Jetzt mal unabhängig von Özil, ich finds schon krass wie man mittlerweile über (Deutsch-)Türken redet. Dass man sie klar von den Deutschen trennt, dass man sie mitterlweile im Zweifelsfall sogar als Erdogan-Anhänger sieht, dass jemand wie Özil Verräter genannt wird. Als wäre die Türkei unser schlimmster Feind und Erdogan die Verkörperung des Bösen, überspitzt ausgedrückt.
Zum Thema Özil zurück, er hat ja selbst auch geschrieben, dass das nicht das erste Bild dieser Art war. Als er 2010 zusammen mit Merkel und Erdogan Bilder machte interessierte das keine Sau. Klar, die politischen Beziehungen waren da andere, das Verhältnis noch nicht so angespannt. Nur, das ist genau der Punkt, bei dem ich Özil absolut nachfühlen kann. Er macht keine Politik, hat er nie gemacht. Aber das Bild wird politisiert. Was für ihn stehen bleibt ist, dass man sein Verhalten und seine Werte nicht respektiert. Was ja auch genau ein Teil der Kritik an seinen Fotos ist. Und da fehlt mir ehrlich gesagt beidseitig ein Stück weit Toleranz und gegenseitiges Verständnis. Auf Seiten von Özil wie bereits erwähnt im Bezug auf die Fotos und den Umgang damit, aber "wir" und "die Medien" eben um Umgang mit Spielern.
Das bringt mich jetzt zu dem Punkt mit der Opfer-Rolle. Ehrlich, ich find das hart sowas zu sagen. Fehlende Selbstkritik, ja. Dass er sich die Opfer-Rolle selbst verpasst? Warum? Um seine Leistung zu kaschieren? Das ist aberwitzig, er selbst betont doch sogar, dass genau das völlig in Ordnung ist, Kritik an der Leistung.
Weil er Mist gebaut hat ist er in den Focus gerückt. Und weil ihm das nicht schmeckt und sein Schweigen ihm auch nicht geholfen hat, packt er jetzt die Rassismuskeule aus. Komisch, ein Boateng, ein Khedira oder sonst wer, hat diese Probleme nicht.
Meinst du den Boateng, den der Gauland nicht zum Nachbarn haben möchte?
Özil beschreibt neben dem Medien-Wahnsinn ja auch einige persönliche Erfahrungen wie direkte Konfrontation von Fans, Anrufe, Briefe, allesamt mit Drohungen und Beleidigungen. Wenn ich deine Zeilen lese zweifle ich ernsthaft daran, dass du ihm glaubst. Es klingt als würde er nach deiner Ansicht seine eigentlichen Motive verstecken wollen und die Schuld auf andere lenken. Sorry, ich find diese Haltung völlig absurd, denn dann kann der Özil sagen was er will, dann wirds "den Deutschen" eh nicht recht sein. Und suggeriert gleichzeitig, dass Rassismus gar nicht das Problem sei. Dabei hat Özil wie gesagt auf öffentliche und private Diffamierungen hingewiesen, da sind eindeutig getätigte Aussagen bzw geschriebene Texte, nachlesbar. In dieser ganzen Geschichte ist Rassismus NICHT der Auslöser und nicht das eigentliche Problem, das eigentliche Problem ist eine Mischung aus schlechter WM, schlechter politischer Stimmung und einem naiven Fussballer, der von Politik wohl nichts versteht. Trotzdem sind die rassistischen Aussagen gefallen und das war nicht das erste Mal. Ich behaupte auch nicht, dass alle oder du solche Aussagen tätigen würden - überhaupt nicht. Özils persönliche Erfahrung mit dem DFB, den Medien und den Fans ist durch Rassismus offensichtlich ein Stück weit geprägt worden und meiner Meinung nach sollte ein langjähriger Nationalspieler allemal das Recht haben das zu äußern und dabei ernst genommen zu werden.