Diskussionsthema zum Artikel: Die Mentalitätsmonster vom Betzenberg
Die Mentalitätsmonster vom Betzenberg
Zweimal in Rückstand geraten, eine Hälfte in Unterzahl gespielt, dennoch eindrucksvoll zurückgekommen und nicht verloren. Der FCK ist in seiner aktuellen Verfassung einfach nicht klein zukriegen.
Im Vorfeld der Partie zwischen dem 1. FC Heidenheim und dem 1. FC Kaiserslautern wurde mehr über den Heidenheimer Trainer Frank Schmidt und sein 15-jähriges Trainer-Jubiläum als über das Spiel selbst gesprochen. Sicherlich entspricht dies einer beeindruckenden Konstanz auf der Trainerposition - vor allem verglichen mit den rund 20 FCK-Trainern in der gleichen Zeit. Doch sportlich betrachtet sorgten sowohl der FCH als auch die Roten Teufel mit ihren bisherigen Leistungen für ordentlich Aufmerksamkeit in der zweiten Liga. Beide Teams kassierten bis zum 9. Spieltag lediglich eine Niederlage. Und während die Heidenheimer die beste Defensive der Liga stellen, glänzen die Lautrer mit der zweitbesten Offensive. Dabei ähneln sich die Spielstile beider Mannschaften - beide kommen über den Einsatz und die Körperlichkeit ins Spiel und setzen auf schnelles Umschalten. Auf dem Papier war also ein spannendes und ausgeglichenes Spiel vorprogrammiert. Und tatsächlich konnte die Partie halten was sie versprach. Die Lautrer lieferten das nächste Spektakel ab und vermieste die Jubiläumsstimmung an der Schwäbischen Alb. Denn wo 'FCK' draufsteht, steckt auch 'FCK' drin.
Spiel mit dem Feuer
Beide Teams schenkten sich schon in den ersten Minuten wenig Raum zur Entfaltung. „Es war ein intensives und rassiges Spiel. Wir waren ganz gut im Spiel. Durch Naivität und Fehler im Passspiel haben wir den Gegner zu Chancen eingeladen“, kommentierte Dirk Schuster die Geschehnisse in Halbzeit eins. Genau ein solcher Fehler führte letztlich zur Führung der Heidenheimer. Ein verlorener Zweikampf in der Vorwärtsbewegung reichte, um die umschaltstarken Heidenheimer ins Tempo zu bringen. Und dass die Abwehr der Roten Teufel gegen flinke und schnelle Spieler Probleme hat, ist nicht erst seit diesem Spiel bekannt. Kein Geheimnis ist jedoch auch, dass die Pfälzer Nackenschläge und Rückstände wegstecken können wie kaum ein anderer Verein. Mit der ersten richtigen Chance erzielte Terrence Boyd den schnellen Ausgleich. Erstaunlich, wie schwer es gegnerische Verteidiger haben, den wuchtigen Boyd innerhalb des eigenen Strafraums zu verteidigen.
Nach dem Ausgleich entwickelte sich ein weitestgehend ausgeglichenes Spiel mit hochkärtige Einschussmöglichkeiten auf beiden Seiten. Kurz vor der Pause dann eine richtungsweisende Szene der Partie. Einen unnötigen und zu kurz geratenen Rückpass von Marlon Ritter schätzte Torhüter Andreas Luthe falsch ein und brachte den Heidenheimer Beste zu Fall. Luthe kassierte nach Videosichtung die glattrote Karte, für ihn kam Avdo Spahic ins Spiel und feierte nebenbei sein Zweitliga-Debüt. Der nachfolgende Freistoß zappelte zudem im Tor der Lautrer. Eine doppelte Strafe aus FCK-Sicht. Bitter und unnötig zugleich, denn wieder lud die Mannschaft von Dirk Schuster den Gegner durch mehrere individuelle Fehler ein. Die Roten Teufel werden künftig nicht immer in der Lage sein, solch gravierende Fehler auszubügeln.
Purer Wille
Doch wenn eine Mannschaft in Unterzahl einen Rückstand wieder gut machen kann, dann sind es die Lautrer. Trainer Dirk Schuster hatte für den zweiten Durchgang einen klaren Plan: „Wir wollten erstmal tief und sicher stehen und das Ergebnis solange wie möglich eng halten und dann eventuell Nadelstiche setzen.“ Dieser Plan ging voll auf. Nach einem Ballgewinn in der eigenen Hälfte marschierte Marlon Ritter durch das Mittelfeld, spielte einen herrlichen Doppelpass mit Kenny-Prince Redondo und legte passgenau auf den lauernden Terrence Boyd ab. Der Ausgleich, das 2:2. Wieder einmal ein Comeback. Allein diese Szene zeigt, mit welch unbändigem Willen Marlon Ritter seinen Fehler wiedergutmachen wollte und welcher Entschlossenheit diese Mannschaft auftritt. „Wir wussten, wenn es eine Truppe schafft, dann wir. Ich würde auch mit keiner anderen Mannschaft in so einer Situation nach der Pause stecken wollen“, so Terrence Boyd über die Mentalität und Moral seiner Mannschaft.
Der Ausgleich gab den Gästen weiter Auftrieb und plötzlich waren die Roten Teufel sogar das bessere Team und hatten dann auch nach gezielten Kontern die besseren Möglichkeiten. Heidenheim fiel gegen die gutstehende FCK-Defensive herzlich wenig ein - Kraus und Tomiak verteidigten kompromisslos sämtliche Angriffe der Hausherren. Spätestens nach dem Driitliga-Derby gegen Mannheim weiß die Mannschaft, wie es ist, in Unterzahl zu verteidigen und über sich hinaus zu wachsen.
Abgeklärte Lautrer
Je länger das Spiel dauerte, umso unruhiger wurden natürlich auch der mitgereiste Anhang. Schließlich kassierte der FCK in den letzten Spielen immer mal wieder einen späten Gegentreffer und brachte sich damit um den verdienten Lohn. Doch die gesamte Mannschaft kämpfte aufopferungsvoll und selbst Krämpfe hielten keinen Lautrer vom Verteidigen ab. Anders als zuletzt war die Schlussphase extrem abklärt und wurde souverän runtergespielt. Immer wieder schafften es die Roten Teufel den Spielfluss zu unterbrechen und nahmen wichtige Minuten von der Uhr. Ein sichtlich erfolgreicher Lernprozess.
Besonders Torhüter Avdo Spahic, der vom Sky Kommentator kurzerhand in „Avido“ umbenannt wurde, stach mit seiner Ruhe heraus und gab der Abwehrreihe zusätzliche Sicherheit. Kurz vor Schluss war es auch Spahic, der einen Schuss von Christian Kühlwetter überragend abwehrte. Auf der Torhüterposition ist der FCK auf jeden Fall hervorragend besetzt und darf sich in den nächsten Spielen trotz Luthes bevorstehender Sperre auf einen sicheren Rückhalt freuen.
Weiter im Soll
Die ersten neun Spieltage sind gespielt. Die Pfälzer haben dabei 14 von 40 Punkten geholt und die Erwartungen vieler übertroffen. Mit erst einer Niederlage belegt der 1. FC Kaiserslautern aktuell den siebten Tabellenrang mit einem noch sicheren Polster auf die Abstiegsränge. Dabei konnte der FCK gegen Spitzenteams wie Hannover, Darmstadt und Heidenheim bestehen und agierte teilweise sogar auf Augenhöhe. Zeitgleich stellen die Pfälzer nach dem Tabellenzweiten SC Paderborn die zweitbeste Offensive der gesamten Liga. Doch vielmehr als die nackten Zahlen und Punkte macht vor allem die Leistung der Roten Teufel Spaß wie schon lange nicht mehr. Auch wenn spielerisch noch nicht alles klappt wird bis zum bitteren Ende alles in die Waageschale geworfen. Das wiederum honorieren die Lautrer Anhänger selbst nach einem Rückschlag ausnahmslos.
Gewiss haben diese ersten neun Spiele ordentlich Körner gekostet, da die Mannschaft stets einen hohen Aufwand betreiben muss, um erfolgreich zu sein und die individuelle Qualität auszugleichen. Obwohl Schuster in der Saisonvorbereitung einen Fokus auf Fitness und Ausdauer gelegt hat, kommen die anstehende Länderspielpause und drei freie Tage zur rechten Zeit. Es heißt also, Kraft tanken, denn mit dem nächsten Heimspiel gegen Mitaufsteiger Eintracht Braunschweig wartet schon das nächste Sechs-Punkte Spiel auf den FCK.
Betze Inside: Datenanalyse zu #FCHFCK
Die Statistiken (Abb. 1.) zeigen eine bessere Heidenheimer Mannschaft, die es jedoch nicht geschafft hat, die entscheidenen Torraumszenen zu nutzen. Besonders am xG-Plot (Abb. 2, 3) wird deutlich, dass die Roten Teufel zwar etwas weniger, aber dafür die deutlichen größeren Gelegenheiten hatten als die Gastgeber. Demnach wäre sogar ein Auswärtssieg im Bereich des Möglichen gewesen.
Grafiken: Darstellung von Betze Inside (Instagram / Twitter)
Quelle: Treffpunkt Betze