ZitatAlles anzeigenFCK in heißem Endspurt – Morgen gegen FSV Frankfurt – Zoller im Rampenlicht – Lob für Zimmer
VON OLIVER SPERK
KAISERSLAUTERN - Nach dem Bonus-Spiel ist vor dem Muss-Spiel: Nach dem 1:5 (0:2) im DFB-Pokal-Halbfinale beim FC Bayern München, der im Endspiel am 17. Mai in Berlin gegen Borussia Dortmund spielt, will Fußball-Zweitligist 1. FC Kaiserslautern mit Schwung zurück in den Alltag. Morgen (13.30 Uhr) gegen den FSV Frankfurt soll ein Sieg her, um die Aufstiegshoffnung zu wahren.
Sollte Linksverteidiger Chris Löwe, der am Mittwochabend in München mit einer Wadenverletzung ausgewechselt werden musste, morgen fehlen, wird wohl der 20 Jahre junge Jean Zimmer sein drittes Profipflichtspiel von Beginn an bestreiten. Zimmer, in Bad Dürkheim geboren und schon als Neunjähriger vom SV Bann zum FCK gewechselt, gefiel vor acht Tagen beim 3:2-Sieg in St. Pauli wie auch in München mit Dynamik und Courage.
„Er war von Beginn an sehr mutig“, lobte FCK-Trainer Kosta Runjaic das Eigengewächs, „er sollte Philipp Lahm etwas aus dem Spiel nehmen. Ich glaube, das ist ihm ganz gut gelungen.“ Am Mittwoch spielte Zimmer auf der linken Außenbahn vor Löwe, um Bayerns Rechtsverteidiger in Schach zu halten. In St. Pauli hatte Zimmer für den gelbrotgesperrten Florian Dick in der Lauterer Viererkette rechts verteidigt. „Ich habe in der Jugend im Feld fast alle Positionen mal gespielt“, sagte Zimmer, „ich hab’ als Stürmer angefangen, war dann rechts und links im Mittelfeld, hab’ auch schon auf der Sechs gespielt, zuletzt war ich dann meistens Außenverteidiger.“
Flexibilität ist kein Problem für den 1,71 Meter großen 20-Jährigen, der sich riesig über das Vertrauen des Trainers freute. Zwei Stunden vor Anpfiff hat Zimmer von seinem Glück erfahren. Ohne falschen Respekt machte er sich auf in den Kampf gegen den Triple-Gewinner. Er spielte erfrischend frech und technisch sauber. „Ich bin ein recht schneller Spieler und muss selbstbewusst drauflosspielen. Sonst funktioniert mein Spiel nicht“, sagte Zimmer.
Bis zur 23. Minute hielt der Außenseiter das 0:0. Dann servierte Arjen Robben eine präzise Ecke auf Bastian Schweinsteiger, von dem Willi Orban zu weit weg war. Der Bayern-Mittelfeldspieler köpfte das 1:0 – der Bann war gebrochen. „Wir wussten, dass wir wenige bis keine Chancen haben werden, sind aber gut ins Spiel gekommen. Wir haben alles erwartet, aber nicht, dass wir durch eine Standardsituation in Rückstand kommen“, sagte FCK-Trainer Kosta Runjaic. Den Treffer für den Zweitligisten nach prima Rechtsflanke Dicks köpfte FCK-Torjäger Simon Zoller zum 1:3 (60.).
Das Interesse einiger Bundesligisten an dem 22-Jährigen, dessen Vertrag beim FCK noch bis 2017 läuft, dürfte nicht kleiner geworden sein. Die Roten Teufel gaben ihr Bestes, mühten sich redlich, aber der erwartete Riesen-Qualitätsunterschied war offenkundig. Die Bayern spielten ihren edel-eleganten Stiefel herunter, ohne sich abmühen zu müssen. Anstrengend war’s vor allem für die klassentieferen Lauterer, die viel mehr laufen mussten als die Bayern-Profis. „Bis zum ersten Gegentor konnten wir das Spiel offenhalten, aber nach der Ecke stand’s dann eben 1:0. Und wenn du in Rückstand bist, ist’s vor allem gegen Bayern natürlich brutal schwer“, sagte Zoller:
„Man hat gesehen, dass sie in allen Belangen klar besser sind. Das Kurzpass-Spiel der Bayern ist überragend. Da hinterherzulaufen, ist ermüdend.“ Ausreden mit Blick auf die wichtige Partie am viertletzten Zweitliga-Spieltag am Sonntag gegen den FSV Frankfurt gebe es aber keine, versicherte Zoller: „Englische Wochen gehören im Fußball dazu. Das ist normal.“
Neben Karim Matmour (Gelbsperre) fehlt morgen gegen den FSV auch Willi Orban wegen seiner Gelb-Roten Karte in Hamburg. Für ihn verteidigt Dominique Heintz, der zur Eingewöhnung auch in München spielen durfte. „Ich denke, wir haben es ordentlich gemacht, es hat Spaß gemacht“, bekundete Heintz, in München eines von vier Eigengewächsen in der FCK-Startelf.
„Am Sonntag ist das wichtigere Spiel“, meinte Zoller mit Blick auf die Partie gegen den FSV Frankfurt. Dick betonte: „Wir wissen alle, dass uns nur noch Siege helfen.“
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Ich bin der Meinung,...
… dass der FCK
nur mit Demut wieder
gesund wird.
Lautstark haben sie in der mit 71.000 Zuschauern ausverkauften Münchner Arena den Pokalsieg besungen, die etwa 7000 mitgereisten Fans des 1. FC Kaiserslautern. Es war nicht der aktuelle Cupgewinn. Den spielen am 17. Mai FCK-Bezwinger Bayern München und Borussia Dortmund aus. Es war der Pokalsieg 1996, just im Jahr des ersten Bundesliga-Abstiegs, den die Anhänger der Roten Teufel noch mal nachfeierten während des 1:5 ihres Teams im Halbfinale 2014 bei den übermächtigen Bayern. Der Stolz auf die Tradition, die der FCK im Vergleich zu vielen neureichen Bundesliga-Klubs besitzt, ist schön.
Aber auch diese Saison der Lauterer zeigt, dass Tradition belasten und Stolz lähmen kann. In den letzten vier Spielen will der FCK sein Saisonziel Aufstieg noch erreichen, nachdem vor allem gegen die sogenannten kleinen Vereine weit mehr als ein Dutzend Punkte flöten gegangen ist. Pokalsieger 1996 und Sensationsmeister 1998 – die letzten Titel des FCK liegen eine Ewigkeit zurück.
Wie viele Lichtjahre sich die deutsche Fußball-Elite in diesen zwei Dekaden von abgestürzten Sternen wie dem der Lauterer abgesetzt hat, ist allen beim lockeren Halbfinalsieg des FCB über den FCK am Mittwoch sehr deutlich geworden. Mit 140 Millionen Euro ist der Lizenzspieler-Jahresetat der Bayern mittlerweile gut elfmal so hoch wie der des FCK, der Jahresumsatz des FCB ist mit 432,8 Millionen Euro (2012/13) mehr als 13 Mal so hoch wie der von Zweitligist FCK (2012/13: 32,6 Millionen Euro).
Die Ursachen für die extrem gegenläufige Entwicklung der beiden Klubs in den vergangenen 20 Jahren sind vielfältig. Nicht nur, dass die Regionen um das immer weiter boomende München und das tapfer kämpfende Kaiserslautern gesamtwirtschaftlich nicht im Entferntesten vergleichbar sind. Allein die drei Triple-A-Top-Sponsoren und Investoren aus dem Bayrischen, Allianz, Audi und Adidas, lassen viele Wünsche der Münchner wahr werden. Aber: Der FCB hat sich seine tollen sportlichen und wirtschaftlichen Erfolge durch Augenmaß und Kontinuität in intelligenter Vereinsführung erarbeitet.
Lokalrivale 1860 dagegen, in derselben reichen Stadt daheim, hat in den vergangenen 20 Jahren noch mehr falsch gemacht als der FCK. Die Münchner Löwen, auch so ein vom Fußballhimmel gestürzter Stern, beenden die Saison im tristen Niemandsland der Zweitliga-Tabelle, weit weg vom erträumten Aufstieg. Den gern bemühten Ausdruck vom „schlafenden Riesen“ hinsichtlich sporthistorischen Ruhms mochte der neue Löwen-Sportdirektor Gerhard Poschner jüngst umgewandelt wissen; er bat, „schlafend“ wegzulassen und lieber nur vom Riesen zu sprechen.
Sorry, liebe Löwen-Fans, das ist der falsche Weg. Wenn es nicht läuft, ist Demut das A und O. Da nutzen Sprüche und das Aufwärmen längst vergangener Heldentaten nichts. Die Sechziger, denen Kontinuität in Vereinsführung und auf dem Trainerstuhl zuletzt völlig abgingen, dienen leider als mahnendes Beispiel für lähmende Tradition und falschen Stolz. Realitätssinn und kontinuierliche Arbeit ohne blendende Überheblichkeit sind angesagt.
Gleiches gilt für den FCK. Wer als Profi nach Kaiserslautern kommt, muss einen Spagat meistern. Respekt leben vor einem immer noch recht renommierten Klub. Andererseits aber das Bewusstsein haben, dass man für eine ruhmreiche Historie auf keinem Rasen der Welt Tore oder Punkte geschenkt bekommt. Im Gegenteil. An einem neuen FCK arbeiten Vorstandschef Stefan Kuntz und Trainer Kosta Runjaic zurzeit sehr hart. An allen Fronten. Eine schonungslose Analyse läuft längst.
Auch die Fans haben viel Luft nach oben. Jede Stimme zählt, gegen jeden Gegner. Vor allem dann, wenn dessen Name eben keinen großen Glanz verheißt. Vorgestern war vorgestern. Für den Erfolg aber sind das Heute und das Morgen entscheidend. Da ist der Pokalsieg von 1996 nur noch eine sehr nette Erinnerung. Oliver Sperk
Die Rheinpfalz - Ludwigshafener Rundschau