Diskussionsthema zum Artikel: Dirk Schuster, mach’s nochmal!
Dirk Schuster, mach’s nochmal!
Der FCK zeigt der ganzen Liga, was Ergebnisfußball bedeutet. Und Dirk Schuster macht das, was er immer macht. Der letzte Spieltagskommentar vor der XXL-Winterpause.
Das PONS-Wörterbuch der deutschen Sprache beschreibt „Ergebnisfußball“ als „Fußball, der nur am Spielergebnis, nicht an einer sportlich hochwertigen Spielkultur orientiert ist.“ Und dabei fallen einem viele Beispiele ein. Der zerstörerische Fußball Sepp Herbergers bei der WM 1954, der italienische Catenaccio oder die stehende Null von Huub Stevens. Doch wenn man in die jüngere Geschichte des Deutschen Fußballs schaut, ist das Wort Ergebnisfußball nicht vom Namen Dirk Schuster zu trennen.
Als Schuster im Jahr 2016 vor Thomas Tuchel zum Trainer des Jahres gewählt wurde, war der Aufschrei in Fußballdeutschland groß. „Hässlicher, ekliger Fußball“, „ein limitiertes Team mit einem limitierten Trainer“. Ja, das Team (damals Darmstadt 98) von Dirk Schuster war limitiert. Und sein Fußball auf Zerstörung und Konter über Marcel Heller ausgelegt. Aber er zeigte Wirkung. Und zwar nicht nur in System und Taktik, sondern auch in der Strategie über die gesamte Saison hinweg. So war es bestimmt nur Zufall, dass gleich fünf Darmstädter Spieler beim Aufeinandertreffen mit dem FC Bayern München in dieser Saison gesperrt waren. Dirk Schuster ist eben am Ergebnis interessiert und nicht an dem, was Fans, Funktionäre oder eben Journalisten denken.
Der FCK ist wieder da!
Zurück ins Fußballjahr 2022, in dem der coronainsolvente 1. FC Kaiserslautern einen Punkt hinter dem Relegationsplatz steht. Und zwar nicht dem Relegationsplatz um den Wiederabstieg. Die Lautrer stehen auf Platz 4 in einer Liga mit dem HSV, Paderborn, Bielefeld, St. Pauli, Nürnberg, Hannover, Darmstadt und Fürth. Und zwar mit einem der niedrigsten Etats der Liga. Wie? Durch Ergebnisfußball.
Die Pfälzer spielen nicht schön. Gut, wahrlich schöner als in den letzten vier Jahren, aber in die andere Richtung war auch nur noch wenig Spielraum. Der FCK spielt effizient und vor allem abwartend. Es ist kein Zufall, dass auf jede passive Halbzeit oder auf jeden Rückstand eine taktische Veränderung in Halbzeit zwei die Roten Teufel oft auf Augenhöhe mit seinem Gegner bringt. Das Gegentor in der 14. Minute durch Michal Karbownik war vermeidbar. Vier Spieler schauen zu, wie der Düsseldorfer zum Tempodribbling ansetzt und denken jeweils: „Nimm du ihn, wir haben ihn sicher.“ Ein Schuss, ein Tor, die Düsseldorfer. Doch was folgt ist das, was in dieser Saison schon so oft folgte. Der FCK wartet ab, verteidigt gut und schafft es sich nicht noch mehr Tore zu fangen, um dann in der zweiten Halbzeit sondergleichen aufzudrehen und mit einem frühen Tor zurückzukommen. Dass es dann einen Elfmeter in der 96. Minute gibt, ist glücklich, dem Spielverlauf nach aber nicht unverdient.
Der Plan des Dirk Schusters
Es scheint, als würden die Roten Teufel und Dirk Schuster die erste Halbzeit nutzen, um den Gegner zu analysieren, und um in der zweiten Halbzeit zurückzuschlagen. Zugegeben: Ingame-Coaching sieht anders aus, aber die Pläne und taktischen Änderungen von Dirk Schuster funktionieren immer wieder und bescheren den Lautrern eine perfekte englische Woche vor der XXL-Winterpause. Boris Tomiak eine Linie nach vorne zu ziehen, um den etwas glücklosen Hikmet Ciftci zu ersetzen und gleichzeitig Julian Niehues zu replizieren, war schlicht brillant. Tomiak, der ohnehin schon auf den Zetteln einiger Vereine steht, wird nach diesem Spiel wohl an noch mehr Whiteboards in deutschen Teammanager-Büros auftauchen.
Doch auch die ersten Halbzeiten des Traditionsclubs aus der Pfalz werden nach und nach besser. Gegen Fürth und Karlsruhe hätte man gut und gerne 4:0 hinten liegen können. Und trotzdem gewann man die Spiele. Gegen Fortuna Düsseldorf zeigte der FCK hin und wieder, dass er wesentlich pressingresistenter ist als noch zu Beginn der Saison. Ja, Andreas Luthe hatte einmal Glück, dass sein völlig missglückter Pass in Minute '41 von Marcel Sobottka neben das Tor gesetzt wurde, aber das ein oder andere Mal fühlte man sich an den Walter-Ball vom Hamburger SV erinnert, wenn Marlon Ritter und Boris Tomiak sich mit kleinen Pässen aus dem gegnerischen Angriffspressing befreiten. Dies war auch der Tatsache geschuldet, dass Terrence Boyd, der entgegen allen Vermutungen leider nicht zur WM fährt, in der ersten Halbzeit keinen Stich gegen die Innenverteidigung der Fortuna gesehen hat.
Apropos Innenverteidigung der Fortuna: Die spielte in der ersten Halbzeit weitgehend mit einem Dreieck bestehend aus Tim Oberdorf, Christoph Klarer und Torhüter Florian Kastenmeier. Eben letzter rückte mit einer Ruhe und Gelassenheit beinahe bis an die Mittellinie vor, wie man es sonst nur von Manuel Neuer kennt. Doch in Halbzeit zwei führte der 1. FC Kaiserslautern gerade diese Manier ad absurdum. Kastenmeier, der noch in Halbzeit eins fröhlich nach vorne schlenderte, fand sich in der zweiten Halbzeit teilweise vor seinen beiden Innenverteidigern wieder, ohne angelaufen zu werden. Ohne auch nur eine Passoption musste er seine Mannschaft immer wieder nach vorne dirigieren, was die partout nicht wollte. Gegner zustellen. Es steht 1:1. Wir wollen den Ball nicht. 'Dirk-Schuster-Fußball' durch und durch. Am Ende standen neun Schüssen des FCK, 19 der Fortuna gegenüber. Immerhin haben die Lautrer dieses Mal mit 37% Ballbesitz ganze sieben mehr als gegen Karlsruhe.
Quo vadis FCK?
Dass die Roten Teufel in dieser Saison nicht mehr in akute Abstiegsgefahr geraten werden, sollte allen klar sein. Demut schön und gut, aber wer immer auf die gleiche Art gewinnt, hat eben nicht nur Glück. Thomas Hengen wird in der Winterpause nicht den Aufstieg als Ziel setzen, doch wenn diese Mannschaft über die nächste Saison zusammengehalten werden kann, ist unter 'Dirk - Ergebnisfußball - Schuster' und 'Thomas - Masterclass - Hengen' wirklich alles möglich. Nun ist zu hoffen, dass die XXL-Winterpause gut genutzt wird und nicht das sorgfältig aufgebaute Momentum versaut.
Apropos versauen: Wie geil ist es eigentlich, dass die Lautrer Fans alle zwei Wochen ein anderes Zweitliga-Stadion komplett vereinnahmen und sich sogar Spiele in Düsseldorf wie Heimspiele anhören? Sehr geil!
Quelle: Treffpunkt Betze