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Kommentar: Das Pokal-Aus als Hoffnungsmacher
Trotz Mentalität und Kampfgeist musste sich der FCK gegen Gladbach geschlagen geben. Die spielerische Qualität macht wiederum Hoffnung für den Drittliga-Alltag.
Der 1. FC Kaiserslautern ist nach der 0:1-Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach aus dem DFB-Pokal geflogen. Dennoch konnte das Team von FCK-Cheftrainer Marco Antwerpen dem Bundesligisten über die volle Spielzeit Paroli bieten. Das wiederum macht Hoffnung für die kommenden Ligaspiele.
Spieltagsbilder: 1. FC Kaiserslautern - Borussia Mönchengladbach (0:1, DFB-Pokal)
Veränderte Taktik gegen Gladbacher Offensivpower
Um gegen die hochkarätig besetzte Offensive der Gladbacher um Kapitän Lars Stindl zu bestehen, wählte Antwerpen zum ersten Mal in der laufenden Saison eine neue Formation: Eine physisch robuste Dreierkette um Marvin Senger, Kevin Kraus und Boris Tomiak sollte dafür sorgen, dass die schnellen und technisch starken Gladbacher gar nicht erst ins Spielen kommen. Somit kam Senger, der in den ersten beiden Ligaspielen noch wegen einer Risswunde passen musste, zu seinem ersten Saisoneinsatz für den FCK. Dazu brachte Antwerpen neben Senger auch Kevin Kraus und Kenny-Prince Redondo neu ins Team und reagierte damit auf die verletzungsbedingten Ausfälle von Dominik Schad und Marlon Ritter.
Und die neue 3-3-2-2 Formation schien ihre Früchte von Beginn an zu tragen: Antwerpens Mannschaft agierte gegen den Ball von Beginn an sehr kompakt und aggressiv. Die Roten Teufel vermittelten den Eindruck, als wollten sie jeden verlorenen Ball zurückerobern - ruppige Zweikämpfe und haufenweise Sprints inklusive. Bezeichnend waren schon die ersten Sekunden des Spiels, in denen der FCK vorne extrem früh attackierte und nach einem direkten Ballgewinn bereits nach 27 Sekunden den ersten Abschluss vorzuweisen hatte - Klingenburg verzog jedoch. Auch in den folgenden Minuten war auf dem Rasen kein Klassenunterschied zu erkennen. Die Gladbacher Führung nach 11 Minuten war daher völlig überraschend: Mit all seiner Klasse leitete Stindl den Gladbacher Angriff zunächst ein und köpfte nach einem schwer zu verteidigenden Lauf aus der Tiefe gegen die Laufrichtung von FCK-Torwart Matheo Raab ins Tor. Auch weil Götze seinen Gegenspieler in dieser Situation aus dem Auge verlor, stimmte die Zuordnung in der Lauterer Hintermannschaft hier überhaupt nicht.
Fans treiben Mannschaft nach vorne
Die Roten Teufel versteckten sich nicht und spielten weiter nach vorne. Beflügelt wurden sie dabei von der - trotz beschränkter Zuschauerkapazität - euphorischen Stimmung auf den Rängen. Nicht umsonst sprach Tomiak nach dem Spiel von einer "richtig guten Atmosphäre", und Redondo hatte das Gefühl, "vor 20.000 statt vor 5.000 Zuschauern zu spielen".
Was außerdem extrem positiv auffiel: Nachdem Antwerpen nach der letzten Niederlage in Meppen die Einstellung seiner Spieler bemängelt hatte, zeigte sich der FCK diesmal aufopferungsvoll kämpfend und ging bisweilen forsch zu Werke. Gerade im Mittelfeld warfen sich Felix Götze, Mike Wunderlich und Mark Klingenburg im Minutentakt in die Zweikämpfe, sodass sich das Durchkommen für die Gäste als diffizile Angelegenheit herausstellte. Dass man nach dem frühen 0:1 nicht aufsteckte und sich weiter Chancen herausspielte, ist dem Team gerade deswegen hoch anzurechnen, weil eine Führung den Favoriten im Pokal oft in die Karten spielt und gerade die "Fohlen" für ihr schnelles Umschaltspiel bekannt sind. Trotz allem wankte der FCK kurz vor der Halbzeit dann doch, als sich Gladbach mehrfach gefährlich vor das Tor der Gastgeber kombinierte. Ein Tor fiel nicht, sodass sich der FCK die Chance auf die Sensation bewahrte.
Problemzone Standards
Ein jahrelanges Problem in Kaiserslautern sind bekanntermaßen die Standards: Im Angriff gelingen viel zu selten Tore nach ruhenden Bällen, und in der Verteidigung führt gefühlsmäßig jeder Eckball oder Freistoß zu einer gefährlichen Situation. Auch Felix Götze befand nach dem Gladbach-Spiel im ARD-Interview, dass in Sachen Standards noch "viel Nachholbedarf" bestünde, denn auch in diesem Spiel "brannte es hier oft wieder lichterloh". Was dem FCK fehlt sind nicht die großgewachsenen und kopfballstarken Spieler, davon standen unter anderem mit Tomiak, Senger und Kraus genug auf dem Platz. Vielmehr ist sowohl bei Offensiv- als auch bei Defensivstandards kein durchdachter Plan zu erkennen, was auch im Gladbach-Spiel wieder zu Großchancen nach Eckbällen wie der von Stefan Lainer in der 40. Minute führte.
Gerade im faden Drittliga-Alltag, in dem viele Mannschaften durch wenig offensiven Aufwand und eine große defensive Absicherung Spiele gewinnen wollen, könnte diese Standard-Unfähigkeit dem FCK auf Dauer zum Verhängnis werden. Denn gegen einen tief stehenden Gegner sollten gerade, wenn aus dem Spiel heraus wenig geht, Standardsituationen für Gefahr sorgen. Und andersherum darf es nicht passieren, dass man ein Spiel trotz Überlegenheit durch das schlampige Verteidigen von Standards wieder herschenkt. Daher der dringende Appell an Antwerpen und Mannschaft: Trainiert Standards!
Niehues-Debüt für den FCK
Eine von vielen Geschichten dieses denkwürdigen Abends auf dem Betzenberg war die Einwechslung des 20-jährigen Julian Niehues zur Halbzeit. Denn gegen keinen geringeren als seinen ehemaligen Verein feierte der Youngster sein Debüt im Dress des FCK und fügte sich nahtlos in das zeitweise feine und schnörkellose Kombinationsspiel von Antwerpens Team ein. Nach dem Spiel sprach er von einem "Wahnsinnsgefühl" und schwärmte davon, zum ersten Mal vor Fans in einem Pflichtspiel für den FCK auf dem Platz gestanden zu haben. Gekommen war Niehues für Kevin Kraus, der ab der Pause verletzungsbedingt auf der Bank Platz nehmen musste. Ob sich der Routinier schwerer verletzt hat und für die kommenden Spiele auszufallen droht, ist aktuell noch nicht bekannt.
Nachdem das Spiel nach der Halbzeit jedoch zunächst an Qualität verlor und sich fortan größtenteils zwischen den beiden Strafräumen abspielte, zeigte sich durch den Doppelwechsel von Antwerpen in der 63. Minute wieder einmal die breite Qualität des FCK-Kaders: Die ins Spiel gekommenen Nicolas Sessa und Marius Kleinsorge brachten sichtlich Schwung von der Bank, und auch das FCK-Spiel wurde nun wieder ruppiger, aggressiver. Das hatte zur Folge, dass sich auch die Fans der Roten Teufel auf den Rängen wieder lautstark bemerkbar machten - man war sich der Chance, dem Favoriten ein Bein stellen zu können, bewusst. Gerade die tolle kämpferische Einstellung der FCK-Spieler war bis auf den obersten Platz auf der Tribüne zu spüren.
Falscher Ansatz in der Schlussphase
Gefühlt waren die Roten Teufel dem Ausgleich auch näher als Gladbach dem zweiten Treffer. Nichtsdestotrotz konnte sich der FCK gegen Ende der zweiten Halbzeit keine zwingenden Chancen mehr herausspielen. Während es den Lauterern im Verlauf des Spiels immer wieder durch ansehnliches Flachpassspiel gelang, gefährlich vor das Tor von Gladbach-Torhüter Yann Sommer zu kommen, probierte es der FCK in den Schlussminuten überraschenderweise vornehmlich mit langen Bällen. Und das ohne Erfolg.
Neben der Kopfballstärke der erfahrenen Gladbacher Innenverteidigung um Nico Elvedi und Matthias Ginter war auch die fehlende Raumaufteilung ein Grund dafür, dass man immer wieder in Konter lief. Die Abstände waren schlichtweg zu groß - und FCK-Fans dürfte besonders seit den Relegationsspielen gegen Hoffenheim 2013 klar sein, dass lange Bälle gegen eine darauf eingestellte Abwehr kein probates Mittel sind.
Sippel, Sippel, Sippel
Nach dem Spiel gab es dennoch reichlich Applaus von den Tribünen. Und das zurecht. Die Roten Teufel zeigten gegen den Bundesligisten über das ganze Spiel hinweg eine gute und couragierte Leistung. Was Antwerpen seiner Mannschaft im Kreis nach dem Spiel auf den Weg gegegeben hat, wollte er nicht verraten, doch für ihn dürfte beim Auswärtsspiel am Sonntag (Anstoß: 13:00 Uhr) bei Viktoria Berlin nur ein Sieg zählen. Denn obwohl der FCK auch von ARD-Experte Bastian Schweinsteiger und Gladbach-Coach Adi Hütter viel Lob bekam, kann er sich von der guten Leistung nichts kaufen. Wie es Kenny-Prince Redondo nach dem Spiel auf den Punkt brachte, sollte das Team die "Mentalität, Laufbereitschaft und den Willen, für den anderen zu kämpfen" mit nach Berlin nehmen und auch gegen einen Drittligisten nicht weniger Einsatz an den Tag legen. Drei Punkte wären von großer Bedeutung, um den Anschluss an die oberen Tabellenplätze nicht schon früh in der Saison zu verlieren.
Dieses besondere Fußballspiel schrieb nach dem Abpfiff jedoch noch eine weitere Geschichte. Tobias Sippel kehrte zum ersten Mal nach seinem Wechsel zu Mönchengladbach an seine alte Wirkungsstätte zurück wurde und nach dem Spiel vom Lautrer Anhang gefeiert. Sippel stammt aus der eigenen FCK-Jugend und spielte 17 Jahre für "seinen" FCK, weswegen ihm der Verein selbstredend noch immer am Herzen hängt. Beim Gang in die Westkurve wurde er von "Sippel, Sippel, Sippel"-Sprechchören begleitet und bedankte sich bei den FCK-Fans für diese tolle Geste.
Quelle: Treffpunkt Betze