Diskussionsthema zum Artikel: „´nen miese Bauchplatscher“ auf die Euphoriebremse?
„´nen miese Bauchplatscher“ auf die Euphoriebremse?
Spieler und Trainer waren sich einig, dass man gegen den Dorfklub zwei wichtige Punkte hat liegen lassen. Ist deswegen jetzt alles schlecht? Auf keinen Fall, analysiert Redkationsmitglied Wolfram Wuttke.
Die Serie mit fünf Siegen und einem Remis zum Jahresende; die reinigende Jahreshauptversammlung, welche das Team Merk inthronisierte und das Kapitel BBK (Banf, Bader und Klatt) beendete; das Trainingslager, aus dem drei Siege mit jeder Menge Tore und großartiger Stimmung zu vernehmen waren - war das alles zuviel gute Laune am Stück? Und ist jetzt, nach einem 0:0 gegen Großaspach die Stimmung gleich wieder komplett im Eimer? Zumindest wenn man die Kommentare in Fanforen und sozialen Medien liest, könnte man das glauben.
Unser Autor Wolfram Wuttke versucht es mal mit einer nüchternen Analyse.
Ist die Aufholjagd 2020 nach dem 21. Spieltag bereits beendet?
"Fritz-Walter-Wetter bei einem Flutlichtspiel auf dem Betze. Was kann es geileres geben!" frohlockte der MagentaSport Reporter vor dem Spiel ins Mikrofon. Der geneigte Stadiongänger konnte sich hingegen durchaus "geileres" vorstellen als durch den Feierabendverkehr zu hetzen um an einem verregneten Montagabend den Zuschauermagneten aus Großaspach, samt 93 Gästefans, am Betze willkommen zu heißen. Wäre dem FCK nur ein Tor gelungen, wäre es tatsächlich noch ein netter Abend geworden. Der Punkt hilft den Roten Teufeln leider aktuell wenig bei der Aufholjagd. Bei einigen Fans, die innerlich bereits für die Aufstiegsfeier gerüstet waren, verursachte das Remis scheinbar Schnappatmung (hierzu später mehr).
Nüchtern betrachtet war es weder ein schlimmer Kick noch ein herber Rückschlag. Es waren einfach drei Punkte, die jeder Betze-Fan felsenfest für die tabellarische Aufholjagd eingeplant hatte. Diese müssen nun woanders geholt werden. Zumindest auf die Spitzenreiter Duisburg und Ingolstadt ist der Abstand an diesem Spieltag nicht gewachsen. Und bei den Oberbayern tritt der FCK am Samstag an.
Neues System mit Pick als falscher Neun
Boris Schommers startete mit ein paar Neuerungen ins neue Jahr. Gegen erwartet defensive Aspacher liess er ein ungewohntes 4-3-3 spielen, in welchem Florian Pick erstmals zentral als "falsche Neun" agierte. Zudem versuchte sich das Team deutlich mehr im Kurzpassspiel als zuletzt. Hierfür stand Simon Skarlatidis in der Stammelf. Er ist für diese Art von Fußball klar besser geeignet als Konterstürmer Timmy Thiele, der erst in der zweiten Halbzeit reindurfte.
Der eingewechselte Mittelfeldspieler Anas Bakhat zeigte sich ebenfalls sehr ballsicher und dribbelstark. Der 19-Jährige bot ein sehr ordentliches Debüt. Bedenkt man, dass Neuzugang Hikmet Cifci (am Montag verletzungsbedingt ohne Einsatz) ebenfalls ein Techniker ist und Theo Bergmann statt Gino Fechner auf der Bank saß, kann man erahnen, was Boris Schommers vorhat. Er will mehr Kombinationsfußball sehen und mehr auf ein Kurzpassspiel in den gegnerischen Strafraum hinein setzen. Letztlich bleibt ihm auch wenig anderes übrig. Ein kopfballstarker Offensivspieler oder ein Knipser stehen dem Coach auch weiterhin nicht zur Verfügung. Daran wird sich auch in der Rückrunde nichts ändern.
Wie zuletzt schon in der Kaderanalyse The "Picki Blinders": Eine Kaderanalyse beschrieben hängt die Mannschaft weiterhin (zu) sehr von Florian Pick ab. Wenn dieser fehlt oder, wie am Montag, einfach keinen guten Tag hat, fällt dem Team das Toreschießen extrem schwer. Hier mehr auf spielstarke Typen wie Skarlatidis zu setzen ist sicherlich der richtige Ansatz.
Das Kurzpassspiel der Offensive, an dem sich auch die Außenverteitiger Philipp Hercher und Dominik Schad beteiligten, sah zum Teil schon recht vielversprechend aus. Lediglich der letzte Pass oder der platzierte Abschluß fehlten zumeist, sonst wäre der FCK als verdienter Sieger vom Platz gegangen. Solche Spiele passieren halt. Und wie oft kamen in den letzten Jahren Außenseiter wie Großaspach auf den Betze, mit dem einzigen Ziel ein 0:0 zu ermauern. Oft fuhren sie am Ende gar mit drei Punkten nach Hause. Dass dies am Montag nicht der Fall war, ist Lennart Grill zu verdanken, der im zweiten Durchgang mehrfach reaktionschnell den Kasten sauber hielt.
Wir können Standards!
Die gefährlichsten Torchancen für den FCK resultierten übrigens aus Standardsituation. Ja, richtig gelesen. "Das Team trainiert derzeit verstärkt Standards" hört man zwar schon regelmäßig seit der Ära Runjaic. Allein Tore erzielt der FCK durch ruhende Bälle so gut wie nie. Das jüngste Trainingslager ließ aufhorchen: Gleich mehrere Treffer für die Roten Teufel resultierten in den Testspielen aus Ecken oder Freistößen. Und auch gegen Großaspach war das Team gleich dreimal nach Standards sehr nah am Führungstreffer. Kraus und Kühlwetter scheiterten jeweils am Aluminium, André Hainault am glänzend reagierenden Torwart Reule. Mit etwas mehr Glück wird sich das Team hier schon in den nächsten Wochen belohnen.
Erwartungshaltung & Chancentod
Der gemeine FCK-Fan reagiert in der Regel gereizt, wenn jemand behauptet, die Erwartungen des FCK-Umfeldes seien zu hoch. Zumindest die Zuschauer, die nach dem Schlusspfiff am Montagabend die eigene Mannschaft auspfiffen, sollten Ihre Erwartungshaltung definitiv mal gründlich hinterfragen.
Auch die Dauernörgler und Forentrolls, die stets eine maximale Erwartung haben, um bei Nichterfüllung sofort in Shitstorms umzuschwenken, waren nach dem Schlußpfiff "endlich" wieder aktiv. Die letzten drei Monate ohne sportliche Misserfolge der Roten Teufel müssen extrem hart für sie gewesen sein. Wie man denn gegen Großaspach nur 0:0 spielen könne und, dass Thiele ein Chancentod sei, waren sehr beliebte Beiträge.
Wer das Spiel gesehen hat, dem ist aufgefallen, dass die Mannschaft Fußball gespielt hat und das mit hohem läuferischem Aufwand. Sie hatte genug Möglichkeiten das Spiel zu gewinnen und außer der Chancenverwertung kann man ihr nichts vorwerfen. "Chancentod" Thiele hat übrigens, inklusive DFB-Pokal, bisher 9 Treffer und 5 Assists vorzuweisen. Vielleicht sollte man ein Spiel nicht nur anhand des Ergebnisses oder einer einzigen Spielszene beurteilen.
Konter oder Angriffsfußball? Das Auswärtsspiel in Ingolstadt
„Wenn wir in Ingolstadt gewinnen ist alles wieder gut.“ brachte Christian Kühlwetter im Interview nach dem Match die Situation auf den Punkt. Spanned dürfte die taktische Ausrichtung beider Clubs beim Spiel am Samstag sein. In Duisburg agierte Ingolstadt aus einer kompakten Defensive heraus. Statt auswärts beim Tabellenführer spielen die Schanzer nun aber daheim gegen den Tabellenzehnten und haben mit Mannheim und Unterhaching neuerdings zwei Verfolger in Schlagdistanz. Auf Lauterer Seite kommen zwei Systeme in Frage: Der spielerische 4-3-3-Ansatz von Montag mit Skarlatidis in der Startformation oder ein auf Konter ausgerichtetes 4-4-2, was eher Thiele einen Startelfeinsatz versprechen würde. Ein Unentschieden wie im Hinspiel wäre beiden Teams wohl zu wenig, aber selbst dann wäre die Saison für den FCK noch nicht gelaufen.
Schon drei Tage nach dem Auswärtsspiel in Ingolstadt steigt am Dienstag das DFB-Pokal-Achtelfinale gegen Fortuna Düsseldorf auf dem Betzenberg. Ein Weiterkommen und die damit verbundene Prämie von 1,404 Millionen Euro (plus anteilige Zuschauereinnahmen) würden für den FCK einen extrem wichtigen Schritt in Richtung Lizenz für die neue Saison darstellen.
Quelle: Treffpunkt Betze