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BODENLOS - Nicht nur Christian Tiffert war gestern ein Totalausfall beim FCK. Die Lauterer scheinen im freien Fall in Richtung zweite Liga.
Mainz 05 schießt den 1. FC Kaiserslautern mit 4:0 ab und auf einen Abstiegsplatz. Coach Marco Kurz sieht seine Mannschaft „am Tiefpunkt”. Viele Lauterer Fans fordern verbittert: „Trainer raus!”
MAINZ. „Schlechter geht es nicht mehr. Nach einer solchen Leistung muss man sich auch mit Recht beschimpfen lassen!” Christian Tiffert, der Kapitän des 1. FC Kaiserslautern, sieht sich, seine Mannschaft und den Verein nach dem 0:4 (0:3)-Debakel beim FSV Mainz 05 vor „einer harten Woche”. Der FCK ist auf einem Abstiegsplatz angekommen - und er trat gestern auch auf wie ein Absteiger! „Der Tiefpunkt, seit ich hier bin”, gestand Trainer Kurz, der seinen Spielführer nach 45 Minuten vom Rasen der Demütigung nahm. „Weil er schlecht gespielt hat”, begründete Kurz den Austausch. Er hätte aber auch außer Trapp, Borysiuk und De Wit sieben andere rausnehmen können!
Der Trainer übernahm die sportliche Verantwortung für einen desolaten Auftritt, eine Nicht-Leistung. Vereinschef Stefan Kuntz will mit Abstand zum Debakel im Derby „alles auf den Prüfstand stellen”. Noch elf Spiele bleiben, „um das Endziel zu erreichen”, wie es Kurz formuliert.
Schon Frühjahrsschlaf? Noch Winterschlaf? Gleich wie: Nach zwei Minuten liegt der FCK zurück. Wer trifft? Mohamed Zidan aus 14 Metern - völlig unbelästigt. Zidan? Nie gehört? Es ist sein vierter Treffer im vierten Spiel nach der Rückkehr ins Trikot der „Nullfünfer”. Klasse, der Rückpass von Nicolai Müller, der am rechten Flügel das Ausflugswetter genießt. Anthar Yahia wird vom flinken Ex-Fürther frisch gemacht.
Das 2:0 - Adam Szalai krönt die Vorarbeit des spielintelligenten Elkin Soto nach einem anfängerhaften Fehler des jungen Julian Derstroff (17.). Drei Minuten später setzt Pierre De Wit einen Freistoß ab, Christian Wetklo aber ist auf dem Posten. Ansonsten - Lauterer Leerlauf. Mainz 05 beherrscht bei prächtiger Stimmung den Freiraum, ist spielerisch, taktisch und im Zweikampf überlegen. Die zweiten Bälle - meist sichere Beute von Tuchels giftigem Ensemble, das ohne schwachen Punkt agiert.
Klasse herausgespielt das 3:0: Yahia verliert im Mittelfeld den Ball, Tiffert sieht im Laufduell mit Müller aus wie ein AH-Spieler kurz nach der Pensionierung - der Schuss landet im langen Eck.
Und der FCK? Paart Pech und Unvermögen! So zimmert Tiffert den Ball in der 44. Minute an die Torlatte, dann scheitert Mathias Abel nach der zweiten Lauterer Ecke aus vier Metern an Wetklo.
Die zweite Hälfte - der FCK ist um Schadensbegrenzung bemüht. Mainz 05 drosselt die Offensive, lässt bei 12:3-Chancen nur noch das 4:0 gegen Eric Choupo-Moting folgen (74.). Der Rest ist Party, als die Lauterer in ihre Fankurve schleichen. Ein Gang nach Canossa ...
Modern führt altmodisch vor
Mainz 05 begeistert mit tollem Flachpass-Spiel. Kaiserslautern schafft es nicht einmal, der schnellen Kunst Kampf entgegenzusetzen. Es herrschen Wut, Enttäuschung und Ratlosigkeit - nicht nur bei den Fans des FCK.
Die Sache war rasch und mühelos erledigt für den modernen Flachpassfußball spielenden FSV Mainz 05. Nach einer halben Stunde stand es im Derby 3:0 für die frischen und erfrischenden „Nullfünfer” gegen einen desolaten 1. FC Kaiserslautern. Die FCK-Profis ob ihrer geistigen und körperlichen Langsamkeit als AH zu bezeichnen, wäre eine Beleidigung für jede Freizeitmannschaft im Altherrenalter.
Pass hin, Pass her, Torschuss, Treffer. So schnell, wie die Mainzer spielten, schauten ihre Gegner nicht mal. „So eine erste Halbzeit, das war zum Teil eine Frechheit von uns”, bekannte Mittelfeldspieler Pierre De Wit, gestern fast der einzige mit Biss beim FCK, nach dem Derby-Debakel. Überraschend, dass die 4500 FCK-Fans in der Arena so lange Geduld hatten mit ihren Lieblingen, die wieder so gar keine Liebe zurückschenkten: Erst zehn Minuten, bevor das peinliche 0:4 (0:3) feststand, riefen die Lauterer Anhänger: „Wir hamm' die Schnauze voll.” Und: „Trainer raus!” Die Stimmung ist in den vergangenen Wochen der Niederlagen - eingeleitet durch die fatale Heimschlappe gegen einen wahrlich nicht guten 1. FC Köln - immer schlechter geworden. Nun ist sie gekippt.
Die Fans haben lautstark ihrem Wunsch Ausdruck verliehen, dass endlich etwas passieren möge, das dem rasanten Abwärtssog entgegenwirkt. Was das sein soll, wissen auch sie nicht. Wer der Wunderheiler sein soll, wenn „Trainer raus” Wirklichkeit werden sollte: Ratlosigkeit. Dieselbe Ratlosigkeit, wie sie ihre Lieblinge auf dem Platz beschämend zur Schau trugen und wie sie Trainer Marco Kurz mit seinen permanenten erfolglosen Wechselspielchen bei der Aufstellung suggeriert. Die Wut der FCK-Anhänger beim schleichenden Gang ihrer Mannschaft samt Kurz vor die eigene Fankurve nach dem Abpfiff wurde in der stimmungsvollen Mainzer Arena von den Freudengesängen der „Nullfünfer” übertönt.
Sie genossen den Rausch, in den sie sich gespielt hatten. So ist Nicolai Müller über sich hinausgewachsen. Er düpierte Christian Tiffert und Anthar Yahia nach Belieben. Er wirbelte auf der rechten Mainzer Seite, war nicht einzufangen, bereitete das 1:0 (2.) durch Mohamed Zidan vor und belohnte sich mit seinem 3:0 (30.) selbst. „Ein Derbysieg ist schön, besonders wenn er so herausgespielt wird”, meinte der Mainzer Trainer Thomas Tuchel zum tollen Fußball seines Teams. „Wir waren von Anfang an dominant und haben umgesetzt, was wir die Woche über trainiert haben”, analysierte Müller. „Wir haben heute alles abgerufen.”
Ganz im Gegensatz zum FCK. „Das hat aber mit dem Trainer rein gar nichts zu tun”, meinte De Wit, „wir sind auf die Situationen theoretisch gut vorbereitet. Aber wir bringen es nicht auf den Platz.” Ratlosigkeit pur.
DIE RHEINPFALZ
Ludwigshafener Rundschau