ZitatAlles anzeigenFCK-Mittelstürmer übt sich notgedrungen in Selbstbedienung - Trost für und Kritik an Borysiuk
Zehn Bundesligaspiele ohne Sieg in Folge sind eine schwere Hypothek. Die 0:1-Niederlage gegen den 1. FC Köln als Zugabe - da ist die Stimmung so tief im Keller wie die Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern in der Tabelle. Von Optimismus vor der Begegnung mit dem FC Bayern München am Samstag (15.30 Uhr) in der Allianz-Arena kann beim FCK keine Rede sein.
Klar, der Trainer sagt, dass er seine Mannschaft versucht so einzustellen, dass sie bei den Bayern punktet. Was soll er auch sagen? Vielleicht, orakelt Kurz, sei es „gar kein so schlechter Zeitpunkt”, gerade jetzt zu den Bayern zu fahren, wo eh keiner was vom Drittletzten erwartet ...
„Vielleicht gewinnen wir ja bei Bayern München. Wir waren schon oft gut, wenn keiner mit uns gerechnet hat”, sagt Olcay Sahan trotzig, wohl auch in Erinnerung an das sensationelle 1:1 bei Borussia Dortmund. Da schoss Sahan ein Traumtor, gegen die Kölner aber traf er eben nur fast. Er begann stark und verlor dann stark an Wirkung. Kopflos rannte er ins Verderben.
„Für uns war das eine Enttäuschung. Wir wollten einen Schritt machen, auch in der Tabelle, aber auch einen Schritt von der gesamten Stimmung im Umfeld her. Das ist uns mit unserer Leistung nicht gelungen”, gesteht FCK-Trainer Marco Kurz, der nach gutem Beginn gegen einen verunsicherten Gast rasch erkennen musste, dass seine Mannschaft sich ungemein anfällig bei Standards zeigte, selbst mit dem ruhenden Ball nichts anzufangen wusste. 6:18 Torschüsse, 3:9 Ecken, 3:9 Chancen - die erschütternde Bilanz eines Bundesligisten, der an diesem Tag kein Bundesliganiveau erreichte.
Nicolai Jörgensen, der sich nach gutem Beginn auf einmal auf Hackentricks verstieg, wurde zum Auslöser erster Kölner Warnschüsse. Der FCK fand nach zehn, zwölf Minuten offensiv nur noch sporadisch statt, weil das Passspiel sehr unpräzise war.
„Wir wollten mutiger attackieren”, sagt Kurz. Mutig erschien Ariel Borysiuk. Der polnische Debütant zeigte als zentraler Mittelfeldspieler, dass er Fußball versteht, dass er das Spielgerät gut zu behandeln weiß. Zwei raumöffnenden Seitenwechseln stand ein Fehlpass gegenüber. „Er hat die Räume gut geschlossen”, lobt der Trainer. Nach 40 Minuten aber sah der 20-Jährige Gelb-Rot. Einem rüden Foul an Mato Jajalo mit berechtigter Verwarnung (34.) folgten eine unnötige Attacke gegen Slawomir Peszko und das zweite Gelb.
„Für Ariel knüppelhart” empfindet Kurz die Bestrafung. Kapitän Tiffert, selbst meilenweit von Normalform entfernt, indes tadelte den jungen Polen ob des Feldverweises. „Wir haben schrecklich nervös gespielt. Das ist durch die Gelb-Rote Karte dann natürlich nicht besser geworden. Mit zehn Mann haben uns die Mittel gefehlt, die Situationen entsprechend zu lösen. Aber wir haben einfach im Moment auch kein Glück, dass solche Bälle wie bei der Chance von Itay Shechter mal ins Tor gehen”, erinnert Tiffert an jene riesige Kopfballchance mit der Shechter drei Minuten vor dem Feldverweis an Michael Rensing gescheitert war.
In der Schlussminute gab Sandro Wagner die große Möglichkeit zum Ausgleich vom Scheitel. Der Angreifer ging weite Wege. Weil aus dem Mittelfeld nichts kam, die Flanken versiegten, versuchte sich Wagner in kraftzehrender Selbstbedienung.
Heute beginnt Pierre De Wit nach seiner Grippe mit Lauftraining. Dorge Kouemaha (Adduktoren-Bündelriss) läuft wieder. Alexander Bugera ist mit einem tennisballgroßen Bluterguss am Spann gegen Köln ausgeschieden, ein, zwei Tage Pause sind angesagt. Individuell belastet wird Jan Simunek, der Adduktorenprobleme hat. Anthar Yahia vertrat ihn nicht gut, aber auch nicht schlecht.
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Kommentar
Schockstarre auf dem „Betze”
Der FCK hat seinen Kader umgebaut: Acht Mann sind weg, fünf Neue sind gekommen. Geblieben sind die alten Probleme.
Der 1. FC Kaiserslautern, der beim 0:0 zum Rückrundenstart gegen Werder Bremen so überzeugend aufgetreten ist, hat es gegen die Kölner versäumt, den FC mit in den Abstiegskampf zu verwickeln. Außer vollmundigen Ankündigungen hatte die Mannschaft wenig zu bieten. Die Fans reagierten seltsam: Anfangs Beifall für einige gute Aktionen, später stummes Entsetzen angesichts fataler Chancenlosigkeit. Die Mannschaft ergab sich nach dem Platzverweis in ihr Schicksal, nach dem Rückstand blieb das große Aufbäumen aus. Die Resignation färbte auf die Fans ab. Am Ende blieb es gespenstisch still. Schockstarre auf dem „Betze”.
Wer in der Winterpause glaubt, gleich fünf Neuzugänge holen zu müssen, der hat im Sommer offenkundig Fehler gemacht und seinen Kader falsch eingeschätzt.
Und die Neuen? Fatal verlief der Einstand von Ariel Borysiuk, der sein Talent andeutete, aber vom Platz flog. Anthar Yahia, der spielte, weil Jan Simunek ausfiel, machte es nicht schlecht. Hätte er Ende 2011 nicht seine Krise genommen, dann wäre wohl Mathias Abel an der Reihe gewesen. Nicolai Jörgensen spielte, weil Konstantinos Fortounis zuletzt wohl nicht so biss, wie das der Coach sehen mag. Jörgensen wusste die Chance nicht zu nutzen!
Jakub Swierczok, das Stürmerjuwel aus Polen, musste Itay Shechter nach dessen verbüßter Rotsperre den Vortritt lassen. Gut gefällt Sandro Wagner, ein Stürmer mit Stärken am Boden und in der Luft, durch seine Spielweise und Einsatzfreude. Aber er hätte schon zwei Tore machen müssen!
DIE RHEINPFALZ
Ludwigshafener Rundschau