Diskussionsthema zum Artikel: Ein Sieg des Willens
Ein Sieg des Willens
Es gibt Siege - und es gibt "brutal wichtige" Siege. Der Heimsieg gegen Verl war ein solcher. Er macht Mut und stärkt den FCK für das letzte Saisondrittel. Ein Kommentar.
Nach den beiden Topspielen gegen Magdeburg und Mannheim stand für den 1. FC Kaiserslautern an diesem 28. Spieltag mit dem abstiegsbedrohten SC Verl eine vermeintlich leichtere Aufgabe auf dem Programm. Doch es zeigte sich mal wieder, dass gerade diese Partien besonders schwierig zu bespielen sind.
Wieder einmal besondere Bedingungen
Eigentlich schien mit der erstmals wieder zugelassenen Zuschauerkapazität von 20.000 alles für ein Lautrer Fußballfest angerichtet zu sein. Immerhin fanden knapp 18.000 Fans den Weg auf den Betze, die natürlich einen Sieg für ihren FCK sehen wollten. Doch bereits vor dem Spiel herrschten Widrigkeiten, die eine gewisse Herausforderung mit sich bringen sollten. So stellte der Sportclub bereits die dritte Mannschaft in der laufenden Saison, die mit einem neuen Trainer an der Seitenauslinie gegen die Roten Teufel antrat. Eine genaue Vorbereitung auf den Gegner stellte sich dementsprechend nicht gerade einfach dar.
Hinzu kam, dass Cheftrainer Trainer Marco Antwerpen wieder einmal auf zwei Positionen umstellen musste. Durch die Gelbsperre von Boris Tomiak musste die funktionierende Abwehrkette erneut umgebaut werden. Anstelle von Tomiak übernahm Felix Götze nach überstandener Fußverletzung den rechten Part in der Dreierkette. Zudem mussten die Hausherren krankheitsbedingt und sehr kurzfristig auf Stürmer Terrence Boyd verzichten - für ihn kehrte Daniel Hanslik zurück in die Startelf und damit auch die Statik und Grundausrichtung aus der Zeit vor Boyds Wechsel zum Betzenberg.
FCK kommt nicht in Fahrt
Der Start für die Hausherren war durchaus sehr zäh, obwohl es schon früh zu ersten Torannäherungen und Chancen durch Hendrick Zuck und Felix Götze kam. Doch Verl versteckte sich keineswegs und hatte sogar deutlich mehr Spielanteile. Der FCK wiederum agierte für ein Heimspiel ungewöhnlich abwartend und zurückhaltend und überließ dem Gegner die Initiative. Diese Passivität und ungewohnte Fehleranfälligkeit in der Defensive sollte sich rächen. Ohne richtigen Zugriff im Mittelfeld kombinierte sich der Sportclub in der 14. Spielminute durch die Hälfte der Lautrer und schloss zur Führung der Gäste ab.
Nach dem Gegentreffer verlor der FCK völlig den Faden. Verl lief immer wieder früh an und zwang die Roten Teufel zu zahlreichen Fehlpässen. Immer wieder mussten die Lautrer auf lange Bälle zurückgreifen - das Mittelfeld mit Marlon Ritter, Mike Wunderlich und René Klingenburg trat im ersten Durchgang kaum in Erscheinung. Somit klaffte ein riesiges Loch zwischen Abwehr und Offensive mit der Ergebnis, dass Daniel Hanslik und Kenny Redondo zu oft auf sich alleine gestellt waren. Der SCV brachte das sonst so sichere Abwehrbollwerk der Lautrer immer wieder in Bedrängnis und hatte gar die Möglichkeit auf 0:2 zu erhöhen. Kurz vor der Pause deutete im Spiel der Hausherren nicht sonderlich viel daraufhin, dass der Ausgleich erzielt werden könnte. Und tatsächlich machte sich vereinzelt Unmut auf den Rängen des Fritz-Walter-Stadions breit.
Doch wie aus dem Nichts schlug der FCK im Stile einer Spitzenmannschaft zu. Nach einem Eckball von Hendrick Zuck setzte sich Alexander Winkler energisch durch und drückte den Ball mit dem Kopf über die Linie. Das war bereits der 15. Treffer eines Abwehrspielers in dieser Saison er und zeigt, wie wichtig Standards in dieser Liga sind. Steht man oben in der Tabelle, können solche Treffer trotz wenig zufriedenstellender Leistungen regelrechte Dosenöffner sein. Mit dem schmeichelhaften Unentschieden ging es dann auch in die Kabine. „Wir haben glaub ich keine gute erste Hälfte gespielt. Wir können dann froh sein, dass wir quasi aus dem Nichts das Tor nach einem Standard erzielen “, bewertete Felix Götze den ersten Durchgang.
Erst Powerplay, dann ein Sololauf und Geniestreich
Zum Start der zweiten Halbzeit reagierte Marco Antwerpen auf die zerfahrene erste Hälfte und brachte Hikmet Ciftci, der bereits in Mannheim ein überragendes Spiel machte. Felix Götze rückte für Klingenburg ins Mittelfeld. Und mit seinen folgerichtigen und spielabhängigen Anpassungen sollte Antwerpen ein goldenes Händchen beweisen. Zudem schien er die richtige Ansprache in der Pause gefunden zu haben. Vom Start weg präsentierte sich der FCK komplett verändert. Plötzlich war die Mannschaft deutlich bissiger und lief die Abwehrreihe der Gäste deutlich früher an. Mit Felix Götze im Mittelfeld spielte die Hausherren zudem zielstrebiger und verzichteten zunehmend auf den langen Ball. Dabei ließen die Roten Teufel den Gästen keinerlei Möglichkeit zum Verschnaufen und setzten immer wieder zu gefährlichen Angriffen an. Eine Führung wäre nach 15 bis 20 Minuten in Halbzeit zwei längst überfällig gewesen.
Doch in der drückenden Überlegenheit der Lautrer bestand natürlich auch die Gefahr, dass sich die verpassten Chancen mit einem Konter rächen könnten. Tatsächlich hatte der FCK großes Glück, als Verl nach einem schweren Fehlpass im Mittelfeld einen solchen Konter nicht nutzen konnte. Weiterhin blieben die Lautrer die aktiviere Mannschaft, allerdings versehen mit einer beinahe desolaten Chancenverwertung. Als vieles nach einem Unentschieden aussah, fing Marlon Ritter an der Mittellinie einen Konter ab, fasste sich ein Herz und marschierte mit unbändigen Willen durch die Verler Hintermannschaft, um dann freistehend vor Torhüter Thiede zum absolut verdienten 2:1 Führungstreffer einzunetzen. Mehr als zufrieden zeigte sich Ritter über seinen späten Siegtreffer: „Wir hatten eine schlechte Absicherung. Wenn Verl das besser ausspielt, kann das auch anders ausgehen. Da spekulierte ich ein bißchen. Dann hatte ich viel Grün vor mir und sehe irgendwann das Tor vor mir, da muss man dann auch einfach mal schießen“, beschreibt der Mittelfeldspieler seinen Turbolauf zum Tor des Tages.
Auch wenn die Hausherren gerade in der ersten Hälfte keine Glanzleistung ablieferten, so war der Sieg am Ende durch die Leistung in Halbzeit zwei mehr als verdient, fand auch Marco Antwerpen: „Der zweite Durchgang war ein absoluter Sturmlauf und da hat man gesehen, was wir in der Lage sind zu spielen, wenn wir über Tempo kommen, wenn wir den absoluten Willen haben aufs Tor zu spielen.“ Die Entwicklung der Mannschaft schreitet weiter voran und es ist bemerkenswert zu sehen, wie viele Gemeinsamkeiten diese Partie zum Heimspiel gegen Würzburg aus der Hinrunde aufwies. Damals verlor der FCK nach Rückstand trotz Chancenwucher mit 0:2. Jetzt gewinnt man trotz ausbaufähiger Leistung ein solches Spiel.
Wochen der Entscheidung
Blickt man auf die Ergebnisse des Spieltags, an dem alle Mannschaften an der Spitze gewonnen haben, zeigt sich, welche Bedeutung der späte Sieg gegen den Sportclub hatte. Mit dem Punkten 48, 49 und 50 gelingt es dem 1. FC Kaiserslautern, die eigene Position zu festigen.
Wie wichtig der Sieg auch für die englische Woche war, brachte dann abschließend Marco Antwerpen auf den Punkt: „Wir haben die letzten beiden Spiele Unentschieden gespielt, da willst du die englische Woche nicht mit einem Unentschieden oder einer Niederlage starten, gerade mit dem Auswärtsspiel gegen 1860." Und tatsächlich naht der Beginn des letzten Saisondrittels, in dem die nächsten Spiele und Wochen für den weiteren Saisonverlauf entscheidend sein werden. Nach Verl warten auf den alten und neuen Tabellenzweiten aus Kaiserslautern mit dem Nachholspiel gegen 1860 München am Dienstag und dem Auswärtsspiel beim VfL Onsabrück am Samstag zwei echte Gradmesser. Für eine Vorentscheidung im Aufstiegskampf ist es natürlich noch zu früh. Der FCK könnte jedoch im Falle zweier Auswärtssiege die Abstände auf die Konkurrenz deutlich ausweiten. Es geht wieder um was.
Quelle: Treffpunkt Betze