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das ganze Interview
ZitatAlles anzeigenSeit 27. September ist Jeff Strasser (43) Trainer des Fußball-Zweitliga-Letzten 1. FC Kaiserslautern. Der einstige Liebling der Fans in der Lauterer Westkurve steht für ehrliche Arbeit.
Herr Strasser – ein Sieg, zwei Unentschieden, zwei Niederlagen. Wie fällt Ihre Zwischenbilanz nach fünf Spielen als Cheftrainer des 1. FC Kaiserslautern aus? Der FCK ist Letzter.
Die Punktausbeute mit fünf Punkten in fünf Spielen ist zwar ein Aufwärtstrend gegenüber den ersten acht Spielen, wir wissen aber, dass wir punktetechnisch mehr holen müssen.
Wie bewerten Sie die Leistungen Ihrer Mannschaft in diesen fünf Meisterschaftsspielen? Im Pokal gegen den VfB Stuttgart hat die Elf ja trotz des 1:3 gut gespielt.
Die Leistungen der Mannschaft in den Spielen gegen Fürth, in St. Pauli und auch gegen Bochum waren teilweise schon so, wie wir uns die Mannschaft vorstellen. Die Schwankungen, die aber noch da sind, die wollen und die müssen wir jedoch dringend abstellen.
Sie haben, als Sie kamen und Norbert Meier ablösten, gesagt, die Mannschaft ist nicht so schlecht, wie sie in der Tabelle steht. Sehen Sie das heute auch noch so? Sie haben nach den Videoanalysen auch gesagt, die Mannschaft müsste nach den Leistungen eigentlich fünf Punkte mehr haben.
Ja, das sehe ich auch heute noch so! Es ist auch so, dass wir im Moment durch die Verletzungen nicht aus dem Vollen schöpfen können. Der Konkurrenzkampf ist momentan dadurch nicht so, wie er sein sollte.
Stichwort Verletzte: Kacper Przybylko kommt nach Vereinsangaben ja erst 2018 zurück. Wann können Sie mit Daniel Halfar, Marcel Correia und Mads Albaek rechnen, die seit Wochen fehlen? Was ist mit den im Spiel gegen Bochum verletzt ausgeschiedenen Benni Kessel und Joel Abu Hanna?
Bei Daniel müssen wir testen und abwarten, wie er auf die Belastung reagiert. Bei Albaek und Correia lässt sich im Augenblick keine seriöse verlässliche Prognose stellen, wann sie wieder kommen. Kessel und Abu Hanna sollten ab Montag wieder voll dabei sein und dann bis zum 20. November beim Spiel in Dresden auch wieder fit sein.
Herr Strasser, viele Menschen, viele Fans haben Angst um den FCK. Wie wollen Sie den FCK vor dem drohenden Abstieg retten?
Ich denke, es ist jetzt ganz wichtig, in dieser Situation nicht alles schlecht zu reden. Beim 0:0 gegen Bochum hatten wir uns zahlreiche Torgelegenheiten herausgespielt. Mit dieser Art zu spielen – kompakt stehen, aus dieser Kompaktheit heraus anzugreifen, eine gewisse Balance zu haben – wollen wir punkten. Wir haben ja auch gegen Stuttgart gezeigt, dass wir höher stehen können, den Gegner früher anlaufen und unter Druck setzen können. Im Moment geht es nur um Punkte, nicht um Attraktivität. Wir müssen aus einer sicheren Defensive heraus Torchancen kreieren und Spiele gewinnen. Wir sollten jetzt auch nicht permanent auf die Tabelle schauen. In unserer Lage konzentrieren wir uns auf unsere Stärken und bereiten uns zielgerichtet auf jedes Spiel vor, um die drei Punkte zu holen. Mit unseren tollen Fans im Rücken, die uns auch gegen Bochum wieder überragend unterstützt haben, können wir das schaffen. In der Zweiten Liga gibt es 34 Spiele, nicht nur 13. St. Pauli ist das beste Beispiel. Die hatten letztes Jahr nach der Vorrunde elf Punkte, am Ende waren es 45.
Wie nutzen Sie die Länderspielpause?
Durch die verletzten Spieler und durch die Abstellung für Nationalmannschaften haben wir mit einem reduzierten Kader trainiert, tageweise Perspektivspieler aus der U23 nach oben gezogen. Wir hatten harte Einheiten und werden in der neuen Woche verstärkt an taktischen Feinheiten mit Blick auf Dresden arbeiten. Die Jungs ziehen voll mit, bringen sich ein.
Stipe Vucur galt ja wiederholt als Verkaufskandidat, wollte im Januar weg. Er ist konstanter geworden, hat zuletzt gegen Bochum herausragend agiert, wie ein Turm im Abwehrzentrum gestanden. Sehen Sie das auch so?
Ja, Stipe hat in den letzten Spielen mit dem Defensivverbund gut funktioniert.
Sie haben viele Talente aus dem eigenen Nachwuchs im Kader. Nils Seufert ist 20, hat zuletzt gut gespielt, Nicklas Shipnoski ist 19, hat Akzente gesetzt, Torben Müsel, der erst 18 ist, kam auch zum Einsatz. Im Training sieht man auch was David Tomic in Eins-zu-Eins-Situationen bewegen kann. Wie beurteilen Sie diese Jungs?
Diese Jungs sind alle lernwillig, dynamisch. Sie saugen auf, was wir verlangen. Es ist ein Lernprozess – auch mit der Drucksituation, die sie jetzt erleben, klar zu kommen. Sie brauchen auch die Unterstützung von den erfahrenen Spielern. Die Mischung muss stimmen, die Unterstützung der Jungen durch die Erfahrenen ist enorm wichtig.
Stichwort Druck.
Die Spieler müssen in der Lage sein, ihre Qualitäten auf den Platz zu bringen. Dafür reden wir sie stark. Jeder hat die Möglichkeit, durch seine Mentalität und Einstellung Entscheidendes zu leisten. Die Fähigkeit sich anzustrengen hat jeder. Das haben die Jungs auch schon gezeigt. Das ist die Basis, um erfolgreich zu sein.
Wie können Sie den enttäuschten Fans neuen Mut machen, dass der Klassenerhalt geschafft wird? Das kann ja nur das einzige Ziel sein.
Das ist das Ziel! Dafür werden wir jeden Tag alles investieren.
Stichwort Einsatz. Wenn man Osayamen Osawe in Regensburg sah und Gervane Kastaneer nach seiner Einwechslung gegen Bochum, dann hatte man nicht den Eindruck, dass die Beiden wussten, um was es geht. Beim Ringen wären die Zwei wegen Passivität von der Matte geflogen …
Wir haben jedem einzelnen Spieler verdeutlicht, was er in der jetzigen Situation einbringen kann und was wir von ihm verlangen.
Sie haben Alexander Bugera als Co-Trainer gewonnen, Bastian Becker ist als Athletik-Coach im Team, dazu Martin Raschick als Analyst und Torwarttrainer Gerry Ehrmann, den Sie aus Ihrer Spielerzeit ja gut kennen. Funktioniert Ihr Trainerteam?
Ja, wir arbeiten sehr zielgerichtet und gut zusammen. Jeder hat seinen Aufgabenbereich. Das passt sehr gut.
Boris Notzon, der Sportdirektor Lizenzspielerbereich, hat Sie zum FCK geholt, ist von Ihnen überzeugt, wie ist Ihr Miteinander?
Wir tauschen uns sehr viel aus, kommunizieren und arbeiten gut miteinander. Er ist immer informiert, was wir tun und was wir planen.
Was tun Sie gegen die Torflaute?
Trainieren, trainieren, trainieren.
Haben Sie gedacht, haben Sie erwartet, dass die Aufgabe beim FCK so schwer wird? Mit dem 0:1 gegen den MSV Duisburg und dem 1:3 bei Jahn Regensburg wurden zwei Sechs-Punkte-Spiele verloren, ja vergeigt, in denen Sie den Anschluss zum rettenden Ufer herstellen wollten.
Wir wussten um die Schwere der Aufgabe. Durch die beiden Niederlagen hat sich die Situation verschlechtert. Wir müssen das aber abhaken und versuchen, aus diesen Partien die richtigen Schlüsse für die kommenden Spiele zu ziehen.
Was macht den Reiz aus, einen Verein wie den 1. FC Kaiserslautern als Cheftrainer zu führen, in dem man als Spieler Kult war? Ist das mehr Ehre oder Belastung?
Es ist eine Mischung aus beidem.
Ewald Lienen, jetzt Technischer Direktor beim FC St. Pauli, war ein halbes Leben Trainer. Er freut sich, dass Sie auch Trainer geworden sind. Er sagt, er hat Sie, als er Trainer in Gladbach war, als tollen Typen kennengelernt. Er glaubt, dass Sie als Trainer in Lautern wirklich was bewegen können. Was sagen Sie zu so viel Lob?
Es ist sehr schön, das zu hören. Es stimmt einen positiv. Aber als Trainer bist du für die Resultate verantwortlich. Daran muss sich jeder Trainer messen lassen.