ZitatAlles anzeigenFCK heute im Hoffnungslauf beim FC St. Pauli – Zimmer ersetzt Dick
Das Prinzip Hoffnung geht mit auf die Dienstreise des 1. FC Kaiserslautern zum Freudenhaus der Zweiten Bundesliga ans Hamburger Millerntor. Heute (18.30 Uhr) gastiert der FCK zum Hoffnungslauf im Schlager der Enttäuschten beim FC St. Pauli.
„Im Fußball ist alles möglich“, sagt Marc Torrejón, der FCK-Kapitän. „Der Glaube ist da, weil wir wissen, dass alles passieren kann – auch am letzten Spieltag“, sagt Karim Matmour. Er speist seine Zuversicht aus dem reichen Schatz der eigenen Erinnerungen: „Im Fußball ist immer alles möglich. In alle Richtungen.“ So hat er sich mit Borussia Mönchengladbach in der Relegation gerettet und mit dem SC Freiburg wegen der schlechteren Tordifferenz den Aufstieg verpasst.
„Wir müssen so auftreten, dass man erkennen kann, dass wir gewinnen wollen“, sagt FCK-Trainer Kosta Runjaic. Es soll kein Harakiri werden, es soll strukturiert gegen einen Gastgeber angegriffen werden, der selbst seine Chance zwingen will. „Wir müssen marschieren“, fordert Torrejón.
„Ich weiß auch nicht, was ich verbrochen habe, dass ich in Pauli wieder fehle, wo ja jeder gerne wegen der besonderen Atmosphäre spielt“, sagt Florian Dick. Im Vorjahr pausierte er wegen einer Gelbsperre am Millerntor, heute verbüßt er eine Gelb-Rot-Sperre. Die Ersatzlösung wird Jean Zimmer heißen. Der 20-Jährige ist im Sommer zehn Jahre beim FCK, in Bad Dürkheim geboren, in Bann aufgewachsen. Beim SV Bann begann Zimmer mit dem Fußball, kam 2004 in den FCK-Talentschuppen, war beim FCK Kapitän der U19 und wurde von Runjaic-Vorgänger Franco Foda nach starken Leistungen in der U23 in den Profikader geholt. Zimmer kann rechts wie links verteidigen, ist 1,72 Meter groß, 70 Kilo schwer.
„Mein Hobby ist jetzt mein Beruf“, sagt Zimmer, der sein Abitur am Heinrich-Heine-Gymnasium gemacht hat, bislang einmal in der Zweiten Liga zum Einsatz kam: als Einwechselspieler. „Sehr schnell, zweikampfstark, bissig“, nennt Kosta Runjaic die Vorzüge des Talents, dem er eine ordentliche Entwicklung bestätigt. Vom Stamm der am Wochenende in der Regionalliga spielfreien Lauterer Juniorentruppe, die trotz der entfallenen Meldepflicht von U23-Teams auch in der kommenden Saison startet, sind neben Zimmer auch Innenverteidiger Sascha Mockenhaupt (22) und Angreifer Jan-Lucas Dorow (20) im Profikader für heute. Der im Winter von Bundesligist Mainz 05 geholte Mittelfeldspieler Chinedu Ede erfüllte nach seiner Einwechslung auch am Sonntag beim 1:1 gegen Bochum die Erwartungen nicht; er bleibt außen vor.
Endlich mal wieder über die komplette Distanz – vom ersten Ballkontakt bis zum Schlusspfiff – flott und konsequent spielen; das will Trainer Runjaic in den letzten fünf Punktpartien der Saison sehen. Seit Monaten bringen die Roten Teufel in der Liga nur ziemlich uninspiriertes Stückwerk zustande. Eine ordentliche Halbzeit hier, eine passable Hälfte dort – wie geschmiert lief’s zuletzt nur im Pokal in Leverkusen und Anfang Dezember ebenfalls im Pokal bei Union Berlin. Das ist lange her.
Den bitteren vergangenen Wochen zum Trotz: Die FCK-Profis freuen sich spürbar auf die beiden vor Ostern anstehenden Schwerstaufgaben heute in St. Pauli und am Mittwoch (20.30 Uhr) im DFB-Pokal-Halbfinale beim FC Bayern München. „Das sind die Spiele, von denen jeder Fußballer träumt“, betont Torrejón; und es sollen keine Albträume werden.
So spielen sie
FC St. Pauli: Tschauner - Ziereis, Thorandt, Gonther, Schachten - Buchtmann - Rzatkowski, Halstenberg - Maier - Verhoek, Thy
Es fehlen: Bartels, Daube (Aufbautraining), Nöthe (Gelb-Sperre)
1. FC Kaiserslautern: Sippel - Zimmer, Orban, Torrejón, Löwe - Matmour, Karl, Jenssen, Idrissou - Lakic, Zoller – Ersatz: Müller, Mockenhaupt, Heintz, Ring, Fortounis, Occéan, Dorow
Es fehlen: Dick (Gelb-Rot-Sperre), Gaus (Meniskusoperation), Zellner (Reha nach Kreuzbandriss)
Schiedsrichter: Fritz (Korb)
Hinrunde: 1:4.
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BETZE-GEFLÜSTER
Die erste Reihe
Der Koffer für St. Pauli ist gepackt, gleich steht das letzte Training im Stadion an, dann geht’s zum Flughafen, nach Hamburg, in den Bus, ins Hotel. Oli Schäfer blinzelt fröhlich in die Sonne. Er ist seit 6.30 Uhr wach und topfit. „Ich stehe gern früh auf. So hat man was vom Tag“, sagt er. Er genießt es, wenn er mit der Familie frühstücken kann, wenn er sich eine Scheibe Brot oder Toast schmiert, Kaffee trinkt, sein 18-jähriger Sohn von der Ausbildung als Zimmerer erzählt, die 16-jährige Tochter, die nächstes Jahr Abitur macht, ihm verrät, was gerade in der IGS los ist.
Dann gehen alle ihre Wege. Seine Frau in ihren Job als Bürokauffrau, und er düst kurz vor acht auf den Berg. Zu seinem Co-Trainer-Kollegen Ilia Gruev und Cheftrainer Kosta Runjaic. Dann wird bei den „Physios“ nachgefragt, ob alle fit sind, wird abgesprochen, was trainiert wird. Schwerpunkte werden festlegt, Übungen ausgearbeitet. Schäfer und Gruev kümmern sich dann ums Aufwärmen und die Passspiele, Runjaic um den Hauptteil.
Nach dem Training wird noch mal alles durchgesprochen, und Co-Trainer Schäfer übernimmt die Dokumentation. Er listet auf, wer dabei war, notiert die Aufstellung der Trainingsspiele. Immer wieder steht auch Gegnerbeobachtung auf seinem Programm. Dann fährt er zu einem Spiel, macht sich Notizen, vergleicht das, was er gesehen hat, mit den Infos aus der Datenbank und arbeitet mit seinen Kollegen eine Art Präsentation aus, mit der die Spieler auf das vorbereitet werden, was da kommt.
Zum Essen zieht’s Schäfer im Normalfall in den Gastrobereich. Und ein-, zweimal die Woche schnappt er sich zwischen zwei Trainingseinheiten einfach die Joggingschuhe und läuft vom Betzenberg aus los, in FCK-Klamotten. Eine oder fast zwei Stunden lang dreht er dann im Bereich Bremerhof/Humberg seine Runden, um den Kopf frei zu kriegen, um zu verarbeiten. Oder um mit Gruev was durchzusprechen.
Heute ist das Trainerteam wieder zusammen unterwegs. Schäfer, der Techniker des Trios, hat das „Büro“ dabei, den Laptop, den Beamer, die Anschlüsse. Wenn die drei im Bus unterwegs sind, sitzen sie nebeneinander in der ersten Reihe. Auf der Rückfahrt vom Spiel legen sie dann oft die frisch gebrannte DVD ein und erleben die 90 Minuten, die sie gerade gesehen haben, ein zweites Mal, schneiden gleich Sequenzen raus für die nächste Videoanalyse und versuchen zu verarbeiten.
Gestern nach der Fahrt zum Flughafen, dem Flug nach Hamburg, der Tour mit dem Mannschaftsbus, der mitsamt der Ausrüstung einen Tag früher angereist ist, nach Einchecken im Hotel, dem Abendessen, der Sitzung und der Videoanalyse war Bettruhe angesagt. Entspannen. Physiotherapie und Massage heißt das für die Spieler.
Für Oliver Schäfer heißt das Musik hören. Guten alten Rock. Von Journey zum Beispiel. Damit er am nächsten Morgen wieder fit ist, was hat vom Tag und seine gute Laune und seine Motivation weitergeben kann an die auf dem Rasen, die ihren Job machen und für die er seinen Job macht.
Die Rheinpfalz - Pfälzische Volkszeitung