ZitatAlles anzeigenDer 1. FC Kaiserslautern hat das Rennen um den Bundesliga-Aufstieg praktisch verloren. Die letzte Chance ist allzu theoretischer Natur. Nun muss der Verein die Weichen einmal mehr neu stellen. Offen ist, ob der FCK einen Sportdirektor zur Entlastung von Vereinschef Stefan Kuntz engagiert. Trainer Runjaic bleibt und plant.
Karim Matmour ist so etwas wie der personifizierte Sonnenschein. Immer freundlich, meist gut gestimmt und stets optimistisch. Auch an Fußball-Wunder glaubt der Mann, der den 1. FC Kaiserslautern über die rechte Seite zu beflügeln weiß. „Im Fußball ist alles möglich“, sagt er. Und lacht. Doch als er am Sonntag nach dem 4:0-Heimsieg gegen Dynamo Dresden die Kunde vom 6:0 der Fürther in Cottbus erfährt, aber verfinstert sich – wenn auch nur kurzzeitig – der Blick des 28-Jährigen. „Was 6:0? Das ist viel …“
Zu viel! Im Klartext: Der FCK steht vor dem letzten Spieltag nicht nur drei Punkte, sondern auch in der Tordifferenz sechs Treffer schlechter da als die SpVgg Greuther Fürth auf dem Relegationsplatz. Das Kleeblatt hat Heimrecht gegen den SV Sandhausen, kann mit einem Sieg bei jetzt 57 Punkten den Tabellenzweiten SC Paderborn noch vom direkten Aufstiegsrang verdrängen, wenn die Ostwestfalen, die 59 Zähler haben, daheim gegen den VfR Aalen verlieren oder unentschieden spielen würden. Denn Fürth weist mit plus 24 gegenüber plus 14 der Paderborner die eindeutig bessere Tordifferenz auf.
„Man konnte nicht ahnen, dass sich Cottbus so abschlachten lässt“, sagt Markus Karl, der seine Abräumerqualitäten gegen Dresden demonstriert hatte. Er wird sich erinnert haben, mit wie viel Energie Cottbus das 1:0 gegen den FCK über die Zeit kämpfte, mit einer Leidenschaft agierte, als gäbe es kein Morgen. Aber größer als der Ärger über die Versager aus der Lausitz ist die Wut um das Wissen, es selbst vermasselt zu haben.
„Wir hätten öfter so auftreten müssen, unsere Chancen konsequenter nutzen müssen“, hadert Karl, der vor eineinhalb Jahren von Union Berlin zum FCK kam, um aufzusteigen und nun da bleibt, wo er war: in der Zweiten Liga. Dabei hatte der Eisenfuß nach dem Coup im Pokal-Viertelfinale bei Bayer Leverkusen den Aufstieg als Herzenswunsch formuliert: „Ich möchte, dass zu meinen fünf Bundesligaspielen noch einige dazu kommen.“
„Es gab definitiv zu viele Niederlagen“, weiß der rechte Verteidiger Florian Dick (29). Sein Vertrag läuft aus. Der FCK will ihn halten. Gespräche gab es, aber keine Entscheidung.
Geschlossen dagegen ist die Akte Mo Idrissou. „Ja, ich gehe definitiv“, verkündet der Stürmer, der nach seinen beiden Treffern gegen Dynamo bei zwölf Saisontoren steht, aber weit entfernt von den vollmundig versprochenen 20 ist.
FCK-Trainer Kosta Runjaic will nach dem letzten Spiel bei Fortuna Düsseldorf abrechnen, Bilanz ziehen, mit Vereinschef Stefan Kuntz Entscheidungen treffen. Runjaic bleibt und plant. Der Abschied von Jan Simunek, dessen Vertrag endet, ist beschlossene Sache. Da Enis Alushi, Olivier Occéan und Albert Bunjaku, deren Verträge noch laufen, auch am Sonntag nicht im Kader standen, sind Fragezeichen hinter deren sportlicher Zukunft zu setzen.
Bleiben wird Ruben Jenssen, der nach viermonatiger Anlaufzeit immer besser in Tritt gekommen ist. „Die erste Zeit hier war schwer, aber jetzt weiß ich, wie der Fußball in Deutschland geht. In der neuen Saison sieht mein einen anderen Ruben Jenssen“, verspricht der Norweger, der mit feiner Technik gefällt. Seinem guten Schuss verdankt der FCK den Einzug ins DFB-Pokal-Halbfinale. Jenssen schoss das goldene Tor beim Pokalspiel in Leverkusen, bei den Siegen gegen Fürth (2:1) und in St. Pauli (3:2) sorgte der Mann aus Tromsö für Traumtore. Am Sonntag wurde er 26. Er hätte sein Fest um ein Haar mit einem tollen Tor gekrönt, doch Dynamo-Torwart Benjamin Kirsten rettete.
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KOMMENTAR
Der 1. FC Hoffnung
VON HORST KONZOK
Der Fan des 1. FC Kaiserslautern hat reichlich Grund, sich zu ärgern,
und das seit seit vielen Jahren.
Aber Hoffnung gibt es immer wieder.
Die Gegenwart und nahe Zukunft des 1. FC Kaiserslautern heißt Zweite Fußball-Bundesliga. Der FCK scheitert erneut mit dem Projekt Wiederaufstieg. Die Heimschwäche mit nur neun Siegen ist ein Resultat mangelhafter Chancenauswertung, der Abhängigkeit vom launischen und doch nicht ersetzbaren Mo Idrissou und des fehlenden Spielmachers. Die Mannschaft scheiterte aber auch an unfassbar dämlichen Gegentoren und einer Mentalität, die auf das Unterschätzen der grauen Mäuse und das Überschätzen der eigenen Fähigkeiten hindeutet.
Trainer Kosta Runjaic, der Franco Foda ablöste, sorgte zunächst für einen Stimmungsumschwung in der Mannschaft und im Umfeld. Zwei Niederlagenserien und der verpasste Aufstieg aber haben Spuren hinterlassen. Auch Runjaic spürt den Druck! Ein weiterer Umbruch steht bevor.
Es war aber nicht alles schlecht in dieser Saison. Gut ist, dass sich Talente wie Willi Orban, Jean Zimmer und Marius Müller, der den Druck auf Tobias Sippel, die Nummer 1, erhöhen soll, gut entwickeln. Der FCK kann eine gute Zukunft haben, denn junge Kräfte wie Kevin Stöger, dem zu lange keine Chance gegeben wurde, vielleicht auch Jan-Lucas Dorow und Manfred Osei-Kwadwo, geben Hoffnung. Die Hoffnung, dass der außergewöhnlich begabte Kostas Fortounis die Schwelle vom Talent zum Leistungsträger überquert, schwindet. Auch im dritten Lehrjahr ging es mal einen Schritt voran und bald wieder einen zurück.
Prima eingeschlagen hat Simon Zoller. Seinem Reifeprozess würde ein weiteres Jahr beim FCK gut tun. Die Bundesliga aber lockt. Da könnte auch Dominique Heintz landen. 2012/13 war er der Aufsteiger der Saison, nun nimmt er wohl Reißaus von der Ersatzbank.
Die Rheinpfalz - Ludwigshafener Rundschau