Diskussionsthema zum Artikel: Jahresrückblick (1/2): Alles wie immer uffm Betze
Jahresrückblick (1/2): Alles wie immer uffm Betze
58 Punkte holte der FCK im Jahr 2021. Klingt erstmal nicht schlecht. Aber auch darüber hinaus musste man sich anschnallen, um alle Turbulenzen zu überstehen.
Kaum ein Jahr spielte mehr mit der Gefühlswelt der FCK-Fans als das vergangene. Hoffnungsvoll gestartet, hart auf dem Boden der Realität aufgeschlagen, Existenzangst, Klassenerhalt, Aufschwung, Euphorie. 2021 brachte alles mit, was man als Westkurvler braucht - oder eben nicht. Aber wäre es nicht auch langweilig, wenn man wie beim FC Bayern nur die Frage stellen müsste, wann man Meister wird und nicht ob? Also lassen wir die Highlights des Jahres 2021 Revue passieren und wollen dabei vor allem einer Frage nachgehen: Wer gewinnt die goldene Bockwurst 2021, um auch im nächsten Jahr seinen Senf dazugeben zu können?
Eisige Stimmung im Januar
Kaum im neuen Jahr angekommen, stellten sich altbekannte Probleme ein. Trotz der vielumjubelten Heimkehr des verlorenen Sohns Jean Zimmer und der Verpflichtung von Anas Ouahim schaffte es der Lautrer Coach Jeff Saibene nicht, das Ruder herumzureißen. Der sympathische Trainer der Roten Teufel konnte aus den ersten fünf Partien des Jahres nur drei magere Pünktchen erzielen und schaffte es folglich nicht, eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. Unter dem Strich viel zu wenig, um die Verantwortlichen des FCK von der Erreichbarkeit der gemeinsamen Ziele zu überzeugen. Eine leichte Amtszeit hatte der gute Jeff auf dem Betzenberg nicht gerade. Zuerst versuchte ihn sein ehemaliger Chef Michael Henke wegzugrätschen und dann ließ sein Team alle im Abstiegskampf so wichtigen Attribute wie Kampfgeist und Wille gänzlich vermissen. Selbst die Bild erkannte nach dem Spiel gegen Wehen Wiesbaden: Diese blutleere Leistung war eine zuviel!
Derbysieger, Derbysieger, hey hey!
Der 01. Februar war rückblickend betrachtet einer der wichtigsten Tage der jüngsten FCK-Geschichte. Mit Felix Götze und Marvin Senger wurden zwei Last-Minute-Transfers eingetütet, die sich als überlebenswichtig herausstellen sollten. Dazu konnte mit Marco Antwerpen und Frank Döpper ein neues Trainerteam verpflichtet werden, das genau das verkörperte, was rund um den Betzenberg seit Jahren so schmerzlich vermisst wurde. Seitdem stehen zwei Mentalitätsmonster an der Außenlinie, die dieses Kämpfergen nach leichten Anfangsschwierigkeiten glücklicherweise auch auf die Mannschaft übertragen konnten. Zum Einstand der beiden spielte eine wie ausgewechselt wirkende Mannschaft die Waldhöfer an die Wand und feierte einen hochverdienten Derbysieg. Während der kicker „Lautern wie verwandelt“ und ein Team, das „mit viel Mut und Leidenschaft auftrat“ sah, registrierte der SWR vor allem, dass es dem FCK in Corona-Zeiten „an Mindest-Abstand und Mindest-Anstand“ fehlen würde. Schade eigentlich, dass eine selbsternannte Spaßbremse des lokalen ARD-Senders nicht die Bedeutung dieses Sieges erkennen konnte und den 1. FC Kaiserslautern an sich „als fragwürdig und blamabel“ einstufte. Bei aller berechtigter Kritik bezüglich einzelner Verletzungen von Corona-Richtlinien war der Kollege des SWR wohl zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort.
Einmal Hölle und zurück
Dass die Gesetze der Schwerkraft auch für Marco Antwerpen gelten wurde sehr schnell klar. Jeder, der den FCK nach dem Spiel in Mannheim schon wieder auf einem Höhenflug in bessere Zeiten sah, erlebte eine recht heftige Landung. Fünf sieglose Spiele folgten dem Erfolg auf dem Waldhof. Und spätestens nach der Niederlage in Magdeburg schien der FCK am Ende zu sein. Sieben Punkte lagen die Roten Teufel nach diesem 29. Spieltag hinter dem 16. Platz, den seinerzeit der KFC Uerdingen innehatte, zurück. Aber nicht nur der Abstand zum rettenden Ufer bereitete Sorgen. Das teilweise desolate „Auswärtsgesicht“ der Roten Teufel und die verunsicherten Auftritte auf dem Betzenberg ließen bei den Anhängern die Alarmglocken schrillen. An den berühmten Turnaround glaubten nur noch die wenigsten. Frank Döpper, der als Co-Trainer seinen in Magdeburg gesperrten Chefcoach vertrat, attestierte der Mannschaft „viel zu wenig zu tun“, um im Abstiegskampf bestehen zu können. Jean Zimmer vermutete wohl bereits direkt nach Spielende, wie Marco Antwerpen die anstehende Länderspielpause zu nutzen gedachte. „Es liegen zwei lange Wochen vor uns, bevor es in der 3. Liga weitergeht“, stellte das Lautrer Urgestein fest und sollte Recht behalten. Dem Vernehmen nach folgten zwei sehr laufintensive Wochen, in denen der FCK-Trainer den Grundstein für die spätere Aufholjagd legte.
Was beim FCK in diesen Wochen aber natürlich auch nicht fehlen durfte waren die ständigen Unruhen im Umfeld. Neben ersten Überlegungen der Geschäftsführung, wie der FCK in der Regionalliga überleben könnte, sah sich der ehemalige Sportdirektor Boris Notzon dazu berufen in einem Brief auf Missstände, die er erkannt haben will, anklagend hinzuweisen. Die gerade erst gewählten Aufsichtsratsmitglieder Koblischeck und Weimer traten zurück und statt den Vertrag von Fitnesstrainer Bastian Becker einfach elegant zum Saisonende auslaufen zu lassen, wurde dieser medienwirksam von seinen Aufgaben freigestellt. Auf den ersten Blick also nichts Neues rund um den FCK.
Und wenn es rund um den Betzenberg schon nicht läuft, darf einer natürlich nicht fehlen. Mario Basler wurde bei SWR Sport eine Plattform geboten, um seinen geballten Wortschatz raushauen zu können – und er ließ sich natürlich nicht zwei Mal bitten. Der Mann, der sich selbst so gern reden hört, stellte einmal mehr unter Beweis, dass er in wenigen Minuten mehr Unsinn erzählen kann als Dieter Nuhr in einer ganzen Show, wobei Letztgenannter dies mit Absicht tut und damit sein Geld verdient. Stammtisch-Mario knallte einen Spruch nach dem anderen in sein Mikro, beleidigte dabei so ziemlich den kompletten FCK und versuchte dabei noch spontan und lustig zu wirken. Schade eigentlich, dass es der SWR zuließ, kurzfristig auf Boulevardniveau zu sinken.
Es lebt!
Nach der Ligapause konnte die Mannschaft nach der Schmach von Magdeburg nun zeigen, dass sie zu Unrecht als charakterlos und schwierig dargestellt wurde. Die Grundlagen, um in der dritten Liga doch noch die Kurve zu bekommen, wurden in den zwei vorangegangenen Wochen gelegt. An der spielerischen Veranlagung hatte ohnehin nie jemand gezweifelt. Es war also alles angerichtet für einen furiosen Endspurt. Was nun noch fehlte waren Ergebnisse. Und die ließ die Mannschaft folgen. Der FCK war tatsächlich wieder da und startete nun eine Aufholjagd wie sie keiner mehr für möglich gehalten hätte. Das Team von Marco Antwerpen zeigte plötzlich ein völlig anderes Gesicht. Es kratzte, kämpfte und biss. Und so erzwangen sich die Roten Teufel auch wieder etwas Spielglück, dass in dieser Phase der Saison hin und wieder nötig war, um im Flow zu bleiben. Im gesamten April blieb die Mannschaft in sechs Spielen ungeschlagen und hamsterte in dieser Zeit zwölf Punkte. Nach dem 3:2-Heimsieg gegen Unterhaching verließen die Roten Teufel am 34. Spieltag erstmals seit langem wieder die Abstiegsplätze und ein tiefes Durchatmen durchzog die Pfalz.
Eine besondere Genugtuung stellte dabei der Derbysieg am 32. Spieltag dar. Vor dem Heimspiel gegen den 1. FC Saarbrücken hielt es der ein oder andere Saarländer für angebracht, am Trainingsplatz 4 des Fritz-Walter-Stadions einen Sarg und mehrere Holzaufsteller mit dem Slogan "17.04.2021 - Tod und Hass dem FCK" zu hinterlassen. Dazu wurde noch ein Plakat angebracht auf dem "Schutt & Asche - Fritz Walter schämt sich für eure große Klappe - Anti KL“ zu lesen war. Bravo, das habt ihr ganz toll hinbekommen, liebe FCSler. Nur solltet ihr bei künftigen Aktionen versuchen, keine Schreibfehler auf den Plakaten zu haben. So ein offenbar nachträglich eingefügtes „W“ bei „Fritz Walter“ sieht nicht gerade nach organisierter Kriminalität aus.
Tanz in den Mai
Dem goldenen April folgte ein beruhigender Mai. In den verbleibenden vier Spielen ließ die Mannschaft fünf weitere Punkte folgen und sicherte sich bereits einen Spieltag vor Saisonende den letztlich verdienten Klassenerhalt. So fand eine Saison, die eher zum Vergessen geeignet war, doch noch ein versöhnliches Ende. Der Jubel rund um den Betzenberg und innerhalb der Mannschaft erinnerte zwar fast an erfolgreiche Zeiten, war aber letztlich nur der Erleichterung die sich breit machte geschuldet. Denn unter'm Strich blieb von den großspurigen Zielen die zu Beginn der Saison ausgerufen wurden nichts mehr, was man sich hätte noch schönreden können. Wobei man ehrlich bleiben muss: Die Schönredner haben den Betzenberg in dieser Saison bzw. unmittelbar danach auch verlassen (müssen). Sie wurden ausgetauscht gegen Fachkompetenz, Teamgeist und Einsatzwille. Genau die Attribute, die man beim FCK sehen will und mit denen man in der dritten Liga bestehen kann.
Eine gewisse Konstanz hegten offenbar die Unparteiischen gegenüber dem FCK. Auch in der schlechtesten Spielzeit der Vereinsgeschichte mussten die Lautrer die meisten Fehlentscheidungen gegen sich hinnehmen. Insgesamt 16 Mal legten die Schiedsrichter das Spielgeschehen fälschlicherweise zu Ungunsten der Lautrer aus. Das miserable Abschneiden in der Abschlusstabelle mit dieser Statistik zu begründen, ginge allerdings deutlich zu weit. Genauso häufig wie die Roten Teufel wurde nämlich auch der FC Ingolstadt benachteiligt – und die stiegen schließlich in die zweite Liga auf.
Einmal ausmisten bitte
Die blauen Augen der abgelaufenen Saison begannen gerade erst zu verheilen, als schon die Vorbereitungen auf die neue Spielzeit aufgenommen wurden. Zehn Spieler verließen den FCK. Die einen weil sie wollten, die anderen weil sie mussten. Acht Spieler hingegen stießen neu zu den Roten Teufeln. Und dazu schaffte Thomas Hengen das für unmöglich Gehaltene möglich zu machen. Jean Zimmer und Daniel Hanslik konnten fest verpflichtet werden und die Leihverträge von Götze und Senger wurden zudem um eine weitere Spielzeit verlängert. Zum gefühlt zehnten Mal in den letzten zehn Jahren war zu Rundenbeginn also eine völlig andere Mannschaft als bei der Saisoneröffnung im Vorjahr zu erwarten. Aber dieses Mal fühlte es sich anders an. Das Duo Antwerpen/Hengen hatte sich im Endspurt der Spielzeit 2020/21 einen Kredit erarbeitet und ließ im Umfeld des FCK erste Zuversicht im Hinblick auf die folgende Saison aufkommen. Die automatische Vertragsverlängerung vom Lautrer Übungsleiter ließ zudem die Hoffnung auf einkehrende Kontinuität aufkommen. Der Mann, der den Turnaround geschafft hat, passte offenbar wie die Faust auf's Auge zum FCK.
Ebenfalls voller Zuversicht startete der FCK in den Verkauf seiner Dauerkarten. Die Corona-Situation ließ erstmals seit langem wieder auf gut gefüllte Stadien hoffen und auch die Politik ließ durchblicken, dass mit entsprechenden Lockerungen gerechnet werden durfte. Das Faustpfand der Roten Teufel, nämlich seine unerschütterlichen Fans, durfte endlich wieder seine Kutten und Schals richten. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann der Berg wieder rufen würde.
Der zweite Teil unseres Jahres-Rückblicks mit den Monaten Juli bis Dezember erscheint am morgigen Dienstag.
Quelle: Treffpunkt Betze