Jahresrückblick (1/2): Alles wie immer uffm Betze

Die 'Treffpunkt Betze' Redaktion blickt auf ein besonderes FCK-Jahr 2021 zurück.

Kaum ein Jahr spielte mehr mit der Gefühlswelt der FCK-Fans als das vergangene. Hoffnungsvoll gestartet, hart auf dem Boden der Realität aufgeschlagen, Existenzangst, Klassenerhalt, Aufschwung, Euphorie. 2021 brachte alles mit, was man als Westkurvler braucht - oder eben nicht. Aber wäre es nicht auch langweilig, wenn man wie beim FC Bayern nur die Frage stellen müsste, wann man Meister wird und nicht ob? Also lassen wir die Highlights des Jahres 2021 Revue passieren und wollen dabei vor allem einer Frage nachgehen: Wer gewinnt die goldene Bockwurst 2021, um auch im nächsten Jahr seinen Senf dazugeben zu können?

Eisige Stimmung im Januar

Kaum im neuen Jahr angekommen, stellten sich altbekannte Probleme ein. Trotz der vielumjubelten Heimkehr des verlorenen Sohns Jean Zimmer und der Verpflichtung von Anas Ouahim schaffte es der Lautrer Coach Jeff Saibene nicht, das Ruder herumzureißen. Der sympathische Trainer der Roten Teufel konnte aus den ersten fünf Partien des Jahres nur drei magere Pünktchen erzielen und schaffte es folglich nicht, eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. Unter dem Strich viel zu wenig, um die Verantwortlichen des FCK von der Erreichbarkeit der gemeinsamen Ziele zu überzeugen. Eine leichte Amtszeit hatte der gute Jeff auf dem Betzenberg nicht gerade. Zuerst versuchte ihn sein ehemaliger Chef Michael Henke wegzugrätschen und dann ließ sein Team alle im Abstiegskampf so wichtigen Attribute wie Kampfgeist und Wille gänzlich vermissen. Selbst die Bild erkannte nach dem Spiel gegen Wehen Wiesbaden: Diese blutleere Leistung war eine zuviel!

Derbysieger, Derbysieger, hey hey!

Der 01. Februar war rückblickend betrachtet einer der wichtigsten Tage der jüngsten FCK-Geschichte. Mit Felix Götze und Marvin Senger wurden zwei Last-Minute-Transfers eingetütet, die sich als überlebenswichtig herausstellen sollten. Dazu konnte mit Marco Antwerpen und Frank Döpper ein neues Trainerteam verpflichtet werden, das genau das verkörperte, was rund um den Betzenberg seit Jahren so schmerzlich vermisst wurde. Seitdem stehen zwei Mentalitätsmonster an der Außenlinie, die dieses Kämpfergen nach leichten Anfangsschwierigkeiten glücklicherweise auch auf die Mannschaft übertragen konnten. Zum Einstand der beiden spielte eine wie ausgewechselt wirkende Mannschaft die Waldhöfer an die Wand und feierte einen hochverdienten Derbysieg. Während der kicker „Lautern wie verwandelt“ und ein Team, das „mit viel Mut und Leidenschaft auftrat“ sah, registrierte der SWR vor allem, dass es dem FCK in Corona-Zeiten „an Mindest-Abstand und Mindest-Anstand“ fehlen würde. Schade eigentlich, dass eine selbsternannte Spaßbremse des lokalen ARD-Senders nicht die Bedeutung dieses Sieges erkennen konnte und den 1. FC Kaiserslautern an sich „als fragwürdig und blamabel“ einstufte. Bei aller berechtigter Kritik bezüglich einzelner Verletzungen von Corona-Richtlinien war der Kollege des SWR wohl zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort.

Einmal Hölle und zurück

Dass die Gesetze der Schwerkraft auch für Marco Antwerpen gelten wurde sehr schnell klar. Jeder, der den FCK nach dem Spiel in Mannheim schon wieder auf einem Höhenflug in bessere Zeiten sah, erlebte eine recht heftige Landung. Fünf sieglose Spiele folgten dem Erfolg auf dem Waldhof. Und spätestens nach der Niederlage in Magdeburg schien der FCK am Ende zu sein. Sieben Punkte lagen die Roten Teufel nach diesem 29. Spieltag hinter dem 16. Platz, den seinerzeit der KFC Uerdingen innehatte, zurück. Aber nicht nur der Abstand zum rettenden Ufer bereitete Sorgen. Das teilweise desolate „Auswärtsgesicht“ der Roten Teufel und die verunsicherten Auftritte auf dem Betzenberg ließen bei den Anhängern die Alarmglocken schrillen. An den berühmten Turnaround glaubten nur noch die wenigsten. Frank Döpper, der als Co-Trainer seinen in Magdeburg gesperrten Chefcoach vertrat, attestierte der Mannschaft „viel zu wenig zu tun“, um im Abstiegskampf bestehen zu können. Jean Zimmer vermutete wohl bereits direkt nach Spielende, wie Marco Antwerpen die anstehende Länderspielpause zu nutzen gedachte. „Es liegen zwei lange Wochen vor uns, bevor es in der 3. Liga weitergeht“, stellte das Lautrer Urgestein fest und sollte Recht behalten. Dem Vernehmen nach folgten zwei sehr laufintensive Wochen, in denen der FCK-Trainer den Grundstein für die spätere Aufholjagd legte.


Was beim FCK in diesen Wochen aber natürlich auch nicht fehlen durfte waren die ständigen Unruhen im Umfeld. Neben ersten Überlegungen der Geschäftsführung, wie der FCK in der Regionalliga überleben könnte, sah sich der ehemalige Sportdirektor Boris Notzon dazu berufen in einem Brief auf Missstände, die er erkannt haben will, anklagend hinzuweisen. Die gerade erst gewählten Aufsichtsratsmitglieder Koblischeck und Weimer traten zurück und statt den Vertrag von Fitnesstrainer Bastian Becker einfach elegant zum Saisonende auslaufen zu lassen, wurde dieser medienwirksam von seinen Aufgaben freigestellt. Auf den ersten Blick also nichts Neues rund um den FCK.


Und wenn es rund um den Betzenberg schon nicht läuft, darf einer natürlich nicht fehlen. Mario Basler wurde bei SWR Sport eine Plattform geboten, um seinen geballten Wortschatz raushauen zu können – und er ließ sich natürlich nicht zwei Mal bitten. Der Mann, der sich selbst so gern reden hört, stellte einmal mehr unter Beweis, dass er in wenigen Minuten mehr Unsinn erzählen kann als Dieter Nuhr in einer ganzen Show, wobei Letztgenannter dies mit Absicht tut und damit sein Geld verdient. Stammtisch-Mario knallte einen Spruch nach dem anderen in sein Mikro, beleidigte dabei so ziemlich den kompletten FCK und versuchte dabei noch spontan und lustig zu wirken. Schade eigentlich, dass es der SWR zuließ, kurzfristig auf Boulevardniveau zu sinken.

Es lebt!

Nach der Ligapause konnte die Mannschaft nach der Schmach von Magdeburg nun zeigen, dass sie zu Unrecht als charakterlos und schwierig dargestellt wurde. Die Grundlagen, um in der dritten Liga doch noch die Kurve zu bekommen, wurden in den zwei vorangegangenen Wochen gelegt. An der spielerischen Veranlagung hatte ohnehin nie jemand gezweifelt. Es war also alles angerichtet für einen furiosen Endspurt. Was nun noch fehlte waren Ergebnisse. Und die ließ die Mannschaft folgen. Der FCK war tatsächlich wieder da und startete nun eine Aufholjagd wie sie keiner mehr für möglich gehalten hätte. Das Team von Marco Antwerpen zeigte plötzlich ein völlig anderes Gesicht. Es kratzte, kämpfte und biss. Und so erzwangen sich die Roten Teufel auch wieder etwas Spielglück, dass in dieser Phase der Saison hin und wieder nötig war, um im Flow zu bleiben. Im gesamten April blieb die Mannschaft in sechs Spielen ungeschlagen und hamsterte in dieser Zeit zwölf Punkte. Nach dem 3:2-Heimsieg gegen Unterhaching verließen die Roten Teufel am 34. Spieltag erstmals seit langem wieder die Abstiegsplätze und ein tiefes Durchatmen durchzog die Pfalz.


Eine besondere Genugtuung stellte dabei der Derbysieg am 32. Spieltag dar. Vor dem Heimspiel gegen den 1. FC Saarbrücken hielt es der ein oder andere Saarländer für angebracht, am Trainingsplatz 4 des Fritz-Walter-Stadions einen Sarg und mehrere Holzaufsteller mit dem Slogan "17.04.2021 - Tod und Hass dem FCK" zu hinterlassen. Dazu wurde noch ein Plakat angebracht auf dem "Schutt & Asche - Fritz Walter schämt sich für eure große Klappe - Anti KL“ zu lesen war. Bravo, das habt ihr ganz toll hinbekommen, liebe FCSler. Nur solltet ihr bei künftigen Aktionen versuchen, keine Schreibfehler auf den Plakaten zu haben. So ein offenbar nachträglich eingefügtes „W“ bei „Fritz Walter“ sieht nicht gerade nach organisierter Kriminalität aus.

Tanz in den Mai

Dem goldenen April folgte ein beruhigender Mai. In den verbleibenden vier Spielen ließ die Mannschaft fünf weitere Punkte folgen und sicherte sich bereits einen Spieltag vor Saisonende den letztlich verdienten Klassenerhalt. So fand eine Saison, die eher zum Vergessen geeignet war, doch noch ein versöhnliches Ende. Der Jubel rund um den Betzenberg und innerhalb der Mannschaft erinnerte zwar fast an erfolgreiche Zeiten, war aber letztlich nur der Erleichterung die sich breit machte geschuldet. Denn unter'm Strich blieb von den großspurigen Zielen die zu Beginn der Saison ausgerufen wurden nichts mehr, was man sich hätte noch schönreden können. Wobei man ehrlich bleiben muss: Die Schönredner haben den Betzenberg in dieser Saison bzw. unmittelbar danach auch verlassen (müssen). Sie wurden ausgetauscht gegen Fachkompetenz, Teamgeist und Einsatzwille. Genau die Attribute, die man beim FCK sehen will und mit denen man in der dritten Liga bestehen kann.


Eine gewisse Konstanz hegten offenbar die Unparteiischen gegenüber dem FCK. Auch in der schlechtesten Spielzeit der Vereinsgeschichte mussten die Lautrer die meisten Fehlentscheidungen gegen sich hinnehmen. Insgesamt 16 Mal legten die Schiedsrichter das Spielgeschehen fälschlicherweise zu Ungunsten der Lautrer aus. Das miserable Abschneiden in der Abschlusstabelle mit dieser Statistik zu begründen, ginge allerdings deutlich zu weit. Genauso häufig wie die Roten Teufel wurde nämlich auch der FC Ingolstadt benachteiligt – und die stiegen schließlich in die zweite Liga auf.

Einmal ausmisten bitte

Die blauen Augen der abgelaufenen Saison begannen gerade erst zu verheilen, als schon die Vorbereitungen auf die neue Spielzeit aufgenommen wurden. Zehn Spieler verließen den FCK. Die einen weil sie wollten, die anderen weil sie mussten. Acht Spieler hingegen stießen neu zu den Roten Teufeln. Und dazu schaffte Thomas Hengen das für unmöglich Gehaltene möglich zu machen. Jean Zimmer und Daniel Hanslik konnten fest verpflichtet werden und die Leihverträge von Götze und Senger wurden zudem um eine weitere Spielzeit verlängert. Zum gefühlt zehnten Mal in den letzten zehn Jahren war zu Rundenbeginn also eine völlig andere Mannschaft als bei der Saisoneröffnung im Vorjahr zu erwarten. Aber dieses Mal fühlte es sich anders an. Das Duo Antwerpen/Hengen hatte sich im Endspurt der Spielzeit 2020/21 einen Kredit erarbeitet und ließ im Umfeld des FCK erste Zuversicht im Hinblick auf die folgende Saison aufkommen. Die automatische Vertragsverlängerung vom Lautrer Übungsleiter ließ zudem die Hoffnung auf einkehrende Kontinuität aufkommen. Der Mann, der den Turnaround geschafft hat, passte offenbar wie die Faust auf's Auge zum FCK.


Ebenfalls voller Zuversicht startete der FCK in den Verkauf seiner Dauerkarten. Die Corona-Situation ließ erstmals seit langem wieder auf gut gefüllte Stadien hoffen und auch die Politik ließ durchblicken, dass mit entsprechenden Lockerungen gerechnet werden durfte. Das Faustpfand der Roten Teufel, nämlich seine unerschütterlichen Fans, durfte endlich wieder seine Kutten und Schals richten. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann der Berg wieder rufen würde.


Der zweite Teil unseres Jahres-Rückblicks mit den Monaten Juli bis Dezember erscheint am morgigen Dienstag.


Quelle: Treffpunkt Betze


Quelle: Treffpunkt Betze


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Antworten 1

  • Diskussionsthema zum Artikel: Jahresrückblick (2/2): Endlich rollt der Zug


    Jahresrückblick (2/2): Endlich rollt der Zug

    Vorbei mit Pleiten, Pech und Pannen, vorbei mit miesepetriger Stimmung. Seit Saisonbeginn ist vieles anders beim FCK. Teil II unseres Jahresrückblicks.


    Im gestrigen ersten Teil unseres Jahresrückblicks stand neben der Rückschau auf die Monate Januar bis Juni 2021 auch die Erkenntnis im Fokus, dass sich manche Dinge auf dem Betze nie ändern werden. Pleiten, Pech und Pannen eben. "Nichts erreicht, nur verhindert", lautete die schmerzhafte Erkenntnis, die als Überschrift der vergangenen Saison über dem 1. FC Kaiserlautern ragte. All das sollte sich mit Beginn der vierten Drittligaspielzeit endlich ändern. Hier folgen die Highlights der Monate Juli bis Dezember. So viel sei gesagt: Es war mal wieder einiges los beim pfälzischen Traditionsclub.

    Auf ein Neues

    In seiner nun vierten Drittligaspielzeit durfte der 1. FC Kaiserslautern zum vierten Mal mit einem Heimspiel in die neue Saison starten. Mit dem Zweitligaabsteiger aus Braunschweig kam auch gleich ein ganz dickes Brett auf die Mannschaft von Marco Antwerpen zu. Über 10.000 Zuschauer hechelten auf den Betzenberg, um sich vor Ort ein Bild der neu zusammengestellten FCK-Mannschaft zu machen. Enttäuscht wurden sie dabei zumindest nicht. Eine aufopferungsvoll kämpfendes Team und ein Unentschieden der besseren Art nährten die Hoffnung auf einen erfolgreichen Saisonverlauf. Aber der FCK wäre nicht der FCK, wenn aus dem Vorjahr ausreichend Lehren gezogen worden wären. Das Gegenteil war einmal mehr der Fall. Die obligatorische Kaffeefahrt ins Emsland nach Meppen ließ schon wieder die ersten Skeptiker auf den Plan treten. Und die Folgewochen sollten diese in ihren düsteren Vorhersagen zudem noch bestärken.


    Schon nach zwei Spieltagen stellte die Bild erleichtert fest, dass der FCK wieder im Tabellenkeller steckt und dass es „so nichts mit dem Angriff auf die 2. Liga wird“. Dass Antwerpen nach diesem Spiel ebenfalls deutliche Worte für seine Mannschaft fand, ließ bei den Herren im Springer-Konzern die Herzen endgültig höher schlagen. Endlich würde man wieder hetzen, aufwiegeln und Öl ins Feuer gießen können. Was für ein gelungener Start in die neue Spielzeit!

    Die Höllenfahrt der Teufel

    Zum Verdruss der FCK-Anhänger sollte nun tatsächlich eine Talfahrt einsetzen, die scheinbar nicht zu stoppen war. Plötzlich standen wieder Themen im Mittelpunkt, die man eigentlich hinter sich zu haben schien. Fehlende Einstellung, mangelnder Wille, miserabler Teamgeist – kurzum, sämtliche Charaktereigenschaften, die ein ambitioniertes Team mitbringen sollte, wurden den Roten Teufeln in dieser Phase der Saison abgesprochen. Dazu wurde den Kaderplanern vorgeworfen, den Abgang von Marvin Pourié nicht adäquat ersetzt zu haben, was sich an der bis dahin erfolgten Torausbeute ablesen ließ. Und auch die Tatsache, dass die Lautrer nach Abschluss des dritten Spieltags die zweitschlechteste Defensive der Liga auf dem Platz hatten, verhieß nichts Gutes. Alles in allem waren die Roten Teufel schon früh in der Saison wieder dort angelangt, wo sie im Vorjahr viel zu lange festhingen: am Tabellenende!


    Nicht nur die fast schon dramatische Personalsituation bereitete zu dieser Zeit große Sorgen rund um den Betzenberg. Auch dass die Fans der Mannschaft nach und nach den Rücken kehrten, besorgte die Gemüter. Selbstredend, dass die Frustrationsgrenze der Anhänger allmählich erreicht war. Selbst die blitzsaubere Heimbilanz unter Marco Antwerpen, der bis dahin noch nach keinem Heimspiel mit leeren Händen dastand, konnte das teilweise desaströse Auftreten in der Fremde nicht beschönigen. Die Folge war ein bis dahin noch nie da gewesener Fan-Schwund. Nachdem der Klassiker gegen 1860 München nur noch 8.900 Zuschauer anlockte, war im Heimspiel gegen Zwickau der Tiefpunkt erreicht. Gerade einmal 7.150 Besucher sorgten für einen Minusrekord. Noch nie pilgerten weniger Menschen zu einem Pflichtspiel des FCK ins Fritz-Walter-Stadion. Wie gut, dass die Zwickauer zu Gast waren, die im Laufe der Vorrunde eine weitere „Minus-Bestmarke“ aufstellen sollten und sich so langsam an das Desinteresse gewöhnen konnten. Beim Spiel der Westsachsen bei Türkgücü München lockten sie gerade einmal 388 Zuschauer aus der warmen Stube ins Olympiastadion. Ob das nun dem glanzvollen Namen der Gastmannschaft oder der Münchner Traditionself geschuldet war, blieb ungeklärt.

    Hurra, hurra, die Waldhöfer war'n da

    Und wenn du denkst, es geht nichts mehr, gibt der Spielplan ein Derby her! Und zwar eines, das Einzug in die Geschichte haben sollte. Die Barackler aus Mannheim gaben sich zum Südwest-Gipfel die Ehre am Lautrer Betzenberg. Insgesamt vier Mal zückte Schiedsrichter Florian Heft, der selbiges in diesem Spiel viel zu oft aus der Hand gab und dazu vollkommen überfordert schien, die rote Karte. Jochen Kientz, damals noch mit Mitspracherecht beim Waldhof, durfte nach seinem fast oscarreifen Auftritt auf Mannheimer Seite die restliche Partie von der Tribüne aus verfolgen. Gleiches Schicksal traf die Lautrer Spieler Redondo und Senger sowie Teammanager Dick. Neun gegen elf, David gegen Goliath oder die Wiedergeburt des FCK – es bleibt jedem selbst überlassen, den passenden Superlativ für dieses Derby zu wählen.


    Eine aufopferungsvoll kämpfende (Rest-)Mannschaft rettete gegen den Aufstiegsaspiranten, gespickt mit Drittligastars wie „Ich-trete-auf-alles-was-sich-bewegt-Höger“ oder „Trainer-ich-treffe-das Tor-nicht-Schnatterer“, ein Unentschieden. Sowohl Team als auch Umfeld sind sich heute noch sicher, dass dieses Remis bei Weitem mehr wert war als diesen einen Punkt, der gutgeschrieben werden konnte. Dieses Derby sendete ein Signal an alle Beteiligten und zeigte auf, was möglich ist, wenn einer für den anderen da ist. Dann kann es ein Team wie das des FCK mit jedem drittklassigem Gegner aufnehmen. Und die Mannschaft blieb den Beweis auch nicht schuldig. Sie fegte fortan durch die Liga wie bisher noch nie. Egal ob Aufsteiger oder Mitfavorit – die Roten Teufel punkteten gnadenlos effizient und schienen plötzlich unbezwingbar zu sein. Im gesamten September kassierte die Hintermannschaft um Matheo Raab genau ein Gegentor - und stellte plötzlich die beste Defensve der Liga.


    Nicht nur die Mannschaft hatte sich hinterfragt, auch das Trainerteam stellte seine bisherigen Entscheidungen für sich zur Diskussion. Das Ergebnis war die Rückkehr zum Erfolgssystem aus dem Endspurt des Vorjahres. Die Dreier- bzw. im Bedarfsfall Fünferkette stabilisierte das fragile Defensivgebilde schlagartig. Und nun war der Weg geebnet, um den Anschluss ans Mittelfeld und im weiteren Verlauf der Vorrunde gar an die Spitzengruppe herzustellen.

    Högschde Disziplin, (fast) maximaler Erfolg

    Die Top-Elf von Marco Antwerpen hatte sich also gefunden und funktionierte im Kollektiv wie ein Uhrwerk. Wer sollte diesen FCK überhaupt noch stoppen können? Die Antwort war gar nicht so fern. Um genau zu sein lagen zwischen dem FCK und der bitteren Wahrheit genau 84 Kilometer. Die muss man zurücklegen, um von Kaiserlautern nach Mechtersheim zu gelangen. Der Lautrer Höhenflug wurde im Verbandspokal bei den Vorderpfälzern Anfang Oktober jäh gestoppt. Nur einen Tag nach Antwerpens 50. Geburtstag hielt sein Team offenbar nur wenig davon, den Coach zu beschenken. Die auf sechs Positionen veränderte Startelf brachte dafür eine andere Erkenntnis: Der zweite Anzug beim FCK passt noch nicht, das Leistungsgefälle ist zu groß. Mittlerweile weiß man verschiedene Äußerungen des Lautrer Trainers aber zu deuten. Unmittelbar nach dem Pokal-Aus attestierte er gerade den Spielern aus der zweiten Reihe zu wenig Bemühungen, um sich aufzudrängen. Die anstehende Länderspielpause kam ein weiteres Mal in diesem Jahr also äußerst gelegen. Die Blamage von Mechtersheim galt es aufzuarbeiten und der Trend im Ligaspielbetrieb sollte aufrecht erhalten bleiben. Und genau das gelang. Das Uhrwerk, das kurz ins Stocken geriet, lief wieder wie geschmiert. Selbst eine überraschende Punktspielniederlage wie die gegen Würzburg konnte die Roten Teufel nicht aus der Bahn werfen. Warum auch? Wichtig war, wie Ergebnisse zu Stande kommen. Und im Hinblick auf die so oft zitierten Betze-Tugenden konnte man den Roten Teufeln zu dieser Zeit absolut keinen Vorwurf machen.

    November Rain

    Auf fast schon furchterregende Art spielen die Roten Teufel ihre immer wiederkehrenden Derbys in der dritten Liga herunter. Noch kein einziges wurde verloren. Weder im Ur-Derby gegen den Waldhof noch im kleinen Derby gegen Saarbrücken gingen die Lautrer bisher als Verlierer vom Platz. Und diese Serie hielt auch im November bei dem Auswärtsspiel beim FCS. Für die blau-schwarzen Provinzkicker aus dem Saarland ist der Besuch des FCK regelmäßig das Spiel des Jahres. Das wollte auch Klaus Bouillon unterstreichen. Der CDU-Politiker und zuständige Minister für Inneres und Sport warnte vor „zwei Sonderzügen voller Chaoten“, die da aus Kaiserslautern ins Saarland pendeln sollten. Es stellte sich jedoch heraus, dass die besagten Chaoten gar nicht in den Zügen saßen. Sie standen am Bahnhof, später am Stadion und trugen die Farben des FCS. Die Fans aus Kaiserslautern wollten einfach nur ihre Mannschaft unterstützen und Stimmung machen. Und die war bombig. Spätestens nach Redondos 2:0 war klar, dass der größte sportliche Erfolg des FCS der letzten Jahre die Pokalsaison 2019/20 bleiben sollte.


    Wie auch der Rest der Republik wurde der FCK im November ebenfalls von der Corona-Welle erfasst. Gleichzeitig grassierte ein Grippevirus im Kader der Roten Teufel, wodurch Marco Antwerpen und sein Team vor große Herausforderungen gestellt wurden. Buchstäblich mit dem letzten Aufgebot musste das Heimspiel gegen Wehen-Wiesbaden angegangen werden. Unter anderem saß mit Hikmet Ciftci ein Spieler auf der Bank, der erst wenige Tage vor der Begegnung nach einer fast dreimonatigen Verletzungspause erstmals wieder am Mannschaftstraining teilnehmen konnte. Und dennoch strotzten die Roten Teufel voller Selbstbewusstsein und wollten natürlich auch aus diesem Spiel drei Punkte mitnehmen. Und es funktionierte. Nach großem Kampf und viel Leidenschaft. Der FCK im Spätherbst 2021 trägt dieses Siegergen mittlerweile in sich. Wer oder was ist schon „Mia san mia“? „De Deiwel soll Dich hole!“ heißt die neue Marschrichtung.

    Oh Du Fröhliche

    Denkbar schlecht begann die Vorweihnachtszeit am Betzenberg. Am dritten Dezember verstarb mit Horst Eckel der letzte noch lebende Weltmeister von 1954. Das tags darauf stattfindende Heimspiel gegen Viktoria Köln bot tausenden Fans die Möglichkeit, sich von der FCK-Legende zu verabschieden. Bestes Fritz-Walter-Wetter zeugte davon, dass die „54er“ wieder vereint waren und gab diesem Spiel einen ganz besonderen Rahmen. Dass die Lautrer mit einem deutlichen Heimsieg nun endgültig den Anschluss an die Spitzengruppe herstellen konnten, war für den Moment jedoch nur eine Randnotiz.


    Weniger als Randnotiz wurde der Rücktritt von Markus Merk wahrgenommen. Es glich einem Paukenschlag, als der ehemalige Weltschiedsrichter nur drei Tage vor dem Weihnachtsfest seinen Rückzug vom FCK bekannt gab. Er sei 2019 angetreten, um mitzuhelfen, den FCK sowohl sportlich als auch finanziell zu sanieren und zu stabilisieren. Diese Ziele sähe er nun als erreicht an und wolle sich fortan wieder anderen Themen außerhalb des Vereins widmen, so die Rücktrittsbegründung von Merk. Gemutmaßt wird jedoch auch, dass er sich als Beirat zu sehr in sportliche und operative Themen eingemischt habe, was ihm letztlich auch vorgeworfen wurde. Die Wahrheit liegt vermutlich einmal mehr irgendwo zwischen all den Mutmaßungen. Fakt ist jedoch, dass der FCK in der Merk'schen Amtszeit einen neuen Weg eingeschlagen hat und wieder vor einer Zukunft steht. Allein dafür gebührt ihm und seinen Mitstreitern die Anerkennung aller, die es gut meinen mit den Roten Teufeln.


    Zum Vorrundenabschluss vertrat Frank Döpper beim Gastspiel bei Türkgücü München seinen hin und wieder etwas hitzköpfigen Chef. Auf sein Fazit zur Vorrunde des FCK angesprochen entgegenete der Co-Trainer: „Wir hatten einen schwierigen Saisonstart, aber auch da nur ein Spiel, das richtig schlecht war, nämlich das in Berlin. Aber auch wenn es in der Öffentlichkeit vielleicht anders angekommen ist: Alle Entscheidungsträger im Verein haben in dieser Zeit die Ruhe behalten. Wir hatten komplette Rückendeckung und für uns war es nur eine Frage der Zeit, bis die Arbeit mit der im Sommer punktuell verbesserten Mannschaft Früchte trägt. Nach dem Spiel gegen Mannheim ging dann die Reise los. Es hat eben etwas länger gedauert, als wir alle gedacht haben. Aber wir wussten, dass die Mannschaft Qualität hat. Und jetzt fährt der Zug!". Besser lassen sich die letzten Wochen und Monate eigentlich nicht zusammenfassen. Vorsicht an Gleis 2022, der Teufels-Express ist im Anflug!


    Quelle: Treffpunkt Betze

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