Diskussionsthema zum Artikel: Vom Absturz der Euphorie
Vom Absturz der Euphorie
Die Stimmung beim FCK hat sich binnen weniger Monate um 180 Grad gedreht. Es sind nicht nur die ausbleibenden Ergebnisse, die die Stimmung drücken. Eine Chronik der Ereignisse.
Wir schreiben den 19. Mai 2024. Nach einer chaotischen Saison mit drei Trainern fertigt ein pfälzischer Pokalfinalist, der jüngst die Klasse gehalten hat, Eintracht Braunschweig im heimischen Fritz-Walter-Stadion mit 5:0 ab. Die Stimmung danach ist ausgelassen und voller Hoffnung. Und als eine Woche später rund 50.000 FCK-Fans an einem Frühsommerabend die Straßen von Berlin besetzen und dabei ein Fußballfest sondergleichen feiern, scheint selbst der ungeschlagene Deutsche Meister plötzlich schlagbar. "Wer, wenn nicht wir" zu denken, wenn es gegen die Übermannschaft schlechthin geht, ist typisch für die Anhänger der Roten Teufel. Knapp fünf Monate nach dem beeindruckenden Auftritt auf der größten deutschen Fußballbühne schallt es aus dem Gästeblock des Fußballzwergs Elversberg: „Wir wollen euch kämpfen sehen“. Dazu erklingen nach der 0:1-Pleite und einem weiteren blutleeren Auftritt des 1. FC Kaiserslautern deutliche Pfiffe. Der FCK hat sämtliche Euphorien verspielt, die nach dem Pokalfinale aufgekeimt sind.
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Die Trainerentscheidung
Mit Markus Anfang hat der FCK einen Trainer verpflichtet, der auf vielen Ebenen umstritten ist. Zunächst auf sportlicher Ebene: Formal ist Anfang bei Dynamo Dresden nach einer überragenden Hinrunde nicht aufgestiegen und entlassen worden. Mit seinem Engagement beim FCK stolpert er gewissermaßen die Karriereleiter nach oben. Der ballorientierte Ansatz ist mutig, aber auch konträr zur Zusammenstellung des Teams, das zuletzt mit Antwerpen, Schuster, Grammozis und Funkel Übungsleiter hatte, die eher dem Gegner den Ball überließen. Auch die Person Markus Anfang sorgte bei vielen Anhängern für Unmut. Nicht nur die Impfpass-Affäre bot Reibungspotenzial, auch die Tatsache, dass mit Markus Anfang ein ehemaliger Mitspieler geholt wurde, könnte von einigen als Versuch gewertet werden, möglichst viel Einfluss zu behalten. Zudem verlief die Amtszeit des letzten Ex-Lautrers, Dimmitrios Grammozis, eher desaströs. Aber, und das muss auch gesagt werden, jeder Trainer, jeder Mensch verdient eine faire Chance, und gerade Grammozis hat sie nicht bekommen.
Die Novoline-Entscheidung
Kurz darauf präsentierte der FCK mit der Löwen Entertainment GmbH und Novoline einen neuen Hauptsponsor, der für viele ein rotes Tuch darstellt. Die damit verbundene Werbung für Glücksspielautomaten und Online-Casinos ist zwar finanziell lukrativ, moralisch jedoch äußerst fragwürdig. Gleiches gilt für die bisherige Partnerschaft mit Lotto Rheinland-Pfalz, wobei Lotto nie Hauptsponsor der Roten Teufel und somit leichter zu ertragen war. Auch die Kommunikation des neuen Hauptsponsors sorgte für Kontroversen: Das vermeintlich regionale Unternehmen gehört seit 2003 zur global agierenden Novomatic AG aus Österreich. Inwiefern hier eine regionale Verbundenheit besteht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Zur reinen Tatsache des Sponsorings kommt der Bonus, dass der ungeliebte Sponsor quasi omnipräsent ist. Egal ob Social Media, FCK-Website oder die Tribünen auf dem Betzenberg: Das Novoline Logo ziert so einiges in der Pfalz. Auch das stößt manchem sauer auf.
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Die Transferperiode
Eine Transferperiode bietet immer Raum für Meinungsverschiedenheiten, keine Frage. Und es dauert seine Zeit, bis man die Qualität der Neuzugänge richtig einschätzen kann. Doch die Verabschiedung einiger verdienter Spieler, die gleichzeitig einen festen Platz in den Herzen vieler Fans hatten, sorgt oft für Enttäuschung. Auch weil der FCK eher unspektakulär eingekauft hat. Große Namen sucht man auf der Liste der Neuzugänge vergeblich, auch wenn einige Transfers das Potenzial zu echten Schnäppchen haben. Unabhängig davon sorgt vor allem die Sechser-Position für Aufregung - die für viele existierende Lücke im System wurde zumindest nicht optimal geschlossen. Über die Rolle von Boris Tomiak lässt sich streiten, dennoch fehlt dem FCK die Tiefe, sollte sich der gelernte Innenverteidiger verletzen. Die Erwartungshaltung einiger Fans, ob zu hoch oder nicht, wurde in dieser Hinsicht enttäuscht.
Die sportlich ausbleibenden Erfolge
Womit wir in der Gegenwart angekommen wären. Denn egal welche Unruhen, egal welcher Spielstil und egal welche Transfers: Gewinnt der FCK seine Spiele, kehrt logischerweise auch die Euphorie zurück. Und genau damit tun sich die Roten Teufel schwer. Nach den knappen Pflichtsiegen in den ersten Spielen und dem Weiterkommen im Pokal, schien sich die Stimmung auf dem Betzenberg vorsichtig zu heben, doch wirklich überzeugend spielten die Pfälzer nicht. Die Niederlagen gegen Berlin, Hannover und das Last-Minute-Unentschieden gegen den HSV sorgten für Ernüchterung. Die Ligaspitze ist aktuell zwei Nummern zu groß für den FCK. Natürlich braucht ein neuer Trainer Zeit, aber es kann nicht der Anspruch der Roten Teufel sein, sich über die „stabile“ Abwehr und die defensive „Null“ beim Tabellenletzten zu freuen, der bis zu diesem Zeitpunkt nur ein einziges Tor erzielen konnte. Dass sich die Probleme auch gegen Elversberg verschärft haben, lässt die Stimmung derzeit eher implodieren.
Nicht nochmal „Chaoslautern“
Es bleibt zu hoffen, dass sich die Mannschaft und das Spielsystem schnellstmöglich stabilisieren, um in den nächsten Spielen, in denen die Gegner allesamt aus den Top 6 der Liga kommen, eine Leistungssteigerung zu erzielen. Ansonsten droht erneut eine schwierige Saison. Vor allem aber müssen die Verantwortlichen, die Spieler und der Trainer darauf achten, die Euphorie der Fans zurückzugewinnen.