ZitatAlles anzeigenHeute im Top-Spiel beim Zweitliga-Zweiten Eintracht Braunschweig – Torrejón kann spielen – Lieberknechts Fragezeichen
Der Druck wächst. Der 1. FC Köln hat am Samstag mit 40 Punkten mit dem Zweitliga-Dritten 1. FC Kaiserslautern gleichgezogen. Energie Cottbus folgt mit 38 Zählern, dahinter lauern FSV Frankfurt und 1860 München mit 37 Punkten. Platz drei im Bundesliga-Unterhaus ist heiß umkämpft. Und der FCK ist heute (20.15 Uhr) im Schlager beim Tabellenzweiten Eintracht Braunschweig keineswegs der Favorit !
„Mit einem gewissen Druck muss man im Sport leben. Für die jungen Spieler ist das ein Lernprozess“, sagt FCK-Trainer Franco Foda. „Es ist alles sehr eng, umkämpft, alle wollen hoch. Das wird spannend und ist doch auch gut so“, reflektiert der Lauterer Coach das Tabellenbild.Gestern beim Abschlusstraining war auch Marc Torrejón wieder zu Gange, der in der Abwehrzentrale mit Dominique Heintz meist sehr gut harmoniert. In ihrem Arbeitskreis gilt es vor allem, Domi Kumbela auszuschalten. 14 Tore hat der Ex-Lauterer auf dem Konto. Er ist sehr kopfballstark, obwohl nur 1,73 Meter groß.
Gestern Mittag ist die FCK-Reisegesellschaft ab Frankfurt nach Hannover geflogen, mit dem Bus ging’s dann ins verschneite Braunschweig. „Viel Schnee und eiskalte Temperaturen“ meldete Torsten Lieberknecht, der Coach der Eintracht. Er setzt zwei „große Fragezeichen hinter die Einsätze von Bicakcic und Reichel“. „Ging zu heiß her im Abschlussspiel“, erklärte Lieberknecht, der heute Abend aber wieder auf Marcel Correia und den lange verletzten Matthias Henn zurückgreifen kann.
Nach zwei Niederlagen in Folge will die Braunschweiger Eintracht den komfortablen Vorsprung auf den FCK und den 1. FC Köln auf den Plätzen drei und vier möglichst auf 14 Punkte schrauben.
Beide Trainer taktieren. Lieberknecht setzt – vor allem in seinem Mittelfeld – gerne auf Rotation. Beim FCK ist auch immer eine Systemumstellung möglich, eine Rückkehr zum 4-2-3-1 denkbar. Dass er links auf der Außenbahn erfolgreicher und wirkungsvoller als auf seiner Wunschrolle in der Spitze war, nennt Albert Bunjaku, der Kapitän, Zufall.
Allerdings wartete Ariel Borysiuk, der seinen Stammplatz an Markus Karl verlor, nicht nur nach seiner Einwechslung gegen Bochum, sondern auch in der Trainingswoche mit auffallend guten Leistungen auf. Der junge Pole fackelt nicht lange, er schießt auch aus der zweiten Reihe. „Alle haben sich engagiert, gut trainiert. Jeder will spielen – und das ist auch gut so“, sagte Franco Foda gestern nach dem Training.
Spielen wird Chris Löwe, der in der Winterpause aus Dortmund gekommene Linksverteidiger. Er hatte eineinhalb Jahre kaum gespielt, steigerte sich aber von Einsatz zu Einsatz und gefällt mit Ehrgeiz, Schnelligkeit und Mut. Die Integrationsphase läuft. „Man muss sehen, dass ich in jedem Spiel einen anderen Vordermann hatte, erst Mimoun Azaougah und Drazan, dann Alexander Baumjohann und dann Kostas Fortounis.“
Die Devise heute könne nur Sieg heißen, sagt Löwe, der Respekt vor der Eintracht zeigt: „Sie haben mit Torsten Lieberknecht einen außergewöhnlich guten Trainer, der versteht, alle mit ins Boot zu nehmen.“
So spielen sie
Eintracht Braunschweig: Davari - Bohl, Bicakcic (Correia), Dogan, Reichel - Kratz, Theuerkauf - Elabdellaoui, Boland, Petersch - Kumbela
Es fehlen: Kruppke (Knieverletzung), Kluft (Kniescheibenblessur)
1. FC Kaiserslautern: Sippel - Dick, Torrejón, Heintz, Löwe - Borysiuk, Karl - Fortounis, Köhler, Bunjaku - Idrissou – Ersatz: Hohs, Bugera, Riedel, Orban, Simunek, Weiser, Derstroff, Drazan, Hoffer
Es fehlen: Alushi, Amri, Zellner (alle Reha), Baumjohann (Rot-Sperre), De Wit (Trainingsrückstand)
Schiedsrichter: Fritz (Korb)
Hinrunde: 1:1.
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NILS BERICHTET
Der Meister von 1967 hat einen Meisterspieler von 1998
Eintracht Braunschweig steht in der Zweiten Fußball-Bundesliga auf einem direkten Aufstiegsplatz. 28 Jahre nach dem Abstieg aus dem Oberhaus steht der deutsche Meister von 1967 vor dem Wiederaufstieg. Ein echter deutscher Meister hat eine Aktie am Erfolg: Jürgen Rische.
Der heute 42-Jährige ist Athletik- und Fitnesstrainer der Eintracht und stellt die Videoanalysen für Cheftrainer Torsten Lieberknecht zusammen. Rische gehörte 1998 zur Meistermannschaft des 1. FC Kaiserslautern. Seine Karriere hat der Sachse aus Leipzig nach der Zwischenstation beim VfL Wolfsburg in Braunschweig beendet.
Im Kader von Torsten Lieberknecht, der aus Haßloch stammt, sind eine Reihe von Spielern, die ihre Wurzeln in der Rheinland-Pfalz haben: Marcel Correia (23) ist in Kaiserslautern geboren, kam 2011 vom FCK II. Matthias Henn (27), in Birkenfeld geboren, kam schon 2007 vom FCK II. Der Ex-Lauterer Steffen Bohl (29), geboren in Bad Dürkheim, kam 2011 vom SV Wehen Wiesbaden. Benjamin Kessel (25) ist in Bad Kreuznach geboren und kam 2008 von Mainz 05 II.
Die 2011 von TuS Mechtersheim geholten Korte-Zwillinge Raffael und Gianluca (22) erblickten in Speyer das Licht der Welt. Domi Kumbela (28 ), in Kinshasa /Kongo geboren, in Rodalben und Pirmasens groß geworden, beim FCK ausgebildet, kam 2010 aus Ahlen zum zweiten Mal nach Braunschweig. Dort heuerte Pierre Merkel (23) 2011 an. Er spielte zuvor beim SC Idar-Oberstein, ist in Bad Kreuznach geboren. Aus Oberhausen kam 2009 der in Bitburg geborene Oliver Petersch (23).
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Betze-Geflüster
Wellness auf Pfälzisch
Die Löwen scheinen die Roten Teufel ernst zu nehmen. Sie haben sich zurückgezogen – ins Trainingslager –, um sich ganz besonders auf die Begegnung heute in Braunschweig vorzubereiten. Dabei könnten sie sich zurücklehnen und auf dem Punktepolster ausruhen. Elf Zähler mehr sind da drin als beim FCK. Doch sie halten nichts von Schlafen und wollen angreifen.
Wesendorf heißt das Zauberwort, das in Braunschweig ins Spiel kommt, wenn’s um was geht. Und alle, die schon mal dort waren, wissen, was das heißt. Es geht ins Sport- und Wellnesshotel la Vital in der Lüneburger Heide mit bundesligatauglichem Fußballplatz draußen und einem Hallenplatz drin. Die Entscheidung, dass es da hingeht, fiel angeblich ganz spontan, und die Mannschaft war gleich begeistert. Teambuilding stand auf dem Programm. Tischtennisspielen, aber natürlich auch Fußball.
Was halten die Pfälzer davon? Tobi Sippel schüttelt nur den Kopf. Er erinnert sich an damals, „als der FCK fast in die Dritte Liga abgerutscht wäre. Da sind wir auch ins Trainingslager. Ich habe keine so gute Erinnerung daran.“ Der FCK-Keeper hat lieber Spaß auf dem Rasen am oder im Fritz-Walter-Stadion. Und davon gibt’s im Moment jede Menge, wie ein Besuch beim Training der Roten Teufel zeigt: Die Bälle liegen wie Ostereier im Gras.
Heute ist die Häschenübung dran: über die Stangen hüpfen. Die Stangen hängen auf Kniehöhe. Fitnesscoach Oli Schäfer gibt die Kommandos und erhöht den Schwierigkeitsgrad: Stange auf Höhe des Hinterteils. Pierre De Wit reißt und erntet ein „öh“. Und auch Mo Idrissou bleibt mit einem Bein hängen, springt dann über die nächste Stange und jubelt, als hätte er den Hürdenlauf bei den Olympischen Spielen gewonnen.
Spannung halten, Liegestütz, Dehnen im Gras. Slalom laufen im Stangenwald, nach vorne weg, das Rohr kurz berühren und einen Bogen laufen. Dann Sprints, alt gegen jung. Oli Schäfer steht wie ein Drehkreuz da und lässt sich abklatschen. „Komm, komm, komm“, feuert er die Jungs an.
Oben auf dem Platz knallt es: Steven Zellner steht vor dem Tor mit Blick auf Trainingsplatz vier und bearbeitet eine Bierbank mit dem Ball. Es wird Frühling – hoffentlich. Pierre De Wit schießt aus allen Lagen, Idrissou trifft, und Albert Bunjaku donnert die Kugel aus 20 Metern in den Winkel.
Die Vögel pfeifen, die Sonne strahlt, der Ball schnaubt gequält. Er hat wieder einen Pressschlag abbekommen. Trainingslager mit Wellness auf Pfälzisch nach dem Motto drei Punkte statt vier Sterne.
DIE RHEINPFALZ
Ludwigshafener Rundschau