ZitatAlles anzeigenAuch die FCK-Fans im Tief - Stefan Kuntz betreibt Schadensbegrenzung beim Skandal
Der 1. FC Kaiserslautern setzt zu Hause auch auf die Kraft und die Stimme des zwölften Mannes. Beim 0:2 (0:1) gegen den 1. FC Nürnberg sah der zwölfte Mann aber lange keine Elf. Und die Mannschaft hörte im mit 49.780 Zuschauern ausverkauften Haus meist mehr vom „Club”-Anhang als von den eigenen Fans.
Die Männer in Rot hatten viele Schwachpunkte und in Stiven Rivic einen totalen Ausfall. Spielen einige wenige Unverbesserliche auf den Rängen weiter verrückt, wird die Elf von Trainer Kurz bald einmal ohne den zwölften Mann spielen müssen.
Tolle Chance vermasselt: Srdjan Lakic. Rechts Nürnbergs Torhüter Raphael Schäfer.
Die 69. Minute lief. Der FCK war nach der Mobilisierung des ,,unvergleichlichen Jimmy Hoffer” (O-Ton Stadionsprecher Horst Schömbs) schrittweise ins Spiel gekommen. Mehmet Ekici spielte beim sechsten Eckball auf Zeit, plötzlich flogen Gegenstände. Zwar wurde der Nürnberger nicht getroffen, der Skandal aber war perfekt. FCK-Chef Stefan Kuntz war schnell am Tatort, schlichtete, betrieb Schadensbegrenzung. Die Quittung wird das DFB-Sportgericht ausstellen. Die Werfer - bislang sind ein 18-Jähriger und ein 22-Jähriger aus dem Rhein-Pfalz-Kreis und aus dem Landkreis Alzey-Worms ermittelt - dürfen mit Regressforderungen und Stadionverboten rechnen.
„Ich habe Ekici zunächst rausgeholt, damit er nicht getroffen wird, und bin dann zur Mitte, um Ruhe reinzubringen. Dann kam auch gleich Stefan Kuntz und hat gefragt, was kann man tun? Er hat deeskalierend gewirkt, danach war ja auch gleich Ruhe. Von Spielabbruch konnte nie die Rede sein”, sagte Guido Winkmann. Der Schiedsrichter aus Kerken betonte: „Ich kann aber natürlich nicht die Augen verschließen: Da waren gefüllte Bierbecher und Feuerzeuge. Wenn die von hoch oben auf der Tribüne kommen, sind das Geschosse. Irgendwann trifft es wieder einen.”
Die auch stimmlich schwache Leistung der FCK-Fans passte zum Rumpelfußball, den ihre Mannschaft am Samstag über weite Strecken bot. „Momentan tun wir uns auswärts anscheinend leichter", meinte der leichtfertig spielende, indisponierte Innenverteidiger Mathias Abel nach seiner schwächsten Saisonleistung. „Auswärts müssen wir nicht das Spiel machen. Und das kommt uns zurzeit entgegen”, erklärte er. „Es ist ärgerlich, dass wir so eine Chance liegen gelassen haben, drei wichtige Punkte zu holen. Aber wir wissen, dass wir bis zum Schluss kämpfen müssen”, sagte Florian Dick, der beim 0:1 Christian Eiglers versäumte zu löschen, was Jan Moravek gegen Flankengeber Timothy Chandler hatte anbrennen lassen. Die Niederlage trübte Dicks Freude über den neuen Drei-Jahres-Vertrag.
Nach der Auswärtspartie am Samstag beim FC Schalke 04 kommt der FC St. Pauli am Freitag, 29. April, zum Flutlichtspiel auf den Betzenberg. „Da geht es wieder um die Big Points”, sagte Abel, „solche Nervenspiele haben wir zuletzt immer gewonnen.” Nach 30 von 34 Spieltagen schwebt der FCK weiter akut in Abstiegsgefahr - trotz der fünf Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz 16. „Die Nürnberger hatten das bessere Format”, gestand Trainer Marco Kurz. „Das war kein gutes Spiel von uns”, räumte auch FCK-Mittelfeldspieler Christian Tiffert, am Samstag weit unter Form, ein: „Wir waren nicht im Spiel, ich auch nicht. Aber das ist eben Sport. Letzte Woche in Stuttgart war es am Ende ein Sahnetag, jetzt war das zu wenig von uns. Nächste Woche geht's weiter.”
Tiffert hatte im ersten Abschnitt im Zentrum in Almog Cohen einen aggressiven und viel Betrieb machenden Gegenspieler. Nach der Umstellung auf 4-4-2 war Tiffert dann in der zweiten Hälfte auf der rechten Außenbahn weit weg vom Spiel. „Das ist nicht meine Position”, meinte der 29-Jährige, „aber wir haben umgestellt, was soll man da machen?” Frust, Ratlosigkeit - die Gefahr ist groß.
Aufregung auf dem Betzenberg. Zu einer mehrminütigen Spielunterbrechung kam es am Samstag in der Partie der Ersten Fußball-Bundesliga zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem 1. FC Nürnberg (0:2). Bierbecher und Feuerzeuge wurden von der Westtribüne auf das Spielfeld geworfen. Der Nürnberger Mehmet Ekici wurde so daran gehindert, einen Eckstoß zu treten. FCK-Vorstandsvorsitzender Stefan Kuntz (rechts) eilte auf das Spielfeld, besprach mit Schiedrichter Guido Winkmann (Mitte) die Lage. Kuntz sorgte schließlich dafür, dass Ekici den Eckball ungestört ausführen konnte, indem er sich sozusagen als Wächter vor die Westtribüne postierte. Die Polizei konnte von zwei mutmaßlichen Becherwerfern die Personalien feststellen. Die beiden Männer - 18 und 22 Jahre alt - stammen aus dem Rhein-Pfalz-Kreis und dem Landkreis Alzey-Worms. Auf sie kommen voraussichtlich straf- und zivilrechtliche Konsequenzen zu. - Ein Zug mit Rostocker Fans wurde am Samstag im Bahnhof in Landstuhl kurzfristig zurückgehalten, um ein Zusammentreffen mit Lauterern im Hauptbahnhof in Kaiserslautern zu verhindern. Die Fans von Hansa Rostock waren auf der Rückfahrt vom Spiel der Dritten Liga beim 1. FC Saarbrücken, das die Saarländer 3:0 für sich entschieden.
GAST-KOMMENTAR
Ruhe und klarer Kurs dank Stefan Kuntz
Ich habe den FCK zuletzt zweimal auswärts gewinnen sehen - da hat mir die Mannschaft besser gefallen. Am Samstag gegen Nürnberg war sie - vor allem in der ersten Halbzeit - viel zu ängstlich. Wenn Tiffert nicht ins Spiel kommt, wie gegen den „Club”, dann geht wenig.
Der FCK hat Nürnberg spielen lassen. Das ist eine junge, eingespielte Mannschaft, sie hat positiven Druck und geht damit sehr gut um. Der FCK ist nicht nachgerückt, hat den „Club” nicht in Zweikämpfe verwickelt, die sie dort gar nicht mögen. In der zweiten Halbzeit war das im Ansatz besser - aber nicht mit dem Druck, den ich dann eigentlich erwartet habe. Das war wohl die Angst vor der eigenen Courage.
Nürnberg hat jetzt gute Aussichten, wirklich international zu spielen. Der FCK hat es versäumt, sich weiter Luft im Kampf gegen den Abstieg zu verschaffen. Aber ich bin überzeugt, dass diese Mannschaft nicht absteigt! Der große Vorteil ist, dass Stefan Kuntz für Ruhe sorgt. Mir hat sein klares Bekenntnis zu Marco Kurz gefallen, der als Trainer gute Arbeit leistet. Auch als es nicht lief, einige Spiele hintereinander verloren wurden, ließ Stefan erst gar keine Trainerdiskussion aufkommen.
Die Mannschaft ist in Takt - auch mit der schwierigen Situation durch Lakics feststehenden Abgang nach Wolfsburg gehen Vorstand, Mannschaft und Trainer sehr gut um.
Mein Herz hängt nach wie vor am FCK - es ist und bleibt mein Verein. Ich war - leider - zur falschen Zeit Trainer beim richtigen Verein! Ein Mann wie Stefan, ein Mann vom Fach, hat mir gefehlt. Jäggi hat das sinkende Schiff verlassen. Die, die mich dann entlassen haben, hatten keine Ahnung vom Fußball! Erwin Göbel nicht, der damalige Aufsichtsratschef nicht. Sie wollten nur die jungen Spieler sehen. Das war zu früh. Man sieht ja heute, wo sie sind, die Halfars, Schönheims, Reinerts ...
Der Autor
Wolfgang Wolf (53), Groß- und Außenhandels-Kaufmann, stammt aus Tiefenthal bei Grünstadt. 308 Bundesligaspiele für den 1. FC Kaiserslautern und die Stuttgarter Kickers, zuletzt Trainer bei Kickers Offenbach. Als Trainer zuvor tätig bei Stuttgarter Kickers, VfL Wolfsburg, 1. FC Nürnberg und von 24. November 2005 bis 11. April 2007 beim FCK. Lebt mit seiner Frau in Bad Dürkheim. Zwei Kinder.
Quelle: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Ludwigshafener Rundschau