber nicht. Verwandelt wurde dieser durch das neue Herzstück der Pfälzer Mannschaft. Marlon Ritter trat an und verwandelte seinen zweiten Elfmeter in dieser Saison per neumodischem „Hüpf-Anlauf“. Neumodisch ist dabei übrigens nicht im mindesten despektierlich gemeint. Der „eingebaute“ Hüpfer gibt dem Schützen die nötigen Millisekunden, um den Torhüter zu verladen. Es sieht meist nur eben etwas unbeholfen aus.


    Drei Innenverteidiger für ein Halleluja


    Ansonsten war der durch Marco Antwerpen zum "Motor der Roten Teufel" - beziehungsweise der taktischen Offensiv-Ausrichtung - auserkorene Ritter auch in diesem Spiel mal wieder einer der besten gewesen. Er war stets vom eigenen Sechzehnmeterraum bis zu dem des Gegners zu finden. Er hat Bälle selbst erobert und Konter sowohl eingeleitet als auch vollendet.


    Einzig die Defensivarbeit der Lautrer lässt sich in der Nachbetrachtung des Spiels kritisieren, schließlich hatten die Braunschweiger in der Mitte des Platzes oft sehr viel Raum zum Agieren. Und den bespielten sie auch immer dann, sobald sie das Pressing von Redondo und Hanslik überspielen konnten. Mit viel Tempo am Ball folgte daraufhin ein schneller Pass in die freie Mitte und ein Steilpass für Lion Lauberbach. Der hatte aufgrund seiner Schnelligkeit im Laufduell mit Kevin Kraus und Maximilian Hippe dann oft leichtes Spiel, konnte sich aus Sicht des FCK glücklicherweise aber nicht entscheidend durchsetzen. Ein Dank gilt an dieser Stelle wieder einmal Matheo Raab.


    In der zweiten Halbzeit wurde diese Lücke im Mittelfeld dann sichtlich besser geschlossen. Dies führte dazu, dass sich Braunschweigs Lauberbach teilweise sehr tief fallen lassen musste und so besonders Hippe etwas mehr Zeit zum durchatmen gab. Der Neuzugang aus Dortmund, der zuletzt Alex Winkler aus der Startelf verdrängte, dürfte sich besonders in den ersten 35 Minuten sehr beliebt gefühlt haben, als die Braunschweiger Offensivkräfte nur gegen den 23-jährigen pressten, während Kraus und Tomiak weitestgehend ohne Gegenwehr agieren konnten. Die Kräfteverhältnisse der Dreierkette waren für die Braunschweiger also klar. Profit schlagen konnte der BTSV daraus allerdings nicht, denn die Lautrer - beziehungsweise Hippe selbst - konnten damit relativ gut umgehen. Um sich zu befreien, schlugen die Pfälzer Gäste weite Bälle in die Spitze und setzten zum Gegenpressing mit vier Mann an. Je nachdem, ob der Ball auf die rechte oder linke Seite des Platzes kam, schalteten sich Hendrick Zuck und Jean Zimmer zusätzlich mit ein. Es mag nach einem verhältnismäßig einfachen und für die dritte Liga gängigen Schachzug klingen, erfordert jedoch körperliche Fitness und die Bereitschaft, zusätzliche Meter zu gehen.


    Gelungener Turnover


    Jean Zimmer, der in der bisherigen Hinrunde zwar über die richtige Einstellung und Körpersprache verfügt, spielerisch aber häufig die falschen Entscheidungen trifft, leistete sich besonders im Spielaufbau über die rechte Seite mehrere Ballverluste, die vermeidbar gewesen wären. Und dabei geht es nicht um simple Fehlpässe wie der von Mike Wunderlich, der letztendlich zum 1:0 für Braunschweig führte. Es geht vielmehr um Kabinettstückchen, unnötige Dribblings und schlechtes Zweikampfverhalten. Drei Dinge, die man entweder schlicht nicht tun sollte oder durch einen Pass in die eigene Abwehr umgehen kann. Es bleibt zu hoffen, dass der Kapitän der Roten Teufel die Winterpause nutzen kann, um sein Leistungsniveau anzugleichen. In der gegenwärtigen Verfassung muss er sich jedoch hinter Philipp Hercher anstellen.


    Generell darf der FCK in seiner aktuellen Form auf eine sehr zufriedenstellende Hinrunde blicken. Nach einem desolaten Saisonbeginn brauchen sich die Roten Teufel gegenwärtig vor keiner anderen Mannschaft zu verstecken - selbst ein Rückstand gegen den Tabellenzweiten wirft die Lautrer nicht aus dem Rennen. Die Mannschaft ist in der Lage Ausfälle dank des breiten und insgesamt gut funtionierenden Kaders hervorragend zu ersetzen. Sie punktet in Spielen, in denen sie sich in der vergangenen Saison gegen Ende eines Spiels häufig um ihren Ertrag brachte. Der 1. FC Kaiserslautern wird, sofern er sich über die Winterpause nicht verschlechtert, definitiv eine Rolle im Aufstiegsrennen spielen können. Und sollte es am Ende doch nicht für den Aufstieg reichen, so bleibt zumindest zu hoffen, dass sich der FCK über die Ligaplatzierung für den DFB-Pokal qualifiziert.


    Braunschweigs Trainer Michael Schiele sagte nach dem Spiel übrigens, er wäre "zufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft und es wäre fantastisch", nach der Hälfte der Saison unter den besten Sechs zu stehen. Und zu denen gehört im Übrigen auch der FCK mit einem sehr guten Torverhältnis und sichtbarem Hunger auf mehr. Zudem kann es in den entscheidenden Situationen sogar von Vorteil sein, als Verfolger zu agieren.


    Quelle: Treffpunkt Betze