ZitatKlare Kuntz-Visionen
Das große Ziel von Stefan Kuntz, dem Vorstands-Vorsitzenden des Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern, ist es, seinem Verein bis 2013 den Weg zurück in die Fußball-Bundesliga zu ebnen. Der Ex-Profi will den Verein modern führen, Tradition und Werte auf dem Weg dorthin aber bewahren.
ZitatAlles anzeigenINTERVIEW : Mit Stefan Kuntz, dem Vorstandsvorsitzenden des Fußball-Zweitliga-Tabellenführers 1. FC Kaiserslautern. Kuntz ist seit dem 8. April 2008 an der Vereinsspitze. Der einstige Nationalstürmer besitzt einen Vertrag bis 2013. Ziel des Fünf-Jahres-Planes ist die Rückkehr der Roten Teufel in die Erste Liga in diesem Zeitraum. Kuntz will einen modern geführten FCK, der sich seiner großen Tradition und Werte bewusst bleibt. Von Horst Konzok
Herr Kuntz, sind Sie enttäuscht, dass die Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern sich in Augsburg mit einer 1:4-Niederlage aus einer an sich grandiosen Hinrunde der Zweiten Liga verabschiedet hat?
Nein, gar nicht. Wie die Mannschaft in Augsburg zwischen der 70. und 90. Minute aufgetreten ist, als sie mit drei Großchancen von Erik Jendrisek, Srdjan Lakic und Adam Nemec das Spiel auch hätte drehen können, spricht für sie. Sie kam mit Hingabe zurück, nur die letzte Konsequenz im Abschluss hat gefehlt.
Unsere Saisonprognose nach dem neuerlichen Umbruch, späten Transfers und der langen Trainersuche lautete 40 plus X. Sind Sie überrascht, dass es bisher so gut gelaufen ist? Oder haben Sie wirklich damit gerechnet, dass der FCK an der Tabellenspitze mitredet?
Natürlich habe ich damit nicht gerechnet! Unser Ziel, das wir nach den ganzen Umständen der Trainersuche und -verpflichtung formuliert haben, war und ist, nach dem 30. Spieltag noch eine Chance zu haben, einen der ersten drei Plätze erreichen zu können. Dass wir in so großen Schritten in der Entwicklung der Mannschaft vorangekommen sind, das ist zuallererst ein Verdienst von Marco Kurz. Er hat es in ganz kurzer Zeit geschafft, der Mannschaft seine Handschrift zu verleihen. Dazu kommt eine gute Transferpolitik. Erfolg und auch ein bisschen Glück gepaart, haben der Mannschaft viel Selbstvertrauen gegeben. Die Mannschaft begeistert auch durch ihr Auftreten, durch ihre Charakterstärke. Dazu kommt auch die Arbeit, die unser Pressesprecher Christian Gruber mit seiner Abteilung leistet. Sie haben in dieser Saison bis jetzt knapp 100 Veranstaltungen mit Spielern oder der kompletten Mannschaft und unseren Fans organisiert. Die Identität ist wieder da! Einige Spieler sind auf dem Weg, zu Idolen zu werden! Wir haben wieder viele Spieler, mit denen sich unsere Fans identifizieren können.
Worauf führen Sie den Erfolg dieser Hinserie zurück?
Das Entscheidende ist der Start! Das Entscheidende in einer Saison ist immer, wie kommst du rein. Dann kamen die Fragen. Wie geht unsere Mannschaft mit der Euphorie nach dem guten Start um? Das hat die Mannschaft gut bewältigt. Dann kam die Frage, wie reagiert sie bei Misserfolg und einer negativen Entwicklung? Sie hat das gut verarbeitet und kam sofort auf den Erfolgsweg zurück. Dann die Frage, wie geht die Mannschaft mit Lob und Erfolg um? Stand heute kann man sagen, sie ist gut damit umgegangen, hat sich keinen Druck gemacht, immer nur das nächste Spiel gesehen. Nun aber könnte man sich Gedanken machen, Angst haben, man könnte etwas verlieren. Wir haben eine ausgezeichnete Ausgangsposition ... In den Medien wird die Mannschaft jetzt noch weiter nach vorne getrieben. Die Spieler müssen in der Rückrunde zeigen, dass sie damit zurechtkommen und auch nach dem 30. Spieltag noch da oben stehen ...
Werden Sie in der Winterpause außer den schon verpflichteten Pierre de Wit und Markus Steinhöfer noch einen neuen Spieler holen oder bleibt es bei dem Kader? Wird Marvin Pourie, der ja schon im Sommer kommen sollte, Schalke gehört, bei 1860 München auf dem Abstellgleis ist, noch einmal ein Thema?
Tendenziell waren, was die gestandenen Spieler angeht, die Transfers mit Pierre de Wit abgeschlossen. Dann hat sich die Chance ergeben, Markus Steinhöfer von Eintracht Frankfurt auszuleihen. Damit haben wir eine Alternative zu Ivo Ilicevic. Steinhöfer ist ein Mann, der in der letzten Saison in der Bundesliga drei Tore geschossen und zehn Tore vorbereitet hat. Nun kam er in Frankfurt nicht mehr wie gewünscht zum Zug. Er kostet uns keine Ablöse, wir müssen nur einen Teil seines Gehalts tragen. Andererseits haben wir mit den späten Sommereinkäufen von Georges Mandjeck, Adam Nemec und Rodnei vorgezogene Wintereinkäufe getätigt. Marvin Pourie hätten wir im Sommer als jungen Stürmer gerne dazu geholt, ihm bei der zweiten Mannschaft Praxis verschafft. Das kann, wenn sich Schalke bewegt, noch einmal ein Thema werden.
Was erwarten Sie von Pierre de Wit, der ja lange verletzt war?
Vom Potenzial her ist er eine absolute Verstärkung, wenn sein Knie hält. Wir haben hier aber ganz genau hingeschaut und seinen körperlichen Zustand geprüft.
Herr Kuntz, eine Stärke des neuen FCK war auch die Harmonie. Haben Sie nicht Angst, dass die verschärfte Konkurrenzsituation der Mannschaft die Harmonie rauben könnte?
Das ist die Überlegung, die ich mit dem Trainer-Team auch erörtert habe. Wir haben dann auch bei den Spielern reingehört. Dadurch, dass Georges Mandjeck zum Afrika-Cup geht, Bastian Schulz verletzt fehlt und wir bei beiden Neuen sehr viel Wert auf den Charakter gelegt haben, gibt es diese Befürchtung nicht.
Haben Sie die Frage mit den Kapitänen Amedick und Lakic erörtert?
Ja. Alexander Bugera und Florian Dick sind bei solchen Gesprächen dann oft auch dabei, Tobias Sippel auch.
Werden Sie im Umkehrschluss Spieler abgeben? Durch die beiden Neuen wird es ja für manch anderen nicht einfacher zu spielen?
Bei Nachfragen würden wir drüber reden.
Was wird aus Manuel Hornig, der wieder voll trainiert, und Sascha Kotysch, die so lange ausgefallen sind?
Die beiden suchen wieder den Anschluss. Da warten wir die weitere Leistungsentwicklung ab.
Der FCK ist mit einem Schnitt von 33.121 auch Primus in der Zuschauergunst. Wie sehen Sie Ihre Fans?
Ein Traum! Den Laden könnten wir eh zumachen, wenn wir unsere fantastischen Zuschauer nicht hätten. Gerade jetzt, wo sie merken, dass der Verein wieder auf sie zukommt, auf sie eingeht, hat sich eine einmalige Identifikation entwickelt.
Bleiben die Probleme: Stadion und Stadionmiete. Bleibt Ihr Ersuchen an die Stadt, die Stadionmiete weiter zu reduzieren. Schwierige Gespräche, oder?
Selten waren das so vernünftige und konstruktive Gespräche wie jetzt - auch mit den Gesprächspartnern mit unterschiedlichen Auffassungen. Auch die Stadt hat ihre wirtschaftlichen Probleme, die wir ja auch sehen und kennen. Die Gespräche werte ich extrem positiv, was nicht immer auch gleich zu einem entsprechenden Ergebnis führt. Auch die Stadt hätte es gerne, wenn der FCK wieder in der Bundesliga spielen würde. So gesehen sitzen wir alle in einem Boot.
Herr Kuntz, Sie haben mit Rodnei, Ilicevic, Mandjeck, Sam und Pavlovic fünf ausgeliehene Spieler im Kader. Bis auf Daniel Pavlovic sind alle Stammspieler. Nun kommt Steinhöfer ohne Kaufoption als sechste Leihgabe dazu. Wie gehen Sie mit diesen Personalien um?
Bei Rodnei werden wir die Option ziehen. Bei Pavlovic werden wir die sportliche Entwicklung noch ein wenig abwarten. Ilicevic wäre bei Aufstieg an uns gebunden. Bei Sidney Sam werden wir Anfang des Jahres mit dem Hamburger SV Kontakt aufnehmen, was auch im Sinne Sidneys ist. Ähnlich wird es im Fall Georges Mandjeck sein.
Wie bewerten Sie nach einem halben Jahr die Zusammenarbeit mit Trainer Marco Kurz?
Wir haben ja zum ersten Mal eine Philosophie entwickelt, eine Linie von oben nach unten erkennbar vorgegeben. Der Trainer und ich, wir beide sind die, die den Verein meist nach außen vertreten und repräsentieren. Mich überrascht, dass das alles so schnell zusammengewachsen ist. Der Trainer hat in der Mannschaft eine neue Spielauffassung durchgesetzt, ihr ein System gegeben und die Neuzugänge schnell integriert. Die Identifikation von Trainer und Fans ging schnell und problemlos. Das Trainer- und Betreuer-Team harmoniert. Da ist zum Beispiel Roger Lutz, der lieber weiter als Teammanager gearbeitet hätte. Marco Kurz, der ihn vom Trainer-Lehrgang her kannte, aber wollte ihn als Co-Trainer. Roger hat sich vorbildlich in den Dienst des Vereins gestellt, sich und seine Interessen zurückgestellt und arbeitet nun als Co-Trainer engagiert für unseren Erfolg. Roger Lutz bleibt unser Teammanager, seine Aufgaben nimmt jetzt als Teambetreuer Marco Haber wahr. Kuntz, plus Haber, plus Lutz, plus Ehrmann, plus Oliver Schäfer als Fitnesstrainer und Frank Lelle als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums, alles Leute, die den FCK wirklich im Herzen tragen, schaffen natürlich auch ein Stück Identifikation. Der Trainer hat die gleiche Sichtweise und trägt zur Stabilität bei.
Sie sind seit knapp zwei Jahren Vorstandsvorsitzender des 1. FC Kaiserslautern. Eine bewegende Zeit, eine erfolgreiche Zeit. Wo liegt für Sie der Reiz Ihres Wirkens?
Ich habe klare Vorstellungen, ich habe klare Visionen, wie man heute einen Profi-Verein führen muss. Und wie man individuell den FCK führen muss. Da ich selbst hier gespielt habe, habe ich vieles davon verinnerlicht. Ich habe im Stadion von Aston Villa die Aufschrift gelesen: be prepared. Ich möchte, dass der FCK künftig auf alle Situationen vorbereitet ist.