ZitatAlles anzeigen„Der Verein hat mehr verdient“
Der erste Teil des Saisonabschluss-Interviews mit Florian Dick. Der FCK-Verteidiger über das Gefühl Absteiger zu sein, den Gründen für das schlechte Abschneiden, den Umgang mit der Kritik und die "Dick, Dick, Dick"-Rufe aus der Kurve.
Flo, Du bist das erste Mal in Deiner Karriere abgestiegen. Wie fühlt sich das an?
Sch…! Auch wenn es jetzt seit einigen Wochen klar ist, dass wir absteigen, so ist es immer noch ein schlimmes Gefühl. Gerade wenn man dann in dieses wunderschöne Stadion blickt (das Interview findet in der VIP-Ebene 1900 mit Blick ins Stadion statt). Dieses Stadion, der Verein und die Fans, die hätten mehr verdient als die 2.Liga.
Der 1. FC Kaiserslautern hat die schlechteste Saison aller Zeiten gespielt. Wie konnte das passieren?
Da sind viele Dinge zusammengekommen. In erster Linie sind wir Spieler auf dem Platz für den Erfolg zuständig. Nur wir können die Punkte holen. Bei uns hat es einfach nicht gepasst, es hat nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. Vor allem nach der Winterpause. Durch die Niederlagenserie ist dann auch noch das Selbstvertrauen immer weiter gesunken. Ich denke, es wurden überall viele Fehler gemacht. Alle müssen sich hinterfragen, aber in erster Linie sind wir als Mannschaft auf dem Platz dafür verantwortlich.
Begegnete der FCK in der Hinrunde den meisten Gegnern noch auf Augenhöhe und hat die Punkte leichtfertig verschenkt, konnte man dies in der Rückrunde nicht bestätigen. Wie ist das aus Deiner Sicht zu erklären?
In der Vorrunde haben wir zwar die Punkte und die Tore nicht gemacht, hatten aber stets Möglichkeiten. Wir waren in vielen Spielen nicht nur gleichwertig, sondern sogar besser und hätten mit vier bis fünf Punkten mehr in die Winterpause gehen müssen. Dann hatten die Abgänge und Zugänge im Winter leider nicht den gewünschten Effekt. Es folgte die Negativserie und wir sind in eine Art Spirale geraten, aus der wir nicht mehr rausgekommen sind. Wenn viele Kleinigkeiten zusammenkommen, dann kann das manchmal große Auswirkungen haben.
Zum Ende der Rückrunde gab es eine sehr lange Niederlagenserie. Hat sich die Mannschaft irgendwann aufgegeben?
Nein, aufgegeben glaube ich nicht. Aber es hat schon sehr stark am Selbstvertrauen eines jeden genagt. Und es war nicht einfach, die Moral in der Truppe hochzuhalten, wenn man Woche für Woche auf die Fresse bekommt. Wir haben natürlich alles versucht, gerade auch die etwas älteren und erfahrenen Spieler. Eventuell hätten wir aber doch noch anders damit umgehen müssen, hätten noch mehr vorneweggehen und noch mehr reden müssen. Aber im Nachhinein ist man immer schlauer.
Die Mannschaft musste während der gesamten Saison enorm viel Kritik einstecken. Wie ist man innerhalb des Teams damit umgegangen?
Das war für den ein oder anderen schon eine neue Situation. Ich selbst bin jetzt im vierten Jahr hier und die ersten drei Jahre ging es nur aufwärts. Die Kritik war größtenteils ja auch gerechtfertigt. Ob wir intern anders damit hätten umgehen und noch mehr ansprechen müssen, lässt sich jetzt nicht mehr sagen. Ich persönlich bin nicht der Typ, der, wenn es schlecht läuft, die anderen kritisiert. Ich schaue dann auf mich und meine Fehler. Keiner wollte die Schuld beim anderen suchen, jeder hat versucht dem anderen zu helfen und jeder hatte auch mit sich selbst zu kämpfen.
Von den Fans wurde vor allem mehr Einsatz und Leidenschaft gefordert, so beispielsweise bei der Aussprache nach der Derbyniederlage in Mainz. Reichen diese Tugenden überhaupt für den Klassenerhalt?
Ich denke ja. Wenn jeder diese Tugenden zu 100 Prozent an den Tag legt, dann kann man damit einiges erreichen. Es sollten ja eigentlich die Grundtugenden sein, die völlig unabhängig sind von der individuellen Klasse eines jeden Spielers. Da ja auch der FCK an sich für genau diese Tugenden steht, und wir diese haben teilweise vermissen lassen, kann ich auch verstehen, dass die Fans sauer waren. Beispielsweise nach dem Spiel in Mainz.
Du persönlich bist durch Deine kämpferische Spielweise oftmals von der Kritik verschont geblieben und zum Publikumsliebling avanciert. Hast Du das auch so wahr genommen?
Ich hab das schon wahrgenommen und ich freue mich natürlich auch darüber. Ich habe immer versucht, durch Leistung zu überzeugen und die oben genannten Tugenden auf den Platz zu bringen. Letztlich steht allerdings der Abstieg für uns als Mannschaft und auch für mich und das tut um einiges mehr weh als die Freude darüber.
Ganz ehrlich: Was bedeuten Dir die „Dick, Dick, Dick“-Rufe aus der Kurve?
(lacht) Als ich zum FCK gekommen bin, war es ein Ziel von mir, das zu erreichen. Ich wusste, dass man hier für sowas hart arbeiten muss. Aber das war ein Traum von mir. Und wenn ich im Spiel eine Grätsche mache und diese Rufe kommen, das ist schon geil, das muss ich zugeben.
"Ein Höhepunkt, den man nicht genießen konnte"
Im zweiten Teil des Saisonabschluss-Interviews mit Florian Dick spricht der FCK-Verteidiger über die Fans der Roten Teufel, die negativen und positiven Höhepunkte der vergangenen Spielzeit, die Aufarbeitung der Fehler und erklärt, warum der FCK für ihn der englischste Verein in Deutschland ist.
Du hast in einem Interview mal gesagt, der FCK wäre der „englischste“ Verein in Deutschland. Was genau hast Du damit gemeint?
Zum einen die Atmosphäre hier im Stadion, zum anderen die Einstellung zum Fußball. Hier geht es nicht nur um Schönspielerei, hier wird der ehrliche Kampf genauso honoriert. Das erinnert mich an England, auch dort gibt es für eine Grätsche den selben Applaus wie für einen Hackentrick. Die Leute wollen Spieler sehen, die ehrliche Arbeit abliefern. Das macht den FCK für mich zu einem besonderen Verein. Und ich denke, daher passe ich auch ganz gut zum FCK.
Die Fans haben die Mannschaft stets lautstark und zahlreich unterstützt. Vor allem auswärts sind viele Anhänger mitgereist. Bei Heimspielen gab es jedoch auch Pfiffe und Kritik von den Tribünen. Wie ist Deine Meinung dazu?
Die Fans hier haben schon ein gutes Gespür, wann die Mannschaft Aufmunterung und Unterstützung braucht und wann sie mal einen auf den Deckel benötigt. Es waren vielleicht ein bis zwei Spiele dabei, in denen ich die Pfiffe des Publikums als zu früh empfand, wo teilweise schon nach zehn Minuten beim Stand von 0:0 bei einem Rückpass die ersten Pfiffe kamen. Das merkt die Mannschaft schon und das stärkt ja auch nicht gerade unser Selbstvertrauen.
In einer Saison mit vielen Negativerlebnissen – was war Dein persönlicher Tiefpunkt?
Die komplette Rückrunde war eigentlich ein Tiefpunkt. Bezeichnend am Ende, dass wir mit dem einzigen Lichtblick, dem Sieg in Berlin, dann abgestiegen sind. Natürlich muss man auch das Spiel in Mainz und die ganze Woche rund um das Spiel nennen, das war schon heftig. Das war eine Situation, die viele von uns so noch nicht kannten. Aber auch dem muss man sich stellen. Normalerweise muss man dann gestärkt daraus hervorgehen, muss durch ein Tal gehen, damit es wieder aufwärts geht, aber das haben wir leider nicht geschafft.
Auch wenn es schwer fällt, gab es für Dich auch positive Momente?
Ja schon. Ich denke, in der Vorrunde gab es viele positive Momente. Auch wenn wir am Ende nicht so viele Punkte hatten, aber wir haben in nahezu jedem Spiel unsere Bundesligatauglichkeit bewiesen. Das war in der Rückrunde nicht mehr der Fall. Und letztlich war es auch ein Jahr in der Bundesliga, dort, wo wir wieder hinwollen. Und ich habe alle Spiele gemacht. Bis auf meine zwei Gelbsperren. (lacht) Das ist für einen Fußballer dann auch schon ein Höhepunkt. Den man aber natürlich nicht genießen kann, wenn es so schlecht läuft.
Es gibt viele Sprichwörter wie „Aus Fehlern wird man klug“ oder „Aus Niederlagen lernt man“. Welche Lehren muss man aus dieser Saison ziehen?
Einige, denke ich. Für uns als Team und für den Verein. Aber dafür gab es ja auch die außerordentliche Mitgliederversammlung. Jetzt gilt es, den Verein und die Mannschaft so aufzustellen, dass wir in der nächsten Saison den Wiederaufstieg erreichen. Das wird sicherlich nicht einfach, der Druck wird höher. Und er wird noch höher werden, wenn der Saisonstart misslingt. Jetzt muss man die richtigen Entscheidungen treffen.
Der FCK muss in der kommenden Saison in der Zweiten Liga antreten. Was wirst Du aus der Bundesliga am meisten vermissen?
Die ganze Atmosphäre und das drumherum. Es ist schon ein gewaltiger Unterschied zwischen der Ersten und Zweiten Liga. Die Stadien, die Stimmung, die Zuschauerzahlen, die Aufmerksamkeit, die Medien, die Gegner. Ich möchte die Zweite Liga nicht schlechtreden, aber die Erste Liga ist schon was ganz anderes. Zudem fehlt es natürlich, sich mit den ganz großen Mannschaften zu messen. Natürlich spiele ich lieber vor 80.000 in Dortmund als vor 8.000 bei einem der kleineren Zweitligisten.
Wo und wie verbringt Florian Dick die Sommerpause?
Ich werde auf jeden Fall in den Süden fliegen, irgendwo ans Meer. Ich brauche jetzt erst mal Entspannung, für den Körper und für den Kopf. Zudem werde ich Zeit mit der Familie verbringen. Einfach mal abschalten ist jetzt ganz wichtig.
Flo, vielen Dank für das Gespräch und die offenen Worte!
Quelle: 1. FCK