ZitatAlles anzeigenFür den sportlich und finanziell lange kriselnden Fußball-Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern häufen sich die positiven Nachrichten. Der Vorstandsvorsitzende Stefan Kuntz geht daher mit einem guten Gefühl in die Jahreshauptversammlung am nächsten Sonntag.
Herr Kuntz, mit welchen Erwartungen gehen Sie am 23. November in die Jahreshauptversammlung des 1. FC Kaiserslautern? Der Verein lässt ja extra ein großes Zelt aufbauen, Sie rechnen mit starkem Zuspruch am nächsten Sonntag?
Durch die Aufsichtsratswahl werden bei dieser Jahreshauptversammlung die Weichen für die Zukunft des FCK gestellt. Deshalb rechnen wir mit einem großen Interesse. Das neue Wahlrecht erlaubt die Abstimmung schon ab 16 Jahren. Dadurch haben wir potenziell 300 bis 400 Wahlberechtigte mehr, und wir wollen, dass alle Mitglieder die gleichen Voraussetzungen haben, die Jahreshauptversammlung zu verfolgen. Da könnte die Halle der Nordtribüne zu eng werden, deshalb das Zelt.
Was ist nächsten Sonntag inhaltlich zu erwarten?
Die angesprochene Wahl, die Berichte von Aufsichtsrat und Vorstand, detaillierte Erläuterungen zum EU-Schreiben aus Brüssel und Themen der Rechtsform möchten wir mit unseren Mitgliedern ebenso besprechen wie die Risiken und Chancen des Pachtmodells. Mit der Bestätigung des Pachtmodells durch die EU haben wir zum ersten Mal seit dem Verkauf des Stadions einen modifizierten Mietvertrag für Erste und Zweite Liga, der uns Planungssicherheit gibt. Wir haben nicht mehr immer das Damoklesschwert über uns, aufsteigen zu müssen. Das tut auch unseren Mitarbeitern gut und allen, die sich Sorgen um den 1. FC Kaiserslautern machen. Der EU-Entscheid gibt uns die Möglichkeit zum Grundstücksrückkauf am Fröhnerhof. Damit können wir wieder Anlagevermögen schaffen.
Die anderen Schwerpunkte?
Wir haben es im Nachwuchsleistungszentrum von null auf drei Sterne geschafft und werden durch die Fananleihe dort jetzt auch wie geplant den Ausbau und Umbau angehen. Wir haben den Philosophiewechsel hin zu mehr jungen, hungrigen Spielern gut hingekriegt und so eine neue Identifikation mit der Mannschaft geschaffen. Und wir haben jetzt fünf Spieler, die in die deutsche U21 berufen wurden. Wir werden das Geschäftsjahr auch mit einem kleinen Plus abschließen. Wenn man sieht, wo wir 2008 gestartet sind, ist das ein tolles Ergebnis professioneller Arbeit in vielen Bereichen.
Der neue Stadionvertrag, für den die EU-Kommission jetzt grünes Licht gegeben hat, ist ein Baustein des Zukunftskonzepts. Wie ist der Stand der Zahlungen für die Stadionmiete?
In den letzten zwei Jahren haben wir für das WM-Stadion trotz Zweiter Liga die 3,2 Millionen Euro pro Saison gezahlt. Nach dem Ja aus Brüssel gilt für die laufende Runde 14/15 der neue marktkonforme Vertrag mit 2,4 Millionen Euro pro Zweitliga-Saison. Dazu kommen erfolgsabhängige Zusatzzahlungen, zum Beispiel auch schon für das DFB-Pokal-Achtelfinale.
Wann beginnt im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) der Ausbau? Wann rollen die Bagger an?
Die Verträge für die Pacht des Stadions und für den Rückkauf des Nachwuchsleistungszentrums liegen jetzt zur Unterschrift bei der Stadt. Wenn es gut läuft, beginnen Ende 2015 die ersten Baumaßnahmen.
Eine feste Größe im Nachwuchsleistungszentrum ist ja jetzt auch Marco Haber. Was macht er dort genau?
In den Anforderungen des DFB für die Zertifizierung ist der Leiter des Übergangsbereichs zwischen Nachwuchs und Profis vorgesehen. Die Besetzung mit Marco Haber war der nächste Schritt des FCK, uns im NLZ immer besser aufzustellen. Er schaut sich alle Spiele der U17, U19 und U23 an, wertet sie in Teamarbeit aus und berichtet dem Sportdirektor, dem Trainerteam und dem Vorstand. Ebenso ist er mitverantwortlich für die Kaderzusammenstellungen dieser Mannschaften. Zudem ist er die rechte Hand von Konrad Fünfstück, dem Sportlichen Leiter des NLZ.
Sie haben Markus Schupp im Mai als Sportdirektor verpflichtet. Wie zufrieden sind Sie mit seiner Arbeit?
Mit jedem Stück mehr Planungssicherheit können wir uns professioneller aufstellen. Deshalb war die Einstellung eines Sportdirektors die logische Konsequenz, vor allem nachdem die wichtigen Themen für den FCK wie Pachtmodell, EU-Prüfung, Vermarktervertrag und Ausbau Trainingszentrum vom Vorstand mehr Zeit und Konzentration gefordert haben. Markus ist jeden Tag beim Training, er fühlt den Puls der Mannschaft, er ist für das Trainerteam und die Spieler ständig greifbar. Das führt zu einer guten Kommunikation. Wir sind sehr zufrieden mit Markus Schupp. Er hat sich im Sommer um die Zugänge gekümmert, ich mich um die Abgänge. Wir sind in einem täglichen Austausch.
Was hat sich durch die Personalien Markus Schupp und Boris Notzon im Scouting verändert?
Boris ist ständig hier vor Ort. Die Verzahnung zwischen Trainerteam, Sportdirektor, Analyse und Scouts ist dadurch enger. Er organisiert das Scouting, besitzt ein beeindruckendes Netzwerk und möchte unter anderem eine spezielle Analyse-Software mitentwickeln, die die Bedürfnisse des NLZ mit denen der Profiabteilung verknüpft. Wir hätten von jedem Spieler bis in die Nachwuchsteams eine ständig aktualisierte Datei mit allen sportlichen und medizinischen Informationen. Wir haben die Daten, und wir machen was draus.
Stefan Kuntz - Geboren am 30. Oktober 1962 in Neunkirchen; verheiratet, zwei Kinder. Gelernter Polizist. Seit 8. April 2008 FCK-Chef, vorher Sportvorstand des VfL Bochum. 449 Bundesligaspiele, 179 Tore für Bochum, Bayer Uerdingen, 1. FC Kaiserslautern, Arminia Bielefeld; 25 Länderspiele, 6 Tore. Größte Erfolge als Spieler: Pokalsieger 1990, Deutscher Meister 1991, Fußballer des Jahres 1991, Torschützenkönig 1986 und 1994, Europameister 1996.
Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung der Mannschaft, die bei besserer Chancenauswertung Tabellenführer sein könnte?
Als wir unsere Analyse der letzten Saison gemacht hatten, war die Kernaussage des Trainers: Wenn wir unsere Mannschaft gezielt ergänzen, dann kann ich als Trainer eine Steigerung für fast jeden Spieler erreichen. Die Philosophie mit jungen Spielern trage ich nicht nur mit, ich lebe sie! Die Entwicklung gibt uns recht, das sieht man ja an Jean Zimmer, Alexander Ring, Willi Orban, Dominique Heintz, Ruben Jenssen, selbst bei einem erfahreneren Mann wie Markus Karl. Die Jungen machen Spaß, das ist auch für die Stimmung gut. Es gibt Erfolgsfaktoren im Fußball, die zeitlos sind. Und Teamgeist gehört definitiv dazu. Die Historie des FCK lehrt, dass wir die größten Erfolge hatten, als die Erwartungen im Umfeld nicht hoch waren. Wir brauchen Geduld.
Sie haben vor gut einem Jahr Kosta Runjaic als Trainer zum FCK geholt. Wie sehen Sie ihn heute?
Er ist wie ein trockener Schwamm. Er saugt alles auf, hat den unbändigen Willen, sich jeden Tag zu verbessern. Wie seine Mitarbeiter auch.
Wie lange läuft der Trainervertrag?
Bei Aufstieg bis 2016, sonst bis 2015.
So wie Sie ihn loben, wollen Sie so oder so mit Runjaic verlängern?
Definitiv.
Planen Sie Wintertransfers?
Wir halten natürlich immer die Augen offen und beobachten den Transfermarkt. Aber wir sehen aktuell keine Notwendigkeit, die Mannschaft im Winter groß zu verändern.
Zu den Zuschauern: Wie beurteilen Sie die Probleme mit gewalttätigen Fans und mit Pyrotechnik im Stadion? Und warum greift der FCK bei verbaler Gewalt nicht ein?
Generell sind wir mit unseren Fans zufrieden. Wir haben die besten Choreografien, die meisten Auswärtskarten. Pyrotechnik wird verboten bleiben, die Strafen werden immer den Verein treffen. Wegen der Vorfälle beim Spiel gegen Karlsruhe warten wir aktuell noch die polizeilichen Ermittlungen ab. Beim DFB haben wir deutlich gemacht, dass die Auseinandersetzungen im Stadion in erster Linie von den Gästefans ausgingen. Aber wir sind dicht davor, nicht nur eine hohe Geldstrafe zu bekommen.
Und wer hat in diesem engen Aufstiegsrennen in der Zweiten Liga die besten Karten?Langfristig werden diejenigen oben spielen, die am professionellsten arbeiten. Im Team und jeder einzelne. Konstanz wird in diesem Jahr eine Rolle spielen, und diejenigen, die ihre Schlüsselspiele erfolgreich gestalten, werden oben stehen.
Was sind die FCK-Schlüsselspiele?
Das weiß man oft erst hinterher. Das Heimspiel gegen Darmstadt am Freitag könnte eines werden.
Und zwei Tage später ist die Jahreshauptversammlung. Wie welchen Gefühlen geht der Vorstandsvorsitzende in diesen Nachmittag?
Ich hoffe im Sinne des FCK, dass ganz viele Mitglieder kommen und bei der Aufsichtsratswahl ihre Stimme abgeben. Das ist ganz wichtig für den gesamten Verein. Die Mitglieder müssen sich fragen: Wo will der FCK in den kommenden drei Jahren hin, und was brauchen wir dafür? Wir brauchen Leute, die schon in verantwortungsvollen Positionen oder als eigenständige Unternehmer gearbeitet haben und die dort etwas erreicht haben, Leute mit großer Wirtschaftskompetenz oder auch Juristen. Das war und ist für den FCK sehr hilfreich: Der Verein ist jetzt auch wirtschaftlich wieder gut aufgestellt. Von den bisherigen fünf Aufsichtsräten treten außer einem alle wieder an: Professor Steinebach steht leider nicht mehr zur Wahl. Klar ist für uns: Kontinuität, auch im Aufsichtsrat, hilft dem FCK.
Interview: Horst Konzok & Oliver Sperk
Rheinpfalz am Sonntag